Eine Bratwurst für 4,50 Euro, die Maß Bier für mindestens 11,80 Euro und eine Runde im "Commander" für fünf Euro – Der Bremer Freimarkt ist teurer als in den vergangenen Jahren. Viele Schausteller haben die Preise angezogen, damit sich die fünfte Jahreszeit trotz gestiegener Kosten für sie noch rechnet. Einen Preisschock, durch den das Volksfest massenhaft Besucher verlieren könnte, kann Kristina Klein aber nicht erkennen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin lehrt und forscht an der Universität Bremen mit dem Schwerpunkt Konsumverhalten. Aus ihrer Sicht spricht vieles dafür, dass die Besucher trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten nicht auf ihren Freimarktbummel verzichten.

Kristina Klein lehrt und forscht als Professorin an der Universität Bremen.
"Das Preisniveau für Essen und Trinken liegt gefühlt auf dem des Weihnachtsmarkts", meint Klein. Bei Veranstaltungen wie diesen seien es die Besucher gewohnt, etwa für eine Portion Pommes etwas mehr auszugeben als sonst. "Wenn ein Anlass stark mit einem Event-Charakter verbunden ist, sind die Konsumenten bereit, viel Geld auszugeben", erklärt Klein. Das Volksfest könne jetzt umso stärker als ein besonderes Ereignis wahrgenommen werden, weil es in den vergangenen zwei Jahren keinen vollwertigen Freimarkt gab.
Im Vergleich zu 2019 liegen die Preissteigerungen meistens bei 50 Cent oder einem Euro pro Fahrt beziehungsweise Portion. Um zu beurteilen, inwieweit dies das Konsumverhalten verändert, arbeiteten Ökonomen mit dem Begriff der Preissensibilität. Diese ist besonders hoch, wenn schon bei einem geringen Anstieg viele Kunden ihr Portemonnaie stecken ließen.
"Bei Produkten des täglichen Bedarfs, wie Milch oder Butter, wissen die meisten Menschen sehr genau, wie viel sie dafür ausgeben", erklärt Uni-Professorin Klein. Für ein Lebkuchenherz oder die Fahrt mit dem Riesenrad sei dies eher selten der Fall. Die Ökonomin beurteilt die Preissteigerungen insgesamt als moderat, gleichzeitig sieht eine niedrigere Preissensibilität als etwa in einem Supermarkt. Schausteller können also trotz Wirtschaftskrise optimistisch auf die kommenden Tage blicken.
Zudem verweist Klein darauf, dass die Beurteilung des Konsumverhaltens derzeit noch dem Blick in eine Glaskugel gleiche. "Ich will auch nicht sagen: Alles ist super", betont die Ökonomen. Es gäbe auch Menschen mit niedrigen Einkommen, die sich den Freimarkt nicht mehr leisten könnten. Eine seriöse Zahl, für wie viele dies zutreffe, gebe es allerdings nicht.
Familien, die Geld für einen Bummel übrig haben, müss
en sich in diesem Jahr entscheiden: Mehr Geld ausgeben oder weniger Spaß haben? Eine Beispielrechnung: Mit einem Budget von 50 Euro kommt eine vierköpfige Familie in diesem Jahr nicht weit. Die Familienfahrt im Riesenrad kostet 22 Euro, danach schlägt die Stärkung mit zwei Pizza-Stückchen und zwei Portionen Champignons mit weiteren 22 Euro zu Buche. Die verbleibenden sechs Euro reichen dann gerade noch für zwei Fahrchips eines Kinderkarussells.
Für Susanne Keuneke, Vorsitzende des Verbands der Schausteller und Marktkaufleute Bremen, geht es nicht ohne die Preiserhöhungen: "Wir sind ein mobiles Gewerbe, viele Fahrgeschäfte sind als Schwertransporte nach Bremen gekommen. Die hohen Spritpreise sind deshalb ein Problem". Hinzu kämen die Preisentwicklung bei diversen Grundprodukten wie Mehl, Öl oder Butter. "Und alles hängt miteinander zusammen. So haben zum Beispiel auch Lieferengpässe bei Futtermitteln zu Preisanstiegen für Schweinefleisch geführt", erläutert Keuneke.

100 Gramm gebrannte Mandeln kosten meistens vier Euro.
Glück haben die Schausteller allerdings mit den Stromkosten. Laut Keuneke hatte Thomas Wehmann, der mit seinem Betrieb die Stromversorgung für den gesamten Freimarkt organisiert, bereits vor Kriegsbeginn einen Garantiepreis mit der SWB vertraglich vereinbart. "Deshalb sind wir von den gestiegenen Stromkosten noch nicht betroffen", so Keuneke.
Rudolf Robrahn, Vorsitzender des Schaustellerverbands im Land Bremen, freut sich, dass die Gespräche von ihm und Keuneke offenbar gefruchtet haben. Beide hatten die 301 Schausteller darum gebeten, die Preise nur dann zu erhöhen, wenn es wirklich nicht anders geht. "Einige Kollegen haben darauf auch komplett verzichtet, weil sie keine Gäste verschrecken wollen", so Robrahn.
Die besten Bilder vom Freimarkt: