Klimawandel – das ist schon lange nicht mehr nur ein großes Wort. Heftiger werdende Sturmfluten und häufigere sogenannte Starkregenereignisse, die für den Deutschen Wetterdienst an seiner Bremer Messstation bei 7,2 Litern je Quadratmeter in zehn Minuten beginnen, sind große Herausforderungen. Wie man sich ihnen stellt und sie meistern kann, ist Thema des Projekts Bresilient – ein Kunstwort aus den Bestandteilen Bremen und resilient (widerstandsfähig). Fünf Jahre lang haben das Umweltressort, die Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und das Institut für Seeverkehrswirtschaft daran geforscht. Zusammen mit Bremerinnen und Bremern: Anwohnern, Kleingärtnern, Vereinsmitgliedern, Vertretern von Wirtschaftsunternehmen, Politik und Verwaltung.
Bei einer Abschlusskonferenz im Haus der Wissenschaft haben Beteiligte an diesem Mittwoch Ergebnisse der geschlossenen Bündnisse und der begonnenen Dialoge präsentiert: etwa Strategien, wie Starkregenvorsorge in überschwemmungsgefährdeten Gebieten wie der Pauliner Marsch und der Blumenthaler Aue aussehen kann, welchen Mehrwert Stadtgrün für die Klimaanpassung hat und wie sich die Wirtschaft auf Klimaeinflüsse einrichten kann.
Sowohl in der Pauliner Marsch und Im Suhrfelde als auch in der Blumenthaler Aue und der Burg Blomendal gibt es sogenannte Starkregen-Patenschaften lokaler Akteure zum regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch mit der Verwaltung. Es sei gelungen, für die Problematik zu sensibilisieren, „Risikobewusstsein“ zu schaffen und vorsorgliche Schadensminimierung zu betreiben, sagte Bresilient-Projektleiterin Lucia Herbeck. Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) betonte: „Wir sind eine der Regionen in Deutschland, die am stärksten betroffen sein werden.“ Allerdings sei Bremen „Vorzeigestadt bei der Klimaanpassung“.
Die Pauliner Marsch etwa droht bei sehr schwerer Sturmflut, ab einem Hochwasser von 6,10 Meter über Normalhöhennull, mehrere Meter hoch überflutet zu werden. Das Wasser liefe dann nur sehr langsam wieder von der zwischen Deich und Sommerdeich gelegenen Fläche ab. „Aufgrund der intensiven Nutzung durch Sportvereine, Kleingärten und Gastronomie gibt es eine beachtliche Wertesammlung“, heißt es in einem Faktenblatt des vom Bund geförderten Projekts, das 3,7 Millionen Euro gekostet hat und nicht einfach so endet. Die Strukturen sollen weiteren Austausch sichern, manches ist auch noch gar nicht fertig: So soll beispielsweise demnächst als Ergänzung der Daten des Deutschen Wetterdienstes kurzfristig und mit 48 Stunden Vorlauf vor mittleren und schweren Ereignissen gewarnt werden.
Ein weiteres Faktenblatt widmet sich der "Klimaanpassung in der Wirtschaft" und beschreibt, wie Unternehmen "sensibilisiert und aktiviert" werden können. Die Ernährungswirtschaft etwa ist mit veränderten Niederschlägen, Temperaturen, Starkregen, Stürmen, Hitze und Trockenheit als Klimawandelfolgen konfrontiert.
Info-App, Gründachkataster und Starkregen-Vorsorge
In den kommenden Wochen wird eine Bresilient-App an den Start gehen, mit deren Hilfe etwa die Verwaltung bei der Stadtplanung die Bedeutung von Grünflächen, Stadtbäumen und Gründächern je Stadtteil besser berücksichtigen kann – wenn es beispielsweise darum geht, Oberflächenwasser zu speichern oder Hitze aus Quartieren abzuleiten. Privatpersonen können sich im Online-Starkregen-Vorsorgeportal und beispielsweise dem Gründachkataster informieren.
Die App als "Stadtgrün"-Werkzeug enthält Daten der 23 bevölkerungsreichsten Städte Deutschland, die sich vergleichen lassen, sobald alles fertig ist. Die Vorführversion lieferte aufschlussreiche Daten: Aktuell besteht Bremen zu 13 Prozent aus Grünflächen, hat fünf Bäume je 100 Meter Straße, verfügt zu 35 Prozent über begrünte Wege und zu vier Prozent über Gründächer. Im Modellbeispiel lässt sich am grünen Tisch errechnen, dass es fünf Millionen Euro an Investitionen und regelmäßig 290.000 Euro für die Pflege erfordern würde, den Grünflächenanteil im Stadtteil Mitte auf 20,2 Prozent zu verdoppeln.