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Bildungssenatorin im Interview "Wir dürfen nicht Schulen gegen Kitas ausspielen"

Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) will Schulen und Kitas entlasten – und steht vor einem Problem: dem Fachkräftemangel bei Lehrern und Erzieherinnen. Im Interview schildert die Senatorin, was das bedeutet.
18.11.2021, 18:00 Uhr
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Von Sara Sundermann

Die Koalitionsfraktionen haben zuletzt einen Nachschlag für den Haushalt angekündigt und für Kinder und Bildung einige Millionen draufgelegt. Die sollen unter anderem in Doppelbesetzungen an Grundschulen und Spielkreise für Kleinkinder fließen. Wie beurteilen Sie die Pläne?

Sascha Aulepp: Erst mal ist es großartig, dass die Fraktionen gesagt haben, dass ein Löwenanteil der Mittel an Kinder und Bildung gehen soll. Ich finde besonders die Pläne wichtig, mit denen wir schnell etwas tun können, zum Beispiel die niedrigschwelligen Betreuungsangebote für Kinder. Natürlich wollen wir, dass jedes Kind einen hochwertigen Kita-Platz bekommt, möglichst für den ganzen Tag. Das schaffen wir nur leider nicht so schnell. Das heißt, es sind immer Kinder unversorgt. Und gerade in den Stadtteilen, die nicht auf Rosen gebettet sind, gibt es viele Kinder, die nicht einmal für einen Platz angemeldet sind. Für sie ist es wichtig, dass sie mit anderen Kindern zusammen kommen, dass sie anfangen, auf Deutsch zu kommunizieren und Gruppenstruktur erleben, zum Beispiel in einem Spielkreis. Damit sie nicht in der Grundschule ankommen und das alles noch gar nicht kennen. Das ist kein Ersatz für einen Kita-Platz, aber trotzdem wichtig.

Lange angekündigt ist, dass in Grundschulen zwei Kräfte in einer Klasse stehen sollen. Jetzt soll der Einstieg in diese Doppelbesetzungen kommen. Aber bei Lehrern und Erzieherinnen herrscht Fachkräftemangel. Wie schwer wird es, Stellen für Zweitkräfte zu besetzen?

Die Grundschulen brauchen Entlastung. Aber wir haben jetzt schon Probleme, die bestehenden Stellen zu besetzen. Wir können bei Zweitkräften nicht nur auf Lehrerinnen und Lehrer setzen, weil wir nicht genügend Lehrkräfte haben. Und wir können auch nicht nur auf Erzieherinnen setzen, weil wir auch in Kitas und Ganztagsschulen Erzieherinnen brauchen.

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Es konkurrieren also Kitas und Schulen um die Erzieherinnen. Macht Ihnen das Sorgen?

Es darf nicht passieren, dass wir ein Loch stopfen, indem wir an anderer Stelle eins aufreißen. Wir dürfen nicht die Schulen gegen die Kitas ausspielen. Deshalb müssen wir den Blick weiten und auch über andere Berufsgruppen nachdenken, die in Schulen für Entlastung sorgen können. Wir versuchen, die Doppelbesetzungen anzugehen. Aber das setzt voraus, dass wir auch über andere Berufe reden. Ob das Ergotherapeuten und Logopädinnen sind oder andere Berufe, werden wir noch diskutieren. Klar ist: Kräfte, die an Schulen arbeiten, brauchen eine gute Qualifikation. Wir müssen also Personen aus anderen Berufen weiterbilden.

Was wollen Sie noch tun, um Personal für die Schulen und Kitas zu gewinnen?

Ich habe mit Grundschulleitungen gesprochen und sie gefragt, was ihnen helfen würde. Mehr Lehrkräfte, was viele sich wünschen, können wir kurzfristig nicht finden. Die Frage ist, wie wir temporär für Entlastung sorgen. Dafür wollen wir Schulen ein Budget zur Verfügung stellen, nach Anzahl der Schülerinnen und Schüler und nach sozialer Lage gestaffelt. Mit diesem Geld können Schulen zum Beispiel die Zusammenarbeit mit externen Partnern ausweiten. Eine Schule kann die Mittel dafür nutzen, dass ein Sportverein mehrmals im Jahr mit Zweitklässlern eine Projektwoche macht. Kooperationen mit Kultureinrichtungen können ausgebaut werden. Oder mehr Ausflüge werden möglich. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass es flexible Mittel gibt, die Schulen unbürokratisch zum Wohl der Kinder ausgeben können.

Das Gespräch führte Sara Sundermann.

Zur Person

Sascha Aulepp (51)

ist seit Juli Senatorin für Kinder und Bildung in Bremen. Zuvor war sie seit 2016 Landesvorsitzende der Bremer SPD und als Bürgerschaftsabgeordnete für Justiz-Themen zuständig. Aulepp ist ausgebildete Juristin und arbeitete unter anderem als Jugendrichterin im Amtsgericht. Sie übernahm das Amt der Senatorin von Claudia Bogedan, die ihren Rücktritt im April angekündigt hatte.

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