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Zahlencheck Pkw-Maut kostet den Staat schon vor dem Start Millionen

CTS Eventim und Kapsch TrafficCom sollen die Gesellschaft aufbauen, die die Pkw-Maut in Deutschland erheben soll. Davor gab es aber ein Gutachten. Bei dem soll der Bundesrechnungshof nun die Zahlen überprüfen.
26.04.2019, 18:15 Uhr
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Von Fabian Löhe und Florian Schwiegershausen

Schon vor ihrer Einführung schlägt die umstrittene Pkw-Maut mit mindestens 128 Millionen Euro zu Buche. Seit 2013 hat die Bundesregierung bereits rund 42 Millionen Euro ausgegeben, davon etwa 32,2 Millionen allein für Berater und Gutachter. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Im Bundeshaushalt 2019 sind zur Vorbereitung der Pkw-Maut weitere 86 Millionen eingeplant, so dass die Kosten sich auf mindestens 128 Millionen Euro belaufen werden.

Umstritten ist zudem die Vergabe der Maut-Erhebung und Kontrolle an ein Konsortium aus dem Bremer Konzertticket-Verkäufer CTS Eventim und dem österreichischen Mautsystem-Betreiber Kapsch TrafficCom. Der Vertrag läuft über mindestens zwölf Jahre ab dem Start der Maut. Für diesen Zeitraum hat der Auftrag ein Volumen von knapp zwei Milliarden Euro.

Besondere Kritik an Höhe des Ertrags

Der Bundesrechnungshof prüft derzeit die Wirtschaftlichkeit der Vergabe, wie die Bundesregierung in der Antwort zugibt. Die Bundesregierung glaubt aber weiter, dass alles korrekt gelaufen sei. „Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wurden in Zusammenarbeit mit den technisch-wirtschaftlichen Beratern des Bundes im Projekt Infrastrukturabgabe erstellt“, heißt es. „Es ist derzeit nicht geplant, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu veröffentlichen.“

Damit geraten noch vor dem für Oktober 2020 geplanten Start der Pkw-Maut erneut Fragen von Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beim Umgang mit Steuergeld in den Fokus: Ende vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass das Haus von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) 2017 und 2018 rund 26 Millionen Euro an Beraterhonoraren ohne interne Wirtschaftsprüfung vergeben hatte. Der Koalitionspartner SPD ging auf Distanz, Kritik kam von den Grünen, die FDP forderte eine Prüfung durch den Rechnungshof.

Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte sich CSU-Parteichef Horst Seehofer vehement für eine Pkw-Maut für ausländische Autofahrer eingesetzt. Die Abgabe soll auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden. Neben der Jahresvignette werden auch Zehntages- und Zweimonatsvignetten angeboten. Inländische Autofahrer sollen durch eine geringere Kfz-Steuer für Mautzahlungen komplett entlastet werden. Kritisiert wird besonders, dass für den enormen bürokratischen Aufwand zur Kompensation an inländische Autofahrer über die KfZ-Steuer der Ertrag von geschätzt 500 Millionen Euro im Jahr sehr gering sei.

Geschäftsführung bereits gefunden

„Minister Scheuer verbrennt immer mehr Steuergelder für die Pkw-Maut und die SPD schaut tatenlos zu. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit scheinen für Scheuer Fremdworte zu sein. Dass der Bund Milliarden für den Mautbetrieb an Private vergeben hat, obwohl der Europäische Gerichtshof in der Sache noch nicht entschieden hat, ist nicht akzeptabel“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Stephan Kühn, Tagesspiegel Background Mobilität & Transport. „Daher begrüßen wir es sehr, dass sich der Bundesrechnungshof nun eingeschaltet hat und die Vergabe der milliardenschweren Maut-Verträge an Eventim und Kapsch und die zahlreichen Beraterverträge überprüft.“

Der Zuschlag für die Mauterhebung ging im vergangenen Dezember an CTS Eventim, das seinen Ursprung in Bremen hat. Das Unternehmen soll die Maut erheben, während die Österreicher für die Maut-Kontrollen zuständig sein sollen. Die Maut soll auf Deutschlands Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden. Laut Bundesverkehrsministerium soll die Betreibergesellschaft auch eine Internetseite und eine App für das Smartphone entwickeln. Dort sollen sich dann Halter von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen einbuchen können. Zusätzlich sollen Zahlstellen aufgebaut werden, an denen die Fahrer die Maut manuell buchen können.

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Für die Betreibergesellschaft haben CTS Eventim und Kapsch TrafficCom auch inzwischen eine Geschäftsführung gefunden. Michael Blum und Volker Schneble sollen das Unternehmen aufbauen und verfügen nach Firmenangaben über lange Erfahrungen aus Projekten zur Maut und der Telematik. Blum war zuvor sieben Jahre für Toll Collect tätig. Dabei handelt es sich um das Unternehmen, das die Lkw-Maut in Deutschland erhebt. Nachdem der Vertrag dazu im vergangenen August ausgelaufen war, hatte der Bund die Gesellschaft übernommen und soll auch nicht weiter verkauft werden. Schneble wiederum war zuvor selbst bei Kapsch TrafficCom tätig.

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