Die wirtschaftliche Stabilisierung des Klinikverbunds Gesundheit Nord (Geno) steht weiter ganz oben auf der politischen Tagesordnung. Bei einem Allparteiengespräch zur Lage des städtischen Konzerns wurde am Dienstag deutlich: Die Geno braucht zwar keine kurzfristige Finanzspritze, wohl aber haushaltsrechtliche Beschlüsse der Bürgerschaft, um einen möglichen finanziellen Engpass im Sommer 2020 abzuwenden.
Hintergrund ist die eingeschränkte finanzielle Bewegungsfreiheit Bremens ab dem 1. Januar. Voraussichtlich erst zur Jahresmitte wird die Bürgerschaft einen Haushalt für 2020/21 beschließen. Bis dahin sind dem Senat in der haushaltslosen Zeit grundsätzlich nur die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben gestattet. Ein Hilfspaket für die Geno könnte unter solchen Umständen nicht geschnürt werden. Weil sich aber abzeichnet, dass der Klinikverbund im Sommer 2020 seine Kreditlinie ausgeschöpft haben wird, muss jetzt Vorsorge getroffen werden.
Im Gespräch ist eine Entlastung der Geno von Schulden oder Pensionslasten, um ihr so im Sommer 2020 frische Liquidität verschaffen zu können, sofern sie gebraucht wird. Die entsprechenden parlamentarischen Beschlüsse wären von der Bürgerschaft noch im alten Jahr zu treffen. „Es geht also um Vorsorge. Von einem kurzfristigen Liquiditätsengpass bei der Geno kann keine Rede sein“, sagte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) dem WESER-KURIER im Anschluss an die Allparteienrunde. Die Situation stelle sich völlig anders dar als beim Flughafen, der kürzlich durch ein schnelles Eingreifen der Haushälter der Bürgerschaft gerettet werden musste.
Senatorin soll Arbeitsweise kritisiert haben
Dass die Gesundheit Nord gleichwohl eine große Baustelle ist, daraus machte Bernhard in der Allparteienrunde kein Hehl, wie Teilnehmer berichteten. Die Senatorin soll sich recht kritisch zu den bisherigen Strukturen und der Arbeitsweise der Geno-Führung geäußert haben. Obendrein kündigte sie demnach an, einen Wirtschaftsprüfer zu berufen, der die zuletzt vorgelegten Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung des Krankenhausverbundes auf ihre Plausibilität hin abklopfen soll. Damit rückte Bernhard erneut deutlich von der amtierenden vierköpfigen Geschäftsleitung ab. Schon in der Sitzung der Gesundheitsdeputation am 29. Oktober hatte es von Bernhard keine Rückendeckung für die schwer unter Druck stehende Chefetage des Klinikverbundes gegeben.
Zum konkreten Ertrag des Allparteiengesprächs gab es im Anschluss, wie nicht anders zu erwarten, sehr unterschiedliche Bewertungen – je nachdem, ob man Koalitions- oder Oppositionspolitiker fragte. Ilona Osterkamp-Weber (Grüne) sagte, sie erkenne bei Claudia Bernhard den festen Willen, die städtischen Kliniken aus der Krise zu führen. „Natürlich hatte sie noch keinen Fünf-Punkte-Plan samt Zeitfenster parat“, so die Bürgerschaftsabgeordnete aus Bremen-Nord. Doch könne man von Bernhard nicht erwarten, nach drei Monaten im Amt gleich Patentlösungen zu präsentieren. Auch Magnus Buhlert (FDP) verlangt von der neuen Senatorin keine Wunderdinge, sieht sie aber klar unter Zugzwang.
Die Senatorin müsse erstens „das Führungsproblem bei der Geno lösen“ und zweitens bald eine erste Vorstellung davon vermitteln, wie sich der Klinikverbund zukunftsfähig aufstellen kann. Ein Stichwort ist für Buhlert dabei der Abbau von Doppelstrukturen. Das heißt: Manche medizinischen Angebote sollen künftig stärker an einzelnen Standorten gebündelt und nicht mehr flächendeckend in allen Häusern vorgehalten werden. Wichtig ist aus Buhlerts Sicht auch eine bessere Abstimmung des inhaltlichen Profils der Geno-Häuser und der freien Kliniken Diako, St.-Joseph-Stift, Roland-Klinik und Rotes-Kreuz-Krankenhaus. Von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Geno-Krise hält Magnus Buhlert nicht viel: „Ich habe kein Interesse an Vergangenheitsbewältigung, sondern daran, wie die Geno die Wende zum Besseren schaffen kann.“
Oppositionsführer Thomas Röwekamp (CDU) lässt dagegen die Frage nach einem Untersuchungsausschuss nach wie vor offen. In jedem Fall werde die Lage der Gesundheit Nord noch im November das Parlament beschäftigen, kündigte Röwekamp an. Die CDU werde das Thema auf die Tagesordnung der Bürgerschaft setzen lassen, sofern der Senat nicht selbst eine Erklärung ankündige. Von Sitzungsteilnehmern der SPD war am Dienstagabend keine Stellungnahme zu erhalten.