Das Bootsbaumaterial fühlt sich an wie die Leinenbespannung eines Terrassenstuhls. Tatsächlich hat der Bremer Bootsbaumeister Friedrich Deimann mit seinen Kollegen von „Green Boats“ aus einem Gewebe aus Flachsfasern, Ökoharz und Kork ein siebeneinhalb Meter langes Tourensegelboot gebaut: Die „Bente24Green“ ist damit die erste Serienjacht der Welt, die aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt wird. Auf der Messe „Boatfit“ am letzten Februarwochenende wird die Baunummer eins ein Hingucker sein.
Die Pressekonferenz zur „Boatfit“ auf dem Theaterschiff kapern die „Bente“-Aktivisten geradezu: Stefan Boden und Hündin Polly kommen mit Alexander Vrolijk im Schlepptau mit etwas Verspätung gerade aus Hamburg. Der Internet-Blogger, Kameramann und Buchautor (Einhundsegeln) Boden, in der Seglerszene besser bekannt als „Digger Hamburg“, hat vor gut 16 Monaten mit Konstrukteur Vrolijk die Idee für einen bezahlbaren, schnellen Kleinkreuzer ausgebrütet und in Rekordzeit umgesetzt. Alexander Vrolijk war am Mittwoch noch auf der Bauwerft in Stettin: „Der Anblick der Werfthalle ist schon Irrsinn: Da stehen momentan neun Bentes nebeneinander. Im August haben wir jetzt das zweite Bauslot für eine Bio-Bente.“
2000 Arbeitsstunden stecken in Bio-Boot
Friedrich Deimann notiert sich seinen Arbeitseinsatz. Er und sein Team von „Green Boats“ sind schon für den Bau der ersten „Bente24Green“ nach Stettin gefahren. Drei Wochen dauerte es, das Boot dort in der Form im Vakuumverfahren zu laminieren. Deimann: „Wir können mit unseren Materialien im Prinzip schon genauso bauen wie im herkömmlichen Jachtbau. Aber um die sehr hohe Festigkeit der Strukturen hin zu bekommen, müssen wir etwas mehr Zeit aufwenden.“
Schon bis jetzt stecken 2000 Arbeitsstunden im Bau des Prototypen. Die letzten 200 Stunden bis zur kompletten Fertigstellung arbeiten Deimann und sein Team in der Werkstatt des Bootshauses Ramke an der Kleinen Wümme direkt hinter der Bremer Universität. Hier soll erst einmal die Endfertigung der grünen Boote stattfinden. Wobei die Jungunternehmer angesichts ihres Erfolges und gut gefüllter Orderbücher laut Alexander Vrolijk schon über eine Bau- und Ausrüstungshalle in Bremen oder Bremerhaven nachdenken.
Vrolijk hat die Baunummer 1 der „Bente24Green“ für 62 000 Euro am vorletzten Tag der Düsseldorfer Bootsmesse verkauft. Damit kostet das Boot mit dem Korkkern mehr als doppelt soviel wie eine „normale“ segelfertige Bente: „Ein Ärzteehepaar hat zugeschlagen. Die beiden halten auch sonst sehr viel von Nachhaltigkeit und meinten nur: Genau so ein Boot haben wir gesucht.“ Dass sie für die Bio-Bente aus ihrem Vertrag für eine normale Bente ausgestiegen sind, darf man auch Alexander Vrolijks Überzeugung für den Bioansatz zuschreiben: „Mein Professor im Jachtbaustudium im britischen Southampton war die Koryphäe, was die Forschung mit Naturfasern für den Bootsbau anging. Alle eingesetzten Materialien sind heute zertifiziert, getestet und entsprechen höchsten Anforderungen.“
Ganze Flotte soll gebaut werden
Friedrich Deimann hat Stefan Boden, Alexander Vrolijk und die restliche Bente-Crew erst über die Internetblogs beobachtet. Auf der „Hanseboot“-Messe in Hamburg kam es zum Kontakt. Seitdem nennt Vrolijk den Bremer mit seinem Unternehmen „Green Boats“ den „Forschungsarm“ des Start-Ups Bente GmbH. Deimann hat einmal bei Fricke und Dannhus in Lembruch am Dümmer gelernt, die mit dem Slogan „Holzbootsbau in Perfektion“ werben.
Danach arbeitete Deimann ein paar Jahre auf der Bootswerft Meyer an der Lesum, die die gleiche Perfektion für sich im Kunststoffbootsbau reklamiert. Aber schon sein Meisterstück war dann ein Kajak aus Naturfasern und Epoxidharz, das aus Leinöl gewonnen wurde: „Ich wollte auch für meine Arbeit selbst wegkommen von den hochgiftigen Stoffen, mit denen man heute im Bootsbau zwangsläufig in Berührung kommt.“ So enthalte die Lackfarbe der Bio-Bente so gut wie keine Lösungsmittel mehr: „Die Farbe wurde für Airbus-Flugzeuge entwickelt und hält größten Temperaturschwankungen, Eis und Hagel stand.“ Ständig sucht Deimann nach Möglichkeiten, in die nächste Bente noch mehr natürliche Materialien einzubauen: „Auf der Boatfit sind wir jetzt auf der Suche nach Tauwerksproduzenten, die uns ein natürliches Produkt anbieten können.“
Inzwischen reagiert die Branche: Große Kunststoffhersteller sind aufmerksam geworden und wollen in der zukunftsträchtigen Nische mitmischen. Bente-Geschäftsführer Alexander Vrolijk überlegt schon, eine ganze Flotte von kleinen sechs Meter langen Miet-Bentes von Deimann als Bioboote bauen zu lassen. Das wird die Bente-Clique vom 26. bis 28. Februar in aller Ruhe in der Bremer Messehalle 6 diskutieren.
Fast 200 Aussteller bei der Bremer „Boatfit“
Die Messe „Boatfit“ findet von Freitag bis Sonntag, 26. bis 28. Februar, täglich von 10 bis 18 Uhr in den Bremer Messehallen sechs und sieben statt. Für die elfte „Boatfit“ haben sich knapp 200 Aussteller aus sechs Ländern angemeldet. Auf und neben sechs Bühnen gibt es 140 Vorträge, Workshops und Seminare. Die Themen reichen vom richtigen Segeltrimm über Holzbearbeitung und Reiseberichte bis zur Psychologen-Befragung, was ein Skipper heutzutage noch zu sagen hat. Die „Bente24Green“ wird im Bereich Kleinkreuzer der Halle 6 gezeigt. Daneben geht es um alle Formen der Saisonvorbereitung von Schiff und Mensch. Das Online-Ticket kostet acht Euro, die Tageskarte neun Euro. Ab 15 Uhr wird ein Feierabendticket für sechs Euro angeboten. Kinder bis zwölf zahlen in Begleitung eines Erwachsenen nichts.