Walle/Findorff. Anfang dieses Jahres ist bundesweit ein neues kostenloses und niedrigschwelliges Beratungsangebot angelaufen, das sich an Menschen mit Behinderung, chronisch kranke Menschen sowie deren Angehörige richtet. Es nennt sich „ergänzende unabhängige Teilhabeberatung“ – kurz: „EUTB“. Wie der sperrige Name schon sagt, sollen die bundesweit 500 Beratungsstellen bestehende Angebote ergänzen, und unabhängig von Leistungsträgern und -erbringern arbeiten. Sechs erfahrene gemeinnützige Vereine haben diese Aufgabe im Land Bremen übernommen. Mit der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Selbsthilfe Bremen – Sitz in Walle – und dem Findorffer Verein „Hand zu Hand“ befinden sich zwei EUTB-Beratungsstellen im Bremer Westen. Hier finden Betroffene erfahrene Ansprechpartner und die nötige Unterstützung, wenn es darum geht, die Leistungen zu erhalten, die ihnen zustehen.
Die Beratungsstellen sind grundsätzlich offen für alle Themen, die ihren Klientinnen und Klienten auf dem Herzen liegen – seien es die Bereiche Beruf, Wohnen, Gesundheitswesen, Mobilität oder Freizeit. Sehr oft drehen sich die Gespräche um den Schwerbehindertenausweis beziehungsweise dessen Beantragung und Höherstufung, erklärt Gerald Wagner aus dem EUTB-Büro im Haus der Lebenshilfe an der Waller Heerstraße. Häufig gehe es auch um „Leistungsgewährungsprobleme“ – wenn es etwa mit der Rentenversicherung oder der Krankenkasse Schwierigkeiten bei der Bewilligung von Reha-Maßnahmen, Assistenzen oder von Hilfsmitteln für den Alltag geht. Die Berater können zu ambulanten und stationären Wohnformen informieren, und darüber, welche Möglichkeiten zum barrierefreien Umbau der eigenen Wohnung bestehen. Das Sozialgesetzbuch ist dabei zwar ein wichtiges Arbeitsmittel, doch eine ausgewiesene Rechtsberatung findet nicht statt, betont der Mitarbeiter der LAG Selbsthilfe.
Im Bundesteilhabegesetz sind die Leistungen der Eingliederungshilfe neu geregelt worden. „Der Begriff der Behinderung hat sich gewandelt“, erklärt Dieter Stegmann, Vorsitzender der LAG Selbsthilfe. „Menschen mit Behinderungen werden nicht mehr als Bittsteller betrachtet. Der Fokus liegt vielmehr auf ihren Möglichkeiten, und auf ihrem Rechtsanspruch auf Teilhabe.“ Ziel der EUTB sei es, „Menschen mit Behinderung und von Behinderung bedrohte Menschen darin zu bestärken, ihre Rechte auf Selbstbestimmung, auf eigenständige Lebensplanung und individuelle Teilhabeleistungen verwirklichen zu können“, sagt Gerald Wagner.
In Bremen und Bremerhaven bieten sechs Vereine diese kostenfreie unabhängige Beratung an. Zwei davon – die LAG Selbsthilfe in Walle und der Verein Selbstbestimmt Bremen – leisten Beratung zu allen bestehenden Formen körperlicher, geistiger und seelischer Beeinträchtigung. Die übrigen sind erfahren in der Arbeit für und mit Menschen mit speziellen Bedarfen: Das sind der Betreuungsverein Bremerhaven, der Blinden- und Sehbehindertenverein, der Landesverband der Gehörlosen sowie die psychosoziale Beratungsstelle gehörlose und hörgeschädigte Menschen (Hand zu Hand). Einen hohen Stellenwert hat dabei die Beratungsmethode des „Peer Counselling“. Das heißt: Häufig wird die Beratung von Personen übernommen, die selbst mit einer Beeinträchtigung leben und daher sehr gut wissen, wovon sie reden. Um das Angebot stadtweit zu verbreiten, sind zusätzlich Stadtteilsprechstunden geplant: Erste Termine gab es bereits in Blumenthal und in der Vahr, weitere werden folgen, erklärt Gerald Wagner. Er erzählt, dass diejenigen, die die Sprechstunden bereits angenommen haben, signalisieren, dass ihnen ein solches Angebot bislang wirklich gefehlt habe: „Wir hören immer wieder: Endlich hört uns mal jemand wirklich zu.“
Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung in Bremen
Nähere Informationen zu Hintergründen, Leistungen Zielen des EUTB-Angebot finden sich auf der Internetseite www.teilhabeberatung.de. Im Folgenden die Liste der sechs Bremer Vereine und der Ansprechpersonen, die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung anbieten. Sofern keine Zeiten für offene Sprechstunden angegeben sind, wird um eine vorherige Terminvereinbarung gebeten.
Blinden- und Sehbehindertenverein Bremen, Schwachhauser Heerstraße 266, 28359 Bremen. Kontakt: Martina Reicksmann, Telefon 24 40 16 13, E-Mail: eutb@bsvb.org, Internet: www.bsvb.org.
Hand zu Hand e. V., Psychosoziale Beratung und Therapie für Gehörlose und Hörgeschädigte, Schwarzburger Straße 34, 28215 Bremen. Kontakt: Wilma Pannen, Telefon 37 57 56, E-Mail: wilma.pannen@handzuhand.net. Internet: www.handzuhand.net.
Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Bremen, Waller Heerstraße 55, 28217 Bremen. Kontakt: Gerald Wagner, Telefon 3 87 77 14, E-Mail: info@lags-bremen.de, Internet: www.lags-bremen.de. Büro- und Beratungszeiten montags bis donnerstags 8.30 bis 16.30 Uhr, freitags 8.30 bis 14 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung.
Landesverband der Gehörlosen Bremen, Schwachhauser Heerstraße 266, 28359 Bremen. Kontakt Sabine Schöning, Telefon 2 23 11 33, E-Mail eutb.schoening@lvg-bremen.de. Offene Sprechstunde montags 11 bis 13 Uhr, mittwochs 13 bis 15 Uhr.
Selbstbestimmt Leben Bremen, Beratung für behinderte Menschen und ihre Familien, Ostertorsteinweg 98, 28203 Bremen. Kontakt: Wilhelm Winkelmeier (allgemeine Teilhabeberatung), Meik Detzel-Fasel (Beratungsschwerpunkt: Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen), Anke Rosenau (allgemeine Teilhabeberatung), Telefon 70 44 09, E-Mail: eutb@slbremen-ev.de. Internet: www.slbremen-ev.de. Büro- und Beratungszeiten: montags bis donnerstags 11 bis 13 Uhr, donnerstags 15 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung.