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Kolumne 0421 Nörgeln auf höchstem Amtsniveau: Bremen kann mehr als Stadtmusikanten

In der Kolumne „0421“ schreibt Oliver Matiszick über große und kleine Themen, die manchmal erst auf den zweiten Blick miteinander, immer aber mit Bremen zu tun haben. Heute: Bundesrat, Bovenschulte, WM 2026.
06.09.2025, 05:00 Uhr
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Nörgeln auf höchstem Amtsniveau: Bremen kann mehr als Stadtmusikanten
Von Oliver Matiszick

Wenn mir in dieser Woche etwas bewusst geworden ist, dann dies: Gute Vorbereitung ist alles. Im Bremer Rathaus zum Beispiel arbeiten sie schon hart daran, dass unser Bürgermeister am 1. November turnusgemäß für ein Jahr die Präsidentschaft des Bundesrates übernehmen wird. Und das ist mal ein schöner Haufen Verantwortung. Schließlich gehört zum Aufgabenfeld beim Vorsitz der Länderkammer auch die Vertreterfunktion des Bundespräsidenten, der protokollarischen Nummer eins im Land.

Solcherlei Aushilfsdienste sind zwar selten nötig, kommen aber vor. Wir älteren Bremer Menschen erinnern uns: Als Bundespräsident Horst Köhler 2010 so amtsmüde wie unerwartet zurücktrat, musste Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen – dem Rest der Republik bis dahin aus vielerlei Gründen eher unbekannt – damals als Bundesratspräsident in die Bresche springen und auch noch im Schloss Bellevue die Stellung halten. In diesem ganzen Verantwortungshaufen sah er sich plötzlich auch noch vor die Entscheidung gestellt, ob er vor Ort von der Ehrentribüne aus das Treiben der DFB-Elf bei der Fußball-WM in Südafrika staatstragend beklatschen wollte.

Auf solche Eventualitäten sollte sich Andreas Bovenschulte daher lieber auch schon mal einrichten. Weil während seiner Bundesratspräsidentschaft – der Zufall ist ein lustiger Kerl – im Sommer 2026 auch wieder WM ist. Und die bietet etliche Pflichttermine, vom Eröffnungsspiel am 11. Juni in Mexiko-Stadt bis hin zum Finale am 19. Juli in East Rutherford nahe New York. Zwar ist von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier keine akute Unlust an Amt und Würden überliefert – aber im Fall der WM in Mexiko, Kanada und den USA droht schließlich ein hochnotpeinliches Treffen mit Donald Trump. Da weiß man ja nie, ob Steinmeier am Ende nicht doch lieber leichten Herzens seinem Vertreter Bovenschulte die Bordkarte für Sitzplatz 1A in der Regierungsmaschine in die Hand drückt. Wir beobachten es gespannt.

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Was in aller Absehbarkeit dagegen schon mal für die Bremer Bundesratspräsidentschaft ab Herbst 2025 auf den Weg gebracht worden ist: das dazugehörige Logo. Dabei soll es sich um eine stilisierte Stadtmusikanten-Silhouette handeln, die einen fließenden Übergang ins Schwarz-Rot-Goldene beinhaltet. Klar, das kann man so machen. Aber als berufsmäßiger Nörgler gebe ich zu bedenken: Richtig originell ist die Nummer nicht mehr, oder? Schließlich haben die Gebrüder Grimm ihre Geschichte von den Bremer Stadtmusikanten schon 1819 erstmals veröffentlicht. Und seither sollte bis ins Jahr 2025 hinein im 0421-Land doch noch ein wenig mehr passiert sein, womit sich alternativ Staat machen ließe. Nicht von ungefähr ließ sich Bremens künftiger Bundesratspräsident damit zitieren, dass er im hohen Amt „unseren Zwei-Städte-Staat als traditionellen wie exzellenten Hafen-, Handels- und Wissenschaftsstandort“ positionieren will. Da kann ich nur sagen: Nur zu! Und das gerne ohne Märchen.

Tagebucheintrag: Sollten Sie nach der historischen Quali-Niederlage der DFB-Elf diese Woche Zweifel haben, ob überhaupt ein deutsches Staatsoberhaupt oder sein Vertreter zur WM 2026 auf Reisen gehen muss: Egal! Denn gute Vorbereitung ist ja alles.

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