Wer in Bremens sozial belasteten Stadtteilen wie zum Beispiel Gröpelingen baut, soll bald von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt werden. Die Förderung kann je nach Wert des Objekts einen fünfstelligen Betrag erreichen. Senat und Bürgerschaft wollen mit dem Programm der sozialen Spaltung der Stadt entgegenwirken und die Abwanderung ins niedersächsische Umland vermindern.
Rot-Grün nimmt die Perspektive junger Familien ein: Wer nicht gerade geerbt hat, dem fällt es gerade zu Beginn des Erwerbslebens schwer, bei einer Hausfinanzierung den notwendigen Eigenkapitalanteil aufzubringen. Veränderte Kreditvergaberichtlinien der Banken, höhere Grundstückspreise und stark gestiegene Baukosten bei gleichzeitig stagnierender Reallohnentwicklung machen es trotz des aktuell niedrigen Zinsniveaus für jüngere Paare schwer, den Traum von den eigenen vier Wänden realisieren zu können. So wird die Ausgangssituation in dem von der Bürgerschaft beschlossenen Antrag von SPD und Grünen beschrieben.
Kaufpreis darf 330.000 Euro nicht überschreiten
Bremen will der Zielgruppe nun finanziell unter die Arme greifen. Familien mit minderjährigen Kindern sollen Grunderwerbssteuer, Notar- und Grundbuchkosten sowie gegebenenfalls Baugenehmigungsgebühren erstattet bekommen, wenn sie in weniger begehrten Gegenden wie Gröpelingen oder Blumenthal erstmals ein neu errichtetes Haus oder eine Wohnung erwerben und selbst nutzen. Bei der Immobilie kann es sich auch um einen umgenutzten Gewerbebau handeln. Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Höhe des Kaufpreises 330.000 Euro nicht überschreitet.
Bevor die Verwaltung entsprechende Anträge entgegennehmen kann, muss der Grundsatzbeschluss der Bürgerschaft von der Baubehörde noch konkret ausgeformt werden. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, welche Stadt- und Ortsteile als „sozial belastet“ und damit als Fördergebiet gelten sollen. Der Sprecher von Bausenator Joachim Lohse (Grüne), Jens Tittmann, stellt allerdings klar: „Wir begrüßen das Programm grundsätzlich und machen uns jetzt an die Umsetzung.“
Bei SPD und Grünen geht man davon aus, dass im ersten Jahr etwa 140 Anträge von bauwilligen Familien positiv beschieden werden könnten. Bei einem durchschnittlichen Fördervolumen von 15.000 Euro pro Fall kämen so Kosten von insgesamt gut zwei Millionen Euro auf die Stadt zu. „Selbst wenn die Förderung deutlich häufiger in Anspruch genommen wird, besteht kein relevantes Risiko für den Haushalt, da bei wirtschaftlicher Betrachtung im Wesentlichen nur ein Ausfall der Grunderwerbssteuer zu beklagen wäre“, heißt es in dem Beschluss der Bürgerschaft.
15.000 Euro von der Stadt? "Schon ein Schluck aus der Pulle"
In den Stadtteilen, auf deren bessere soziale Durchmischung das Programm zielt, sehen die lokalen Akteure das Förderinstrument positiv. „In Gröpelingen geht noch was für Leute, die hier bauen wollen“, sagt die Leiterin des Ortsamtes West, Ulrike Pala. Ihr Sprengel deckt die gesamte Bandbreite des Bremer Immobilienmarktes ab. Während in Findorff die Preise durch die Decke gehen und auch in Walle viele Häuser nur noch „unter der Hand“ verkauft werden, sieht es im sozial schwachen Gröpelingen anders aus. Dort sind auch die Grundstückspreise für Neubauvorhaben noch erschwinglich. „Natürlich werden jetzt deshalb die Leute nicht scharenweise von Schwachhausen nach Gröpelingen ziehen“, ahnt Ulrike Pala, „aber es ist ein Anfang. In Gröpelingen sind wir es gewohnt, kleine Brötchen zu backen.“ Auch Palas Blumenthaler Kollege Peter Nowack ist von der positiven Wirkung dieses Förderprogramms überzeugt. Für ihn geht es in erster Linie darum, die nachwachsende Generation im Stadtteil zu halten und die Abwanderung in das niedersächsische Umland einzudämmen. Er hat Baugebiete wie das Gelände der früheren Armaturenfabrik Dewers im Ortsteil Rönnebeck im Auge, wo ein Investor gerade knapp 50 Reihenhäuser errichtet. „Wenn die jeweils ungefähr 220.000 Euro kosten und man als Käufer vielleicht 15.000 Euro an Nebenkosten von der Stadt erstattet bekommt, dann ist das schon ein Schluck aus der Pulle“, findet Peter Nowack.
Der Hamburger Wirtschaftsprofessor Wolfgang Maennig hat sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit ausführlich mit Immobilienökonomie und Stadtentwicklung beschäftigt. Ein Patentrezept für eine bessere soziale Durchmischung urbaner Räume gibt es aus seiner Sicht nicht. „Was Bremen jetzt versuchen will, halte ich aber für eine gute Idee“, lobt Maennig.