Das Zwischenfazit von Atli Hatami fällt positiv aus. „Hier ist deutlich mehr Leben, mehr Laufkundschaft“, sagt der Inhaber von „BTQE Omen“ in der Knochenhauerstraße. Wie sein Vorbesitzer Conradt Stindt, der dort 40 Jahre sein Geschäft „William“ führte, bietet Hatami Mode an. Überwiegend für Herren. „BTQE Omen“ ist eines von mehreren inhabergeführten Geschäften, die in den vergangenen Wochen in der Innenstadt aufgemacht haben.
Hatami vertrieb zuvor seine Mode in einem temporären Pop-up-Store am Wall – für drei Monate. Währenddessen suchte er nach einem neuen Standort und wurde in der Knochenhauerstraße fündig. Für Hatami musste es die Innenstadt sein. „Der Weserpark oder das Roland-Center wären für mich nicht infrage gekommen“, sagt der 37-Jährige. „Ich habe in meinem Laden ein etwas höheres Preisniveau.“ Hatami zückt sein Smartphone aus der Hosentasche und zeigt ein Bild von sich mit Werders ehemaligen Trainer Alexander Nouri. Nicht nur Nouri sei Kunde bei ihm, auch aktuelle Werder-Profis und weitere Bundesliga-Fußballer. „Gerade diese Straße zieht Kunden an, die bereit sind, etwas mehr Geld auszugeben“, sagt Hatami und verweist auf die Nachbargeschäfte. Er setzt auf die Laufkundschaft. „Die hat mir am Wall einfach gefehlt. Hier in der Knochenhauerstraße hatte ich vorletzten Sonnabend keinen Kunden, den ich kannte.“ Noch mache die Laufkundschaft 30 Prozent seines Umsatzes aus. Tendenz steigend.
Laufkundschaft wie in der Knochenhauerstraße, so glaubt Hatami, hätte er im Citylab, einem Zwischennutzungsprojekt im Lloydhof, bei Weitem nicht gehabt. Dort hatte er sich auch eine leer stehende Immobilie angeschaut. „Ich beobachte die Situation im Citylab schon etwas länger. Dort habe ich schon viele Inhaber mit ihren Läden rein- und rausgehen sehen.“
Passende Immobilie fehlte
Die fehlende Laufkundschaft ist auch ein Grund, warum Vanessa Just ihr Geschäft „Nur Manufaktur“ nach mehr als eineinhalb Jahren im Citylab aufgibt. Sie zieht im Dezember um und wird sich mit zwei weiteren Unternehmen ein Geschäft an der Bischofsnadel teilen. Die 28-Jährige verkauft handgefertige Produkte, vom Senf bis hin zum Möbelstück. „Das Citylab ist in den Laufwegen der Bremer nicht verankert“, sagt Just. „Ich hatte wenigstens das Glück, dass meine Kunden gezielt zu mir gekommen sind.“ Mehr Durchlauf habe sie in der Katharinenpassage. Dort sind ihre Produkte seit Anfang November in einem Pop-up-Store erhältlich. Die Verkaufsfläche teilt sich Just mit dem Bremer Onlinehändler Reishunger und Grafikdesignerin Tini Emde, die dort ihr Label „emtisomethings“ präsentiert. Noch bis Ende Dezember ist der Laden geöffnet.
Nicht weit davon entfernt, nahe der Haltestelle Schüsselkorb, betreibt Sabrina Beckmann ihr Kindermodengeschäft „Stadt Land Kids“. Anfang Oktober eröffnete die 37-Jährige ihren Laden. „Wir wollten uns vergrößern und auch mehr Kunden erreichen“, sagt sie. Aus 60 Quadratmetern Fläche wurden rund 90. Zuvor hatte Beckmann ihren Laden in Bruchhausen-Vilsen. Seit Anfang des Jahres lebt sie in Bremen. „Ich hatte mich hier schon länger nach einem geeigneten Geschäft umgesehen.“ Die Lage und die große Schaufensterfront vor ihrem Laden am Schüsselkorb haben sie schließlich überzeugt.
Seit Oktober ist auch Heike Freudenthal eine stolze Ladenbesitzerin in Bremen. Ihre „Zebro“-Strickkollektionen werden seit Jahren bundesweit in zahlreichen Kaufhäusern verkauft. Den Traum, einen eigenen Laden in der Hansestadt zu besitzen, hatte die 55-Jährige schon länger, sagt sie. Die passende Immobilie aber fehlte. Vor ein paar Jahren schaute sie sich in der Marterburg im Schnoor einen Laden an. Doch der war ihr zu abgelegen. Eine Immobilie am Stavendamm sagte ihr aber zu. Mit drei Mitarbeitern bietet Freudenthal dort Strickkombis, aber auch Wohn-Accessoires an.
Innenstadt im Aufwind
Jan-Peter Halves von der City-Initiative Bremen freut sich über die Entwicklung in der Innenstadt. Im laufenden Jahr habe es rund 35 Neueröffnungen gegeben. „Es herrscht viel Bewegung“, sagt der Geschäftsführer und weist auf die Filialeröffnung des Modelabels „Cos“ in der Sögestraße hin. In der Innenstadt gebe es mehr Neueröffnungen als Leerstände. Letztere seien beispielsweise zwischen Bischofsnadel und Stadtbibliothek zu beobachten. „Da sind aber einige Sachen in der Umstrukturierung“, sagt er. Die Mieten in den Toplagen seien für Bremer Verhältnisse extrem hoch. "Im absoluten Kern finden sich die etablierten Konzepte wieder. Die frischen eher im Schnoor.“
Auch Vanessa Just von „Nur Manufaktur“ sieht die Innenstadt im Aufwind: „Ich habe das Gefühl, es ist viel im Machen.“ Dennoch: Gerade ältere inhabergeführte Läden hätten es schwieriger, sich im Wettbewerb zu behaupten. „Wenn man schon länger am Markt ist, desto härter ist es, sich neu zu erfinden.“ Das Konzept von Citylab lobt Just. Das Risiko, als Start-up-Unternehmen dort ein Geschäft aufzumachen, sei wegen der geringen Mieten überschaubar. „Als Standort ist das Citylab schwierig. Als Existenzgründer ist es genial“, sagt Just.
Für leerstehende Geschäfte in der Innenstadt hat Just einen Verbesserungsvorschlag. „Ich würde mir Schilder in den Läden wünschen, die darauf hinweisen, dass hier Pop-up-Stores möglich wären.“ Auf die Immobilie in der Katharinenpassage sei sie schließlich nur mithilfe einer Maklerin aufmerksam geworden.