Ende November, ein Wochenende, zwei Personen: Wer die Vermittlungsplattform Airbnb mit diesen Daten füttert, hat in Bremen die Wahl zwischen 148 Ferienunterkünften. Zu finden sind einzelne Zimmer, vor allem aber ganze Wohnungen. Die Ausstattung der Wohnungen und die professionelle Aufmachung vieler Inserate lassen nur noch wenig von der Gründungsidee des US-Unternehmens – der Luftmatratze im Wohnzimmer des privaten Gastgebers – erahnen.
Privater Anbieter mit sechs Wohnungen
Airbnb gibt für das jeweilige Angebot an, ob es sich um einen privaten oder gewerblichen Anbieter handelt. Für das Beispielwochenende in Bremen überwiegen die privaten Anbieter deutlich. Schaut man sich deren Profile allerdings genauer an, kommen Fragen auf, wie aussagekräftig diese Angabe ist. Ein sogenannter Superhost – ein besonders erfahrener und gut bewerteter Gastgeber –, inseriert als privater Anbieter sechs Wohnungen im Viertel. Auf den dazugehörigen Bildern gibt es keine Anzeichen, dass die Wohnungen auch von den Eigentürmern genutzt werden. Alle Wohnungen werden den Fotos zufolge mit den gleichen Handtüchern ausgestattet. Ein Blick in die Buchungskalender zeigt, dass die Unterkünfte über mehrere Monate hinweg fast durchgängig buchbar sind.
Sind das die Merkmale eines privaten Anbieters? Airbnb weist auf der Webseite darauf hin, die Einstufung der Gastgeber nicht selbst vornehmen zu können oder zu müssen. Die Anbieter sollten sich im Zweifelsfall rechtlich beraten lassen. Einige Hinweise gibt das Unternehmen allerdings. So heißt es zum Beispiel: "Du handelst in der Regel auch als Unternehmen, wenn du regelmäßig über einen längeren Zeitraum Unterkünfte auf Airbnb anbietest, um damit einen Gewinn zu erzielen."
Hoteliers sehen Ungleichbehandlung
Detlef Pauls ist überzeugt, dass es auch den privaten Anbietern häufig um Gewinnmaximierung geht. Pauls betreibt zwei Hotels in Bremen und ist Landesvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) – damit steht er in direkter Konkurrenz zu Plattformen wie Airbnb. Das zeitweise Untervermieten von einzelnen Zimmern sei bei Airbnb zur Ausnahme geworden, kritisiert Pauls. Auch er wisse von privaten Anbietern in Bremen, die fünf bis zehn Wohnungen vermieteten. Stellvertretend für die Hotelbranche bemängelt er vor allem eine "deutliche Ungleichbehandlung". Während Hotels an strenge Brandschutz-Vorschriften gebunden seien, Fluchtwege und bestimmte Versicherungen vorweisen müssten, könnten als privat deklarierte Vermieter größtenteils frei von solchen Vorschriften agieren. Hinzu käme, dass die Reinigungskräfte für solche Wohnungen nicht selten schwarz beschäftigt würden, so Pauls.
Die Beurteilung dieser Probleme fällt auch deshalb schwer, weil Airbnb sich mit konkreten Angaben zurückhält. Selbst grundsätzliche Daten lassen sich kaum in Erfahrung bringen: Wie viele Übernachtungen vermittelt die Plattform in Bremen? Eine Anfrage des WESER-KURIER ließ das Unternehmen unbeantwortet. Die Bremer Touristik-Zentrale, die damals Kontakt zu dem Konzern hatte, ging für das Jahr 2017 von 50.000 Übernachtungen aus – mittlerweile bestehe dieser Kontakt aber nicht mehr, sagt Maike Bialek, die bei der Wirtschaftsförderung Bremen für den Bereich Tourismus zuständig ist. Pauls lacht, wenn man ihn darauf anspricht: An diese Zahl sei die Touristik-Zentrale damals nur gelangt, weil man dem Unternehmen ein Werbeinteresse vorgegaukelt habe.
Steuerbetrügern auf der Spur
Auch deutsche Steuerfahnder arbeiten sich seit Jahren an Airbnb ab. Sie wollen in Erfahrung bringen, welche Anbieter in welchem Umfang über Airbnb Unterkünfte vermieten – und möglicherweise keine oder zu wenig Steuern zahlen. Das Unternehmen hatte die Herausgabe der Daten an die deutschen Finanzbehörden lange mit dem Argument verweigert, dass der steuerrechtliche Sitz der Gesellschaft innerhalb der EU in Irland liege. Vor zwei Jahren verpflichtete ein irisches Gericht Airbnb dann zur Kooperation. Die Ergebnisse sorgten vor allem in Berlin für Aufsehen: Nach Auswertung der Daten haben die Finanzämter dem "Tagesspiegel" zufolge mehr als 800 Vermieter der Steuerhinterziehung überführt und 2,2 Millionen Euro Steuerschulden eingetrieben.
Auch Bremen habe Daten erhalten, erklärt Ramona Schlee, Sprecherin von Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne). Demnach wurden 35 Airbnb-Vermieter gemeldet, von denen drei ihre Mieteinnahmen nicht steuerlich erklärt hätten. "Strafverfahren diesbezüglich laufen noch", so Schlee. Dass weitere hinzukommen, ist nicht unwahrscheinlich: Laut Schlee geht es bei den bisher vorliegenden Daten um die Jahre 2013 und 2014. Die Finanzbehörde Hamburg, die die Abfragen stellvertretend für alle Bundesländer übernimmt, habe in einem weiteren Auskunftsersuchen Daten für aktuelle Zeiträume angefragt.
Wichtig zu wissen ist, dass die Steuerpflicht nicht an den Status als gewerblicher Vermieter geknüpft ist. Grundsätzlich sei jeder, der Ferienwohnungen oder einzelne Zimmer vermiete, steuererklärungspflichtig, betont auch Schlee. Übersteigen die jährlichen Einnahmen durch eine Airbnb-Vermietung 520 Euro, müssen sie versteuert werden. Bei Verstößen drohen Geld- und Haftstrafen.