Bremen droht nach Einschätzung des Stabilitätsrates von Bund und Ländern erneut eine Haushaltsnotlage. Das kleinste Bundesland muss dem Gremium deshalb bis Ende 2023 Vorschläge für ein Sanierungsprogramm unterbreiten. Diese Aufforderung birgt Konfliktpotenzial. Denn Bremen ist gerade dabei, seine Schulden durch ein milliardenschweres Klimaschutzprogramm weiter zu erhöhen.
Die Ermahnung aus Berlin kam bereits Ende vergangener Woche. Im Stabilitätsrat sind die Finanzminister von Bund und Ländern vertreten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) führt den Vorsitz. Aufgabe des Gremiums ist die Überwachung der Etats von Bund und Ländern. So sollen drohende Haushaltsnotlagen frühzeitig erkannt und abgewendet werden.
Für Bremen stellte der Stabilitätsrat in seiner Dezembersitzung am Freitag Handlungsbedarf fest. Er tat das anhand einer Art Checkliste, die bestimmte Haushaltskennziffern erfasst. Dazu gehören beispielsweise der Gesamtschuldenstand und das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben. Bei mehreren dieser Kennziffern bewegt sich das kleinste Bundesland aus Sicht des Gremiums im roten Bereich. Die aktuelle Finanzplanung berücksichtige auch noch nicht die Risiken aus stark gestiegenen Energiepreisen und hohen Inflationsraten, heißt es in dem Beschluss des Stabilitätsrates. "Mit Sorge" sehe man deshalb die politische Absicht Bremens, einen kreditfinanzierten Klimaschutzfonds im Volumen von 2,5 Milliarden Euro einzurichten. "Hierdurch würden sich die zukünftigen Werte der Haushaltsüberwachung Bremens noch weiter vom Länderdurchschnitt entfernen", mahnt das Bund-Länder-Gremium.
Im Haus des Reichs, dem Sitz der Bremer Finanzbehörde, geht man mit den Hinweisen aus Berlin relativ entspannt um. Sprecherin Ramona Schlee verweist auf die lange Frist, die Bremen für die Vorlage eines Sanierungsprogramms eingeräumt wurde. Es gebe Grund zur Annahme, dass sich im Laufe des kommenden Jahres einige finanzielle Kennzahlen günstig entwickeln. Vor diesem Hintergrund könne sich das Sanierungsprogramm möglicherweise erübrigen. In keinem Fall aber werde Bremen von dem geplanten Klimaschutzprogramm abrücken. Schlee verweist auf den Grundsatzbeschluss des rot-grün-roten Senats, ein entsprechendes Maßnahmenpaket in den kommenden Jahren zu realisieren. Es reicht von finanzieller Unterstützung für eine umweltfreundliche Produktion bei den Stahlwerken bis zum flächendeckenden Ausbau von Fern- und Nahwärmenetzen.
Tatsächlich hat der Stabilitätsrat keinerlei Disziplinierungsinstrumente zur Verfügung, um Bremen zu Änderungen an seiner Haushaltspolitik zu zwingen. Ärger könnte es indes mit dem Bundesfinanzminister geben. Aus dessen Kasse fließen noch bis 2035 jährlich 400 Millionen Euro an Sanierungshilfen in den Landeshaushalt. Sollte Christian Lindner die geplanten Milliardenschulden für den Klimaschutz als Verstoß gegen den mit Bremen vereinbarten Sanierungskurs bewerten, könnte das die Hilfen gefährden.
Genau diese Gefahr sieht der CDU-Haushaltspolitiker Jens Eckhoff. Berlin und Bremen seien "finanzpolitisch auf Kollisionskurs". Schon die Tatsache, dass Bremen vom Stabilitätsrat als einziges Bundesrat konkret ermahnt worden sei, "muss einem Sorgen machen", findet Eckhoff. Er kündigt für Januar eine Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses der Bürgerschaft an. Darin solle Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) zu den Vorhaltungen des Stabilitätsrates Stellung beziehen. Auch FDP-Haushälter Thore Schäck nimmt den Berliner Beschluss zum Anlass, den Senat zu kritisieren. Die Landesregierung agiere, "als gäbe es die Haushaltsnotlage nicht". Nach dem Bremen-Fonds zur Linderung der Pandemiefolgen stehe mit dem Klimaschutzprogramm "die nächste Verschuldungswelle an", befürchtet Schäck.