Der Landesverband der Gartenfreunde will sich mit moderneren Strukturen auf die Arbeit der kommenden Jahre einstellen. Die 116 Delegierten beschlossen am Sonnabend auf einer Versammlung im Bürgerzentrum Neue Vahr, eine Zukunftskommission einzusetzen. Sie soll bis zum Sommer 2022 Vorschläge zur Reform des Dachverbandes machen, der die Interessen von mehr als 100 Kleingartenvereinen (KGV) mit über 17.000 Mitgliedern bündelt.
Dass die Gartenfreunde handfeste Probleme haben, war zuletzt auf unterschiedliche Weise deutlich geworden. Im September hatte sich der Landesverband von Geschäftsführerin Katharina Rosenbaum getrennt, der dritten Verwaltungsleiterin innerhalb weniger Jahre. Einzelne Vereine plagen sich mit Problemen wie zunehmender Vermüllung und Verwahrlosung oder auch widerrechtlicher Aneignung einzelner Parzellen. Parallel geht die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement sowohl in den einzelnen Vereinen als auch im Landesverband zurück. Dessen Spitze besteht überwiegend aus älteren Herrschaften, mehrere Vorstandspositionen waren zuletzt vakant.
Es hätte also in jeder Hinsicht viel zu besprechen gegeben auf der Delegiertenkonferenz. Eine umfassende kritische Bestandsaufnahme fand allerdings nicht statt. Sie wurde auch kaum eingefordert. Vorsitzender Klaus Bode legte einen halbseitigen Geschäftsbericht für die Jahre 2020/21 vor, in dem die bestehenden strukturellen Probleme kaum angesprochen wurden – mündlich hatte er auf Nachfrage nichts zu ergänzen.
So blieb es dem Vorsitzenden des KGV Beim Kuhhirten, Axel Hausmann, überlassen, mit seinem Vorschlag einer Zukunftskommission zumindest ein vereinzeltes Zeichen des Erneuerungswillens zu setzen. Neben Ideen für eine effizientere Arbeit des Verbandes soll die – letztlich mit großer Mehrheit eingesetzte – Kommission auch "realistische Forderungen an die Stadt" entwickeln. Heißt konkret: Die Gartenfreunde wollen von der Politik als wichtiger Akteur beim Klima- und Artenschutz anerkannt werden. Beschlossen wurde zudem, eine Interimsgeschäftsführung einzusetzen. Ihre Aufgabe wird es sein, die Kommission zu unterstützen und das Team der Geschäftsstelle zu leiten, bis die Funktion im Frühjahr regulär neu besetzt wird.
Keine Änderungen wird es vorerst an der 2019 beschlossenen Gartenordnung des Landesverbandes geben. Sie regelt die Nutzung der Parzellen und das Zusammenleben der Pächter in den Anlagen. Der KGV Rose am See scheiterte mit seinem Antrag, die Bestimmungen sprachlich zu überarbeiten und so verständlicher zu machen – gerade auch für jene Laubenpieper, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Rose-am-See-Vorsitzende Viola Falkenberg sah Defizite in der geltenden Gartenordnung. So sei aus den Formulierungen beispielsweise nicht klar herauszulesen, dass das Verbrennen von Abfällen sowie Baum- und Strauchschnitt verboten ist. Absichtserklärung wie "Wir wollen gut nachbarschaftlich zusammenleben" suggerierten Freiwilligkeit, wo die Gartenordnung doch eine rechtlich verbindliche Grundlage darstelle. "Mit transparenten Regeln, die jeder versteht, bekommen wir mehr Mitglieder, die diese Regeln auch beachten", begründete Falkenberg ihren Vorstoß. Erfolg hatte sie damit nicht, auch weil ihr vorgehalten wurde, die Änderungsvorschläge nicht vorab innerhalb des Landesverbandes abgestimmt zu haben.
Ohne längere Aussprache beschloss die Delegiertenkonferenz eine Neuordnung der Versicherungen des Landesverbandes. Dadurch hofft der Verband Probleme in den Griff zu bekommen, die zuletzt immer mehr Vereine belastet hatten: Viele Pächter sind für den Fall eines Brandes auf ihrer Parzelle stark unterversichert. Auch kommt es häufiger vor, dass Pächter nach einem Parzellenbrand sozusagen abtauchen und der jeweilige Verein auf hohen Aufräumkosten sitzen bleibt. Die bestehenden Kollektivversicherungen des Landesverbandes wurden dadurch vermehrt in Anspruch genommen, die Belastungen stiegen. Die Neuordnung der Versicherungen folgt dem Grundsatz, dass die Pächter eigenverantwortlich Versicherungen für ihre Lauben und deren Inventar abschließen. Die künftige kollektive Feuerversicherung des Landesverbandes deckt nur noch die Aufräumkosten nach einem Feuerschaden mit jeweils bis zu 6000 Euro ab, nicht aber die Schäden der Pächter.
Vorstandsmitglieder der Kleingartenvereine sind in Zukunft besser vor finanziellen Forderungen geschützt, wenn durch Fehlentscheidungen oder Satzungsverstöße Vermögensschäden eingetreten sind. Bisher galt: Ein Vereinsmitglied, das im Vorstand mitwirkt, haftet mit seinem Privatvermögen, wenn bei der Amtsausübung Pflichten verletzt wurden. Beispiel: Ein Vereinsvorstand hat eine Baumaßnahme fehlerhaft kalkuliert oder durch Verletzung von Buchführungspflichten Nachforderungen des Finanzamtes ausgelöst. Die Delegiertenversammlung hat jetzt für solche und ähnliche Fälle eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung beschlossen.