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Bremer Forschungsprojekt Wölfe mit Ultraschall vertreiben

Forschen für den wolfssicheren Weidezaun: Uni-Institut plant neue Foto-Versuche in der Wingst.
22.11.2022, 05:00 Uhr
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Wölfe mit Ultraschall vertreiben
Von Justus Randt

Ein Forschungsprojekt zur Entwicklung eines „intelligenten“ Weidezauns, der Wölfe von Nutztieren fernhält, macht Fortschritte. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Technologiezentrums Informatik und Informationstechnik (TZI) an der Universität Bremen und des Instituts für Tierzucht und Haustiergenetik an der Justus-Liebig-Universität in Gießen haben Mitte November erste Tests mit Schafen gemacht. In ein paar Monaten sind Hunde an der Reihe, ehe erste Versuche im Freiland Hinweise darauf geben sollen: Erkennt die Sicherheitstechnik einen Wolf auch unter widrigen Licht- und Witterungsverhältnissen?

„Die Technik ist da, die Genehmigung für die Nutztiertests durch die hessische Tierschutzbeauftragte lag vor, und die für die Hundeversuche erwarten wir in zwei, drei Monaten“, sagt David Wewetzer, Projektmitarbeiter am Bremer TZI. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz wollen die vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung mit 1,1 Millionen Euro geförderten Forschungsteams einen „modularen, autonomen und intelligenten Weide(schutz)zaun mit Erkennung und Vergrämung von Prädatoren“ entwickeln. Die Arbeiten haben vor anderthalb Jahren begonnen. Das Projekt läuft bis Mitte 2024.

„Wir wollen dem Wolf mit Lautstärke und Schalldruck laut und deutlich begegnen“, sagt Wewetzer. „Das Ziel ist es, ihn nicht an den Zaun heranzulassen, um ihn davon abzuhalten, das Hindernis zu analysieren.“ Anders als Fluchttiere, die in Panik Hindernisse zu überrennen versuchen, „guckt der Wolf, wo er mit dem geringsten Widerstand und ohne Verletzungsrisiko“ den Widerstand überwinden könne.  „Wenn wir ihm die Zeit vor dem Zaun so unangenehm und störend wie möglich machen, wird er nicht durchbrechen“, vermuten Wewetzer und Kollegen. Außer Ultraschall soll „Licht in unterschiedlichen Spektralbereichen“ dazu beitragen.

Auf dem Oberen Hardthof, einer Lehr- und Forschungseinrichtung des Gießener Uni-Instituts, wurde beispielsweise ausprobiert, wie sich akustische Signale zwischen der Metallwand einer Halle und dem Zaun ausbreiten – und wie sie wirken. „Die Frequenzen sind für Menschen und Nutztiere nicht hörbar, für Caniden wie den Hund und den Wolf aber sehr wohl“, sagt Wewetzer. Die jüngsten Versuche mit Ultraschall hätten die Weidetiere, in diesem Fall die Schafe, „gar nicht gestört“, obwohl die Signale „direkt auf die Tiere gerichtet“ worden seien.

Das gilt als wichtige Erkenntnis. Schließlich sollen Schafe, Ziegen und Rinder nicht beunruhigt werden von dem, was den Wolf verscheuchen sollte. Zugleich gilt es, Herdenschutz- und Arbeitshunde innerhalb des Geheges von allem abzuschirmen, was draußen gegen Eindringlinge unternommen wird. Das international ausgerichtete Projekt kann sich laut David Wewetzer beispielsweise auf Erkenntnisse von Instituten in Italien, der Schweiz und Thailand stützen.

„Die in Thailand vorhandene Künstliche Intelligenz zur Ernennung von Hunderassen ist genau das Richtige für uns“, sagt Wewetzer. Bisherige Versuche des Bremer Instituts im Wildpark Lüneburger Heide hätten „tolle Bilder gebracht, aber darauf waren alle Wölfe weiß“. Das sei ein Problem: „Das Merkmal Weiß darf nicht Wolf heißen.“ Demnächst werde ein Technikteam neue Aufnahmen machen – in der Wingst, im Landkreis Cuxhaven, wo es Wölfe gibt.

Dort, in Bülkau, Bokel und Wittstedt, wurden in den vergangenen Wochen zwei Rinder und ein Schaf von Wölfen gerissen. Das niedersächsische, von der Landesjägerschaft betriebene Wildtiermonitoring bestätigt das. Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) listet im selben Zeitraum den illegalen Abschuss eines Altwolfes in Schiffdorf auf - ebenfalls im Landkreis Cuxhaven.  Im vergangenen Beobachtungsjahr (2021/2022) registrierten die Jäger 241 Angriffe von Wölfen. 685 Nutztiere wurden dabei getötet oder mussten danach eingeschläfert werden. Im aktuellen Beobachtungsjahr sind es bislang 356 tote Tiere nach 145 Übergriffen.

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