Vegesack. Einst war in der Lindenstraße 110 die Konzernzentrale der Vulkanwerft. Seit Freitag ist dies offiziell die Adresse der neuen Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber und Flüchtlinge im Land Bremen (Zast). Es ist das größte Flüchtlingsprojekt der Stadt: Unter einem Dach sind nun die Notunterkunft für Flüchtlinge, das Bundesamt für Migration, das Jobcenter, die Zentrale Erstaufnahmestelle sowie das Gesundheitsamt untergebracht. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) übergab das Ankunftszentrum und die Erstaufnahmeeinrichtung nun an die Arbeiterwohlfahrt (Awo), als Träger der Notunterkunft. Die aufwendigen Bauarbeiten sind abgeschlossen. Als letzte Behörde wird das Bundesamt voraussichtlich am Montag einziehen.
Vor einem Jahr hat die Bührmann-Gruppe den früheren Verwaltungs-Komplex der Werft gekauft. Seitdem waren die Handwerker am Werk. Theo Bührmann, der mit seinem Sohn an der Übergabe teilnahm, zeigte sich zufrieden und stolz, dass die Sanierung in nur neun Monaten geschafft wurde. Gut 20 Millionen Euro hat die Investorengruppe in Kauf und Umbau der Immobilie investiert, die sie an die Stadt Bremen vermietet. Die Rede ist zunächst von einer Vertragsdauer von zehn Jahren. Derzeit wohnen in der Lindenstraße in einem von den Behörden getrennten Flügel 200 Flüchtlinge. Sie werden von der Awo als Träger der Einrichtung betreut. Die Awo hat ihre Aufgaben mit einem Stamm von 23 Mitarbeitern begonnen. Die Einstellung weiteren Personals ist eingeplant.
Sozialsenatorin Anja Stahmann geht davon aus, dass bald wieder mit einem Anstieg der Flüchtlingszahlen aufgrund der Familienzusammenführung zu rechnen ist. Bremen habe viele Einzelreisende aufgenommen. Zudem seien die Programme und Abkommen mit der Türkei und anderen europäischen Ländern angelaufen. Die Notunterkunft in Vegesack bietet Platz für 700 Menschen. Hier habe Bremen also noch viel Spielraum.
Nach dem Ansturm im vergangenen Jahr und den zwar erfolgreichen, aber fieberhaften Improvisationen der zuständigen Behörden für in Not geratene Menschen kehrt nach Meinung der Sozialsenatorin nun Normalität ein. Im vergangenen Jahr hat das Land 10 274 Flüchtlinge aufgenommen. Stahmann: „In diesem Jahr waren es bisher 3000.“ Zurzeit kämen täglich bis zu 30 Personen in die Erstaufnahmestellen des Landes. Äußerst gut gelaunt freute sie sich über das Endergebnis des Gebäudes nach der aufwendigen Sanierung. „Wir haben hier eine sehr gute Ankunftszentrale für Menschen geschaffen, die in Not sind.“
In der neuen Zentralen Erstaufnahmestellen sind alle erforderlichen Dienstleistungen und Formalitäten unterschiedlicher Ämter unter einem Dach versammelt. Neben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie dem Jobcenter ist das Gesundheitsamt vertreten. Mindestens ein Arzt oder eine Ärztin sowie medizinisches Fachpersonal kümmern sich um die Ankömmlinge.
Die medizinische Erstuntersuchung und eine psychologische Anamnese (Befragung zur Krankengeschichte) gehören zu der Aufgabe. Martin Götz, Leiter des Gesundheitsamtes, nutzte die Eröffnung, um wie er sagte, Vorurteile auszuräumen: „Die Flüchtlinge bringen keine exotischen Krankheiten mit. Sie haben Beschwerden wie wir auch.“ Er bezeichnete die neue Zast mit dem medizinischen Angebot als Meilenstein. Applaus und Komplimente bekamen bei der Veranstaltung vor allem der technische Leiter Dieter Kröger und Architektin Stephanie Pieper für ihre Leistungen. Sie kennen das Gebäude inzwischen in und auswendig. Es war kein leichtes Unterfangen, die ehemalige Werfzentrale für die neue Nutzung zu sanieren.
Kröger schilderte, dass allein 263 Tonnen belasteten Materials entsorgt werden mussten. 20 000 Arbeitsstunden der Handwerker sind zusammen gekommen. „In Spitzenzeiten waren bis zu 100 Menschen auf der Baustelle“, sagte er.