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Regierungserklärung Auf Bremen-Fonds folgt Krisenfonds

Rechtfertigt die Klimakrise ein milliardenschweres Bremer Investitionsprogramm für den Strukturwandel - auf Pump? Regierung und Opposition haben darüber am Mittwoch in der Bürgerschaft engagiert gestritten.
16.11.2022, 20:01 Uhr
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Auf Bremen-Fonds folgt Krisenfonds
Von Jürgen Theiner

Drei Milliarden Euro neuer Verbindlichkeiten wird Bremen voraussichtlich bis 2027 auf seinen Schuldenberg von knapp 23 Milliarden Euro draufpacken. Das ist der Wille der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken, die außerhalb des regulären Haushalts einen kreditgespeisten Krisenfonds auflegen wollen. Er soll den Klimawandel und die Folgen der Energiepreisexplosion bekämpfen. Einen parlamentarischen Beschluss wird es darüber erst Anfang kommenden Jahres geben. Doch für Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ist klar: Ohne einen solchen Fonds kann das kleinste Bundesland nicht aus den aktuellen Krisen herauskommen. Das hat er am Mittwoch in einer Regierungserklärung in der Bürgerschaft bekräftigt.

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Aus Bovenschultes Sicht haben Bund und Länder mit diversen Entlastungspaketen schon einiges unternommen, um Härten abzufedern, die sich im Gefolge des Ukraine-Krieges ergeben haben. Es werde aber "Lücken geben, die wir schließen müssen", sagte Bovenschulte. Er denkt vor allem an Privathaushalte und Unternehmen, die finanziell in Bedrängnis geraten sind. 500 Millionen der drei Milliarden Euro des geplanten Krisenfonds seien für solche Hilfen geplant. Es gehe um einen "Schutzschirm für Verbände, Vereine und Initiativen, aber auch als Ausgleich für steigende Energiekosten und Sozialausgaben und wegbrechende Steuereinnahmen".

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Schwerpunkt des Krisenfonds sei aber, Bremens Weg zur Klimaneutralität zu beschleunigen. Bis 2027 sollen für diesen Zweck 2,5 Milliarden Euro ausgegeben werden. Beispiele: Investitionszuschüsse für eine klimafreundliche Umrüstung der Stahlwerke, die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude und die Ausweitung des öffentlichen Personennahverkehrs. "Ich bin fest davon überzeugt: "Die drei Milliarden Euro für Bremen sind ein echter Modernisierungs-Booster", sagte Bovenschulte. In der anschließenden Debatte prallten die Ansichten über das Für und Wider eines weiteren Krisenfonds hart aufeinander. Schließlich hat das kleinste Bundesland gerade erst einen mit 1,2 Milliarden Euro gefüllten Kredittopf außerhalb des regulären Haushalts aufgebraucht – den Bremen-Fonds zur Linderung der Pandemiefolgen. Die Opposition hakte unter anderem an dieser Stelle ein.

Heiko Strohmann, CDU:

Drei Milliarden neuer Kredite bedeuten überschlägig rund 150 Millionen Euro zusätzliche Belastung durch Zinsen und Tilgung, die in der Zukunft jedes Jahr fällig werden, rechnete der CDU-Fraktionschef vor und attestierte dem Bürgermeister: "Was Sie hier vorlegen ist kein Krisenpaket, sondern ein Verschuldungspaket." Beim Krisenfonds werde es ähnlich sein wie beim aktuellen Bremen-Fonds. Dieser sollte eigentlich ausschließlich zur Bekämpfung der Pandemie eingesetzt werden, musste aber auch für Ausgaben herhalten, die bestenfalls im weitesten Sinn mit Corona zu tun haben.

Mustafa Güngör, SPD:

Das sah der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten ganz anders. Um den Strukturwandel hin zur Klimaneutralität zu schaffen, brauche es einen "massiven Investitionsschub". Die historische Herausforderung durch den Klimawandel benötige Ausgaben in historischer Höhe. Güngör kündigte an, dass das geplante Ausgabenprogramm auch gestreckt werden könne, falls die Zinsbelastungen zu groß werden sollten.

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Björn Fecker, Grüne:

Die notwendigen Investitionen in die Klimaneutralität ließen sich beim besten Willen nicht aus dem normalen Landeshaushalt herausschneiden, erwiderte der Grünen-Fraktionschef in Richtung der CDU. Wenn Bremen nun viel Geld für den Klimaschutz aufwende, seien auch Rückflüsse zu erwarten, etwa in Form geringer laufender Kosten nach der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude. Zudem würden die Klima-Investitionen wie ein Konjunkturprogramm für die Wirtschaft wirken.

Nelson Janßen, Linke:

Das Zeitfenster, in dem Deutschland beim Klimaschutz noch handeln kann, schließe sich allmählich, mahnte der Fraktionsvorsitzende der Linken. Die jetzt eingeplanten 2,5 Milliarden Euro für den Klimaschutz könnten nur ein Anfang sein. Weitere Ausgaben müssten mittelfristig durch höhere Einnahmen der öffentlichen Hand finanziert werden. Angesichts einer "obszönen" Anhäufung von Privatvermögen "wird es auch um Umverteilung gehen", sagte Janßen.

Thore Schäck, FDP:

Dem Finanzpolitiker der Liberalen waren die Ankündigungen des Bürgermeisters zu wenig konkret. Neben der klimapolitischen Verantwortung gebe es auch eine haushaltspolitische Verantwortung gegenüber kommenden Generationen, die all die Ausgabenprogramme des Senats irgendwann zurückzahlen müssten. Schäck riet dazu, erst einmal zu schauen, wo man im Haushalt durch Einsparungen und Umschichtungen Mittel für Klimaschutzprojekte mobilisieren kann. Auch Gemeinschaftsprojekte mit Privatunternehmen seien eine Prüfung wert.

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