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Gedenken an Wohnungslose Damit niemand vergessen wird

Die Innere Mission erinnert mit feierlichem Gottesdienst in Walle an verstorbene Obdachlose.
24.11.2019, 19:21 Uhr
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Von Kornelia Hattermann

Ein Name wird vorgelesen, dazu das Porträt auf Leinwand projiziert, dann folgt der nächste. 20 Gesichter, die Spuren eines harten Lebens tragen, überwiegend von Männern im Alter von 35 bis 84 Jahren. Alle waren obdachlos und sind in diesem Jahr in Bremen gestorben. Ihrer und der nicht namentlich Bekannten wird in einem feierlichen Gottesdienst in der Kapelle auf dem Waller Friedhof gedacht. Und wie in allen Bremer Kirchengemeinden wird am Totensonntag ein Licht für jeden Einzelnen entzündet.

500 bis 600 Obdachlose gebe es in Bremen, die viel zu oft aus dem Blickfeld gerieten, viel zu oft vergessen würden, sagt Katharina Kähler zur Begrüßung im Gedenkgottesdienst. „Es ist nicht an uns, zu richten“, fügt die Leiterin des Bereichs Wohnungslosenhilfe der Inneren Mission hinzu, jeder Mensch sei einzigartig, jeder habe es verdient, dass an ihn erinnert werde.

Annähernd Hundert Besucher, darunter viele, die sich für Wohnungslose engagieren, sind in die mit weißen Rosengestecken geschmückte Kapelle gekommen, Pastor Hans-Christoph Ketelhut, Vorstandssprecher der Inneren Mission in Bremen, begrüßt die Gäste, Pastor Jürgen Mann, Seelsorger im Verein für Innere Mission, hält die Predigt, in der er die Aussage „Ruhe in Frieden“ aufgreift. Endlich Ruhe? Endlich Frieden? Da klinge auch unsere gesamte Ratlosigkeit mit.

Streetworker Jonas Pot d'or, der mit seinem Beratungsbus zur Kapelle gekommen ist, zitiert in seinem Beitrag im Gottesdienst Obdachlose, mit denen er über Gott gesprochen hat. „Tamme sagt: Gott soll die Obdachlosen länger leben lassen.“ Harald sage: Gott brauche doch nur den Politikern eine göttliche Eingebung zu geben, damit sie das Geld für Wohnungsbau auftreiben könnten. Der Streetworker weiß, egal, wie Obdachlose über Kirche und Gott denken, diese Gedenkfeier verbinden sie mit Würde.

„Jedes Jahr kommen mehr Leute, das ist sehr schön“, bestätigt Harald Barzen von der Obdachlosen-Initiative nach dem Gedenkgottesdienst, mit Tränen in den Augen. „Wenn man obdachlos ist, sterben jedes Jahr Freunde“, sagt er auf dem Weg zur Grabstelle, die 2012 auf dem Waller Friedhof auf Initiative der Wohnungslosenhilfe angelegt worden ist. Die Grabnutzung betrage 30 Jahre, das Grab selbst umfasse 96 Urnengrabstellen, von denen mittlerweile 55 belegt seien.

Zum Abschluss gehen alle Gottesdienstbesucher zur Grabstelle für die verstorbenen Wohnungslosen, singen, beten und legen kleine Steinchen zur Erinnerung darauf.

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