Erst im Oktober hatte Walid Abu-Dib die beiden benachbarten Restaurants "Schröter’s Leib & Seele" und "Daniel’s Burger, Lobster & More" im Schnoor übernommen. Der 54-jährige Gastronom, der zuvor mehr als 20 Jahre lang das syrische Restaurant "Palmyra" in der Neustadt betrieben hatte, war damals zuversichtlich: "Ich dachte, der Schnoor ist eine sehr gute Lage und ich kann davon profitieren, was die bisherige Betreiberfamilie dort über Jahrzehnte aufgebaut hatte. Und ich hatte gehofft, dass wir als Familie das stemmen können." Was ihm den Einstieg versüßt hat: In den ersten drei Monaten musste er für die beiden Läden noch keine Pacht zahlen, wie er sagt. Doch nun, zehn Monate später, ist der Gastronom auf dem harten Boden der Realität angekommen. "Die wirtschaftlichen Gegebenheiten waren nicht vorhanden", sagt er. "Da bin ich reingefallen."
Seit dem 14. Juli sind die Restaurants geschlossen – auch das "Palmyra". "Es waren die Kosten, das Umfeld und die Wirtschaftslage", resümiert Abu-Dib sein Scheitern im Schnoor. Die "Bremer Szene", wie er sie nennt, die vorher im Schröter’s verkehrt hatte, sei "stinkig" gewesen, dass das Schröter’s raus war. Die ehemaligen Stammgäste hätten den Laden, der fortan unter dem Namen "Levante" levantinische Spezialitäten anbot, nicht angenommen. Ein weiteres Problem sei gewesen, dass die Besucher des Schnoors fixiert seien auf deutsche Dinge. "Warum soll ich im ‚Levante‘ einen Lammspieß essen, wenn ich gegenüber zu einem günstigeren Preis ein Schweineschnitzel bekomme?", fragt Abu-Dib.
Miete in zehnfacher Höhe
Anders als im "Palmyra", wo er mit einem Koch und einer Servicekraft ausgekommen sei, habe er im "Daniel’s" einen, manchmal sogar zwei Vollzeitköche plus eine Servicekraft beschäftigen müssen. Nebenan im "Levante" seien es in Hochzeiten sogar sieben Mitarbeiter gewesen. Zwar konnte er auch zwei Neffen, seine Partnerin und seinen Stiefsohn für die Mitarbeit gewinnen, die Kosten drückten dennoch. Das größte Loch habe die Pacht gerissen. "Die Miete für die Läden im Schnoor betrug das Zehnfache von der im Palmyra", wo er eine für die Neustadt ortsübliche Miete zahle. "Der Dezember ist vom Umsatz her der beste Monat, aber ich habe da schon gesehen, dass es nicht klappt." Im Januar, als zum ersten Mal die Pacht fällig wurde, habe er zugleich den Monat mit dem schlechtesten Umsatz erlebt. Und ehe er noch mehr Schulden anhäufe, habe er sich nun zur Aufgabe entschieden.
"Als das Angebot für die Lokale im Schnoor kam, war ich stolz, angefragt zu werden", sagte Abu-Dib. "Hier im Palmyra war ich unterfordert, hier bin ich eingerostet." Entsprechend habe er sich über die Möglichkeit einer neuen Herausforderung gefreut. Abu-Dib, der seit 31 Jahren in Deutschland lebt, hat in Syrien Physik und Chemie studiert und liebt die Rolle des Gastgebers. "Das liegt uns im Blut." Ein langjähriger Bekannter, mit dem er nun jedoch nichts mehr zu tun haben will, sei mit dem Angebot auf ihn zugekommen: "Ich wusste, dass er ein Fuchs ist." Alle, die ihm das Angebot präsentiert hätten, hätten es ihm schmackhaft gemacht.
Kamen ihm nie Zweifel? Immerhin hatte Schröter’s-Betreiber Daniel Schröter gegenüber dem Weser-Kurier über die schwierige Situation steigender Kosten und personeller Probleme für seinen Betrieb gesprochen. "Auf jede meiner Fragen gab es eine gute Antwort", sagt Abu-Dib, ohne preisgeben zu wollen, mit wem er genau die Übernahme verhandelt hat. Er geht davon aus, dass sein Bekannter wusste, dass sich Abu-Dib mit den beiden Restaurants übernehmen würde. Was ihn besonders ärgert: "Er wusste, dass ich kleine Kinder habe."

Das syrische Restaurant ”Palmyra” in der Langemarckstraße ist seit Mitte Juli geschlossen.
Zwei Restaurants übernommen, drei verloren
Dem Vermieter im Schnoor, eine private Hamburger Vermögensverwaltung, schuldet Abu-Dib nun eine Menge Geld. "Die Höhe muss noch geklärt werden." Mit seinem Anwalt bespricht der Gastronom aktuell, ob eine Privatinsolvenz eine Option ist. Am 14. Juli habe er sein Gewerbe abgemeldet und die Schlüssel an die Vermieter im Schnoor zurückgegeben. Da alle drei Betriebe gemeinsam als Einzelunternehmen liefen, für das der Betreiber auch privat haftet, geriet auch das "Palmyra" in den Schuldenstrudel und musste ebenfalls schließen. Dessen Vermieter habe bis heute pünktlich seine Miete bekommen, sagt Abu-Dib. Er geht davon aus, dass es dort mittelfristig unter einem neuen Betreiber weitergehen wird. Was ihm besonders fehlen wird: "Es war immer wieder schön, Stammgäste zu sehen, sie zu umarmen, zu plaudern."
Wie seine persönliche Zukunft aussieht, vermag Abu-Dib noch nicht zu sagen. Seine Partnerin erlitt im März einen Bandscheibenvorfall, der inzwischen zwar operiert, aber immer noch nicht ausgeheilt ist. Darüber hinaus nehme sie die Gesamtsituation schwer mit. Auch um seine Kinder im Alter von 7, 9 und 10 Jahren müsse er sich kümmern. "Ich muss stehen bleiben wegen meiner Frau und den Kindern. Aber ich weiß, sobald es meiner Frau besser geht, werde ich es sein, der runterfällt."