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Bundestagswahl Doppelt so hohe Briefwahlbeteiligung in Bremen und Niedersachsen

In Bremen, Niedersachsen und anderen Bundesländern vermelden die Wahlämter einen regelrechten Briefwahl-Nachfrage-Boom. Sie hat sich im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 vielerorts schon jetzt verdoppelt.
05.09.2021, 19:30 Uhr
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Doppelt so hohe Briefwahlbeteiligung in Bremen und Niedersachsen
Von Peter Hanuschke

In den Wahllokalen wird bei der Bundestagswahl am 26. September weniger los sein. Das lässt sich von den Zahlen her ableiten. Es sei denn, die Wahlbeteiligung schnellt am Wahlsonntag in ungeahnte Höhen und kompensiert die Anzahl derjenigen, die das Wahllokal nicht mehr aufsuchen, weil sie bereits per Briefwahl ihre Stimme abgegeben haben. Schon jetzt sind vielerorts nahezu doppelt so viele Briefwahlunterlagen verschickt worden im Vergleich zur Bundestagswahl 2017. In der Stadt Bremen liegt sie drei Wochen vor der Wahl bei 96.000 - Stand Ende letzter Woche. Vor vier Jahren waren es zum gleichen Zeitpunkt 45.000. Genauso ist der Trend im niedersächsischen Umland – etwa in Osterholz-Scharmbeck und Lilienthal. Gleiches gilt für die Kommunalwahlen, die am am 12. September in Niedersachsen stattfinden.

"Den Trend, dass immer mehr Briefwahl genutzt wird, gibt es schon seit ein paar Wahlen", sagt Evelyn Temme, Leiterin der Geschäftsstelle der Wahlleiter in Bremen. "Aber so einen enormen Anstieg hatten wir noch nie. Dass der Grund dafür wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu finden ist, liegt nahe." Genauso schätzen das Gudrun Wulfhorst, Sachgebietsleiterin Bürgerbüro und Wahlen in Osterholz-Scharmbeck, und Manuela Rugen, stellvertretende Wahlleiterin in Lilienthal, ein.

Angenommen die verschickten Briefwahlscheine befinden sich bereits ausgefüllt auf dem Rückweg, dann hätten schon jetzt in der Stadt Bremen 25 Prozent der 380.000 Wähler ihre Stimme abgegeben. Bei gleicher Wahlbeteiligung wie vor vier Jahren – sie lag in Bremen bei 70,8 Prozent – wären es sogar etwa 36 Prozent.

In Osterholz-Scharmbeck sind es laut Gudrun Wulfhorst bislang 3900 Briefwahlunterlagen, die verschickt wurden – bei der Bundestagswahl 2017 waren es insgesamt 3277. Bei der zwei Wochen vorher stattfindenden Kommunalwahl seien es 4500 Anträge – bei der Wahl 2016 habe die Gesamtzahl bei 2000 gelegen. In Osterholz-Scharmbeck gibt es etwa 24.000 Wahlberechtigte. In der Gemeinde Lilienthal, in der es etwa 16.400 Wahlberechtigte gibt, sind es nach Angaben von Manuela Rugen bis zum jetzigen Zeitpunkt 3759 Briefwahlunterlagen für die Kommunalwahl (2017 insgesamt 3068) und 3208 für Bundestagswahl.

Durch diesen Trend hat sich die "heiße Phase" des Wahlkampfs auf ein paar Wochen verlängert, weil schon viele Wähler vor dem eigentlichen Wahltag ihre Stimme abgegeben haben. Das bedeutet auch einen Strategiewechsel bei den Parteien. So hatte beispielsweise CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bereits im Juli gegenüber Tagesschau.de gesagt, dass er mit einem historisch hohen Anteil der Briefwählerinnen und Briefwähler rechne und deshalb sei schon Wochen vor der Wahl für die CDU jeder Tag ein Wahltag. Dass sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf einem Wahlkampfplakat mit einem Stimmzettelumschlag für die Briefwahl zeigt, kommt nicht von ungefähr. Und andere Parteien wie  die Linkspartei und die FDP nutzen ihre Homepage, um über die Möglichkeiten der Briefwahl zu informieren.

"Wir haben die Briefwahl dieses Mal auch noch stärker beworben und auf unserer Homepage aktiver darauf hingewiesen, dass die Briefwahlunterlagen nicht nur auf dem Postweg, sondern auch online beantragt werden können", so Evelyn Temme. "Nicht nur für die Wähler ist das sehr bequem, auch für uns wird dadurch die Bearbeitung einfacher."

Auch andere Bundesländer vermelden Rekord-Wahlbriefbeteiligung – so Nordrhein-Westfalen. „In einigen Kommunen haben sich binnen einer Woche schon so viele Menschen gemeldet wie bei der gesamten Bundestagswahl 2017, sagt der Präsident des Städte- und Gemeindebunds NRW, Eckhard Ruthemeyer, dem Online-Portal der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen. Ruthemeyer geht davon aus, dass jeder Zweite auf die Briefwahl zurückgreifen wird. “Das wäre ein gewaltiger Schub, bei der vergangenen Bundestagswahl lag der Anteil noch bei 28 Prozent."

Die Möglichkeit, seine Stimme bei der Bundestagswahl per Briefwahl abzugeben, gibt es in der Bundesrepublik seit 1957. Damals hatten sich knapp fünf Prozent der Wählerinnen und Wähler für diese Option entschieden. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 waren es 28 Prozent.

Bis Ende August hatte Hannover für die Kommunalwahl etwa 57.000 Briefwahlanträge erhalten. Bei der Kommunalwahl 2016 waren es knapp 48.000 Briefstimmen insgesamt. Für die Bundestagswahl wurden bis Ende August etwa 33.000 Wahlscheine beantragt. „Insbesondere die Zahlen der Kommunalwahlen bestätigen unsere vorherige Erwartung, dass die Nachfrage nach Briefwahl in diesem Jahr besonders hoch ist“, sagte Stadtsprecher Dennis Dix. Was das für die Wahlbeteiligung bedeute, werde sich aber erst am Wahltag zeigen.

Zur Sache

Bestimmte Fristen

"Die Frist zur Stellung von Anträgen endet am Freitag vor der Wahl um 18 Uhr", heißt es auf der Homepage der Stadt Bremen. Danach sei eine Antragsstellung nur in begründeten und nachzuweisenden Ausnahmefällen wie beispielsweise bei einer plötzlichen Erkrankung möglich. Diese Nachfrist für Ausnahmefälle endet am Wahltag um 15 Uhr. Der Wahlbrief müsse spätestens am Wahlsonntag bis 18 Uhr dem Wahlamt vorliegen. Grundsätzlich gelte, dass das Risiko der Postlaufzeiten grundsätzlich bei den die Wahlberechtigten liege. Die Deutsche Post rät, die Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl bis Donnerstag, 23. September, im Briefkasten einzuwerfen, um eine rechtzeitige für Zustellung zu gewährleisten. Dabei müsse der Wahlbrief bei Übersendung per Post innerhalb Deutschlands nicht frankiert werden, im Ausland hingegen schon.

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