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Bremen: Ausbildung im Skills Lab Training für den OP-Einsatz

Am Klinikum Bremen-Mitte werden angehende OP-Fachkräfte in einem stillgelegten Operationstrakt ausgebildet: Laut dem Klinikverbund Geno ist dies eines von fünf sogenannten Skills Labs an deutschen Kliniken.
17.10.2021, 22:32 Uhr
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Training für den OP-Einsatz
Von Sabine Doll

Die Patientin wird im Krankenhausbett in den Vorbereitungsraum  geschoben. In etwa einer halben Stunde soll sie operiert werden. Ein Routineeingriff, der nicht lange dauern wird. „Guten Morgen, mein Name ist Vanessa Höpke, ich werde Sie jetzt auf die Operation vorbereiten. Dazu gehört, dass wir gemeinsam die Unterlagen auf Vollständigkeit durchgehen. Können Sie mir ihren Namen sagen?“

Vanessa Höpken hakt gemeinsam mit der Patientin eine Reihe von Punkten ab, die zum standardisierten Ablauf vor einer Operation gehören. Sie fragt nach Allergien, nach Medikamenten, wann die Patientin zuletzt gegessen und getrunken hat, ob es herausnehmbaren Zahnersatz oder andere Implantate gibt. Sie vergleicht, ob der Name auf dem Armbändchen mit dem in den OP-Unterlagen übereinstimmt. Sie kontrolliert die Art der Operation und ob die richtige Stelle für den Eingriff markiert ist. „Gleich werden wir Sie mithilfe eines Bretts, das wir unter ihren Körper schieben, auf den OP-Tisch verlagert“, sagt sie. Vanessa Höpke erklärt, wie die weitere Vorbereitung aussieht: Was es mit der Atemmaske auf sich hat, welche Zugänge gelegt werden, wie die Narkose eingeleitet wird.

Lutz Kaupmann ist zufrieden. „Alles richtig gemacht“, sagt der Praxisanleiter. „Die Patienten stehen im Mittelpunkt. Es geht darum, Ängste weitestgehend zu nehmen, deshalb wird jeder Schritt erklärt. Und es geht um Patientensicherheit, deshalb gibt es die standardisierten Abfragen. Jeder Handgriff muss sitzen, die Abläufe werden immer wieder geübt.“ Vanessa Höpke ist im ersten Jahr ihrer Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistentin – kurz: ATA – bei dem Bremer Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno). Neben der Theorie stehen vor allem auch praktische Einsätze auf dem Ausbildungsplan.

Reanimationspuppe mit WLAN

Seit September steht den künftigen OP-Pflegekräften dafür ein eigenes OP-Zentrum im alten Chirurgiehochhaus auf dem Gelände an der St.-Jürgen-Straße zur Verfügung. „Ein solches Skills Lab gibt es bundesweit nur an weiteren fünf Kliniken“, sagt Ausbilder Eike Wrieden. „Neu gebaut kostet es drei bis vier Millionen Euro. Hier mussten nur etwa 40.000 Euro investiert werden, weil im Grunde alles da war – von Instrumenten über den OP-Tisch bis hin zu den Monitoren.“ Mit dem Umzug in den Neubau des Klinikums ist der OP-Trakt frei geworden. Der größte Teil der Ausstattung wurde zurückgelassen – vom OP-Tisch bis zu Monitoren.

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Anfang September ist das Skills Lab offiziell in Betrieb gegangen – seitdem werden dort Anästhesietechnische - und Operationstechnische Assistenten (OTA) ausgebildet. „Der große Vorteil ist, dass wir jederzeit Zugriff auf das Skills Lab haben“, sagt Johanna Roehnert, Bereichsleiterin in der Geno-Bildungsakademie. „Vorher war es so, dass wir OP-freie Zeiten nutzen mussten. Das war wegen regulärer Operationen nicht immer planbar und zeitlich begrenzt.“

Die Übungs-Patientin steigt von der Liege. Das Einschleusen ist beendet. Im Operationssaal liegt bereits Ersatz auf dem OP-Tisch: eine Reanimationspuppe. Sie war laut den Ausbildern mit 20.000 Euro die teuerste Anschaffung. Mit der Puppe können alle möglichen akuten Ereignisse simuliert werden, Infarkt oder Herzstillstand zum Beispiel. „Die Puppe hat WLAN, per Tablet kann der jeweilige Notfall mit den dazugehörigen Werten ausgewählt werden“, erklärt Eike Wrieden. Die Hightech-Puppe gibt Rückmeldung. „Auf dem Tablet sehen wir, wie sich die Werte entwickeln, ob die eingeleitete Herzdruckmassage richtig angewandt wird oder die Beatmung korrekt erfolgt“, erklärt Lutz Kaupmann.

