Der alte „Friedrich“ lebe hoch! So hieß es dieser Tage bei einem Jubiläumsempfang an Bord des Schiffsoldtimers. Der Anlass: Er ist seit 100 Jahren in Bremen registriert. Eigentlich ist das Schiff ein „Hamburger Jung“, gebaut 1880 als Dampffähre auf der Hamburger Reiherstieg-Werft und dann zunächst unter dem Namen „Süd-Hamburg“ auf der Elbe unterwegs.
Doch nach so langer Zeit auf der Weser und seit Langem unter den Fittichen des Vereins „Bremische Gesellschaft zur Erhaltung der Großen Hafenrundfahrt MS Friedrich“ darf man heute von einer Bremensie sprechen, die viele Hansestädter lieb gewonnen haben. Der Anblick des urigen Schiffs mit dem ungewöhnlichen Breiten-Längen-Verhältnis von 1:2,5 – manche sprechen schmunzelnd von Badewannen-Look – entzückt Einheimische wie Touristen an der Schlachte gleichermaßen.
Ein unbewegliches Museumsschiff, wie gelegentlich vermutet wird, ist der Methusalem der Schlachte-Schönheiten nicht. Immer wieder, wenn auch in größeren zeitlichen Abständen, geht es auf Wesertour – fast wie zu früheren Zeiten, als Abertausende Fahrgäste mit diesem Schiff Hafenrundfahrten unternahmen. Für die Fahrgäste ein Spaß bei gemächlichem Tempo auf der Weser, und für den Schiffsführer stets eine Herausforderung.
Auch Hans Peter Gräber, ein Mann mit großem Kapitänspatent, der riesige Tanker über die Weltmeere gesteuert hat, kommt heute hin und wieder ins Schwitzen, wenn er am Ruderrad des „Friedrich“ steht. Denn das Schiff reagiert nicht immer so, wie der Kapitän will. Wegen seines unberechenbaren Zick-Zack-Kurses auf dem Fluss wird es unter Wassersportlern sogar „wilde Sau“ genannt.
Die alte Technik ist bemerkenswert. Während moderne Schiffe mit einem elektronischen Hebel – dem Joystick – und Hydrauliktechnik gesteuert werden, verfügt der „Friedrich“ noch über ein großes Ruderrad. Mit viel Muskelkraft muss das Schiff via Kettensteuerung auf Kurs gehalten werden. Kettensteuerung? Das klingt antik und ist tatsächlich eine Mechanik aus der Frühzeit des Schiffbaus. Die Kette verläuft offen sichtbar an beiden Seiten des Schiffes und ist über Stahlseile und Stangen mit dem Ruder selbst und dem Steuerhaus verbunden.
Bei der Schreiber-Reederei, für die der „Friedrich“ viele Jahre im Einsatz war, diente er auch als Lehrschiff. Wer mit dem „Friedrich“ zurechtkommt, so hieß es, der kommt auch mit größeren Schiffen klar. Die Beliebtheit der Hafenrundfahrten in Bremen war übrigens enorm: Die Zahl der Gäste auf mehreren Bremer Hafenrundfahrt-Schiffen stieg laut Klaus Auf dem Garten, der ein Buch über den „Friedrich“ geschrieben hat, von knapp 32 000 im Jahr 1950 auf 280 000 im Jahr 1963. Allein der „Friedrich“ soll im Laufe der Zeit etwa eine Million Menschen befördert haben.
Bei Hafenrundfahrten soll es hin und wieder vorgekommen sein, dass Passagiere ihren Gehstock oder einen Regenschirm in ein Glied der Steuerkette steckten. Das war für den Kapitän ein großes Malheur, denn dann konnte er das Ruder nicht mehr bewegen.
Der Telegraf zum kommunizieren und zum Anlassen
Rechts neben dem Ruderrad, also an der Steuerbordseite, befindet sich der Telegraf, mit dem die georderte Fahrstufe über ein Seilzugsystem an den Maschinenraum weitergeleitet wurde. Diese Form der Kommandoübertragung zwischen Brücke und Maschinenraum war auf den meisten Schiffen bis in die 1950er-Jahre üblich. Der Kapitän war auf die schnelle Ausführung der Maschinenkommandos durch den Maschinisten angewiesen. Heute spielt der Telegraf vor allem beim Anlassen der Maschine eine Rolle.
Ein Dampfer ist der Oldtimer seit 1950 nicht mehr. Bei einem längeren Werftaufenthalt wurden Dampfmaschine und Kesselanlage aus- und ein 180-PS-Dieselmotor eingebaut. Heute verfügt der „Friedrich“ über einen 200-PS-Dieselmotor. Bei der grundlegenden Restaurierung durch den Verein „Bremische Gesellschaft zur Erhaltung der Großen Hafenrundfahrt MS Friedrich“ Ende der 1980er-Jahre wurde der Sechszylinder-Gebrauchtmotor eingesetzt, weil der Vorgänger den Geist aufgegeben hatte. Der Verbrauch liegt bei gut 30 Litern pro Stunde. Das Team der ehrenamtlichen Maschinisten bilden derzeit Reinhard Siemer, Hermann Otten und Manfred Stöhr. Sie wenden jährlich 80 bis 100 Arbeitsstunden auf, um die Maschine fit zu halten. „Wir brauchen dringend mehr junge Leute im Verein, um den ‚Friedrich‘ zu erhalten“, sagt der 80-jährige Siemer.