Im OP steht Marieke Brüning. Sie ist im ersten Ausbildungsjahr zur Operationstechnischen Assistentin. Vanessa Höpke hilft ihr in den blauen Kittel und beim Anziehen der Handschuhe. Hygiene ist das oberste Gebot. Alles muss steril sein. „Wenn man weiß, wie es tatsächlich im Operationssaal läuft, sieht man die ganzen Fehler in Krankenhausserien. Da werden noch mal mit den Handschuhen die Haare unter die Haube geschoben, das geht natürlich gar nicht“, sagt Marieke Brüning. Zu den Aufgaben der angehenden OTA gehört es, Instrumente bereitzulegen, die später angereicht werden. Pinzetten, Klemmen, Scheren und Haken. „Für jede OP-Methode gibt es Standards zur Ausstattung und Vorbereitung, auch das dient der Sicherheit. Bei größeren Eingriffen sind es teilweise zwei bis drei Tische. Chirurginnen und Chirurgen müssen sich während zu hundert Prozent auf die Fachkräfte verlassen können“, sagt Bereichsleiterin Johanna Roehnert. 

Instrumente werden gezählt

Am Ende eines Eingriffs müssen alle Instrumente und verwendeten Materialien zurück auf dem Tisch sein. Sichergestellt wird das durch eine Zählkontrolle. Marieke Brüning greift mit einer speziellen Schere nach einer chirurgischen Nadel: „Mit dem spitzen Ende wird sie in eine Nadeldose gesteckt und am Ende alle Instrumente auf Vollständigkeit geprüft“, erklärt die Auszubildende. Die Aufgaben der OP-Pflegekräfte sind klar verteilt. Einer reicht dem Chirurgen die Instrumente und nimmt sie wieder entgegen, der oder die andere ist sogenannter Springer.

Johanna Roehnert und ihre Kollegen schauen den Auszubildenden bei jedem Handgriff über die Schulter, alles wird dokumentiert und später im Team besprochen. „Hier können sie die Arbeitsschritte in einem geschützten und gesicherten Rahmen ohne Druck erlernen“, sagt Eike Wrieden. Das nehme Ängste. „Fehler können und sollen hier gemacht werden. Wie fangen mit der Simulation kleiner Operationen an, das wird dann nach und nach gesteigert.“

"Ich will Menschen helfen"

Das Ausbilderteam kommt aus der Praxis, jahrelang haben sie selbst im OP-Saal gestanden, Patienten begleitet, im Team mit Chirurginnen und Chirurgen. „Ich kann mich sehr gut an meine Ausbildung erinnern“, sagt Lutz Kaupmann, der 25 Jahre im OP im Einsatz war und vor einigen Monaten in die Ausbildung gewechselt ist. „Wir wurden damals ins kalte Wasser geschmissen, mit allen Ängsten und Unsicherheiten“, sagt er.

Zara Janina Schloeßer hat eine klare Vorstellung von ihrem künftigen Beruf als Anästhesietechnische Assistentin: „Ich will am wachen Patienten arbeiten“, sagt sie. „Ich kommuniziere gerne, bin empathisch – ich will Menschen helfen“, sagt sie. Vanessa Höpke interessieren vor allem auch die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten, wenn sie ihre Ausbildung abgeschlossen hat: „Zum Beispiel auch in der Notaufnahme“, sagt sie. „Man kann sehr viele Fort- und Weiterbildungen machen – und weiter aufsteigen. Schichtdienst, Stress und Druck schrecken mich nicht ab – ich brauche das. Und vor allem macht es mir Spaß, Menschen zu helfen.“

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