Blumenthal. Mehrere Jahre sah es so aus, als würden Thomas Adrich, Harald Ramsauer und Michael Kadereit keine Nachfolger für ihre Hausarztpraxen in Lüssum finden. Weil alle kurz hintereinander in den Ruhestand gingen, befürchteten Blumenthaler einen Ärztenotstand. Mittlerweile ist die Situation zwar noch nicht so, wie vor dem Ausscheiden der drei Allgemeinmediziner, aber besser. Sagt die Kassenärztliche Vereinigung. Nachdem erst Adrichs Praxis wieder besetzt werden konnte, gibt es jetzt einen zweiten Hausarzt, der neu anfängt – und vielleicht ab Sommer einen dritten.
Seit Anfang der Woche steht fest: Auch der Praxissitz von Harald Ramsauer wird übernommen. Der einzige Bewerber hat jetzt von einem Ausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen die Zulassung erhalten. Christoph Fox, Sprecher des Zusammenschlusses der Kassenmediziner, geht davon aus, dass der neue Arzt in den nächsten Wochen anfangen wird. Allerdings nicht in den Praxisräumen von Ramsauer am Neuenkirchener Weg, sondern in einer Gemeinschaftspraxis an der Schwaneweder Straße. Fox sagt, dass der alte und der neue Standort nicht weit voneinander entfernt liegen, sodass es Patienten künftig kaum weiter zum Hausarzt haben als sie es vorher hatten.
Eigentlich hatte er gehofft, auch die Übernahme der letzten vakanten Blumenthaler Praxis mitteilen zu können: die von Michael Kadereit. Doch die Bewerberin hat noch nicht die Voraussetzungen erfüllt. Ende des Monats soll es so weit sein. Dann steht deren Prüfung an. Läuft alles glatt, geht Fox davon aus, dass die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen im Mai, wenn sie das nächste Mal zusammenkommen, die Zulassung erteilen. Mit der Praxiseröffnung rechnet er Anfang Juni, spätestens Anfang Juli: „Dann werden aller Voraussicht nach alle Lücken in Blumenthal wieder geschlossen sein.“ Wie im Fall von Ramsauers Praxissitz, kann auch der von Kadereit nur innerhalb des Stadtteils verlegt werden.
Dass es mehrere Jahre dauern kann, bis ein Nachfolger für eine Praxis gefunden ist, erlebt Fox immer wieder. Und zwar überall in Bremen. Der Norden der Stadt ist dennoch ein schwierigeres Gebiet als der Süden, Westen und Osten. Denn nach Blumenthal, Burglesum und Vegesack wollen manche Mediziner, die sich bei der Kassenärztlichen Vereinigung melden, ungern oder gar nicht. Darauf weisen sie ausdrücklich in ihren Bewerbungen hin: Bremen ja, Bremen-Nord nein. Der Grund dafür hat mit den Verdienstmöglichkeiten zu tun. In Schwachhausen, wo es mehr Privat- als Kassenpatienten gibt, sind sie besser als beispielsweise in Blumenthal, wo es genau umgekehrt ist.
Die Vereinigung der Kassenärzte weiß das. Seit Jahren versucht sie gegenzusteuern. Der Norden Bremens ist aus ihrer Sicht zwar nicht unterversorgt, wenn es um die Zahl der Praxen geht. Aber er ist Fördergebiet. Mediziner, die sich dort niederlassen, erhalten eine Umsatzgarantie: War das Quartal eines Praxisnachfolgers mal nicht so einträglich wie bei seinem Vorgänger, kommt die Vereinigung für den Differenzbetrag auf. Doch mehr kann sie Fox zufolge nicht tun. Er sieht Bremen in der Pflicht, zusätzliche Anreize zu schaffen. Wie etwas in Niedersachsen, wo Kommunen 10 000 Euro zahlen, wenn Mediziner eine Praxis übernehmen. Wo besonders günstige Kredite beim Hauskauf obendrauf kommen. Und das Rathaus einen Mitarbeiter abstellt, der sich um den Umzug des Arztes und die Anmeldung seiner Kinder im Hort kümmert.
Bremen geht andere Wege. Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) hat nach Brandbriefen von Bürgern angekündigt, mehr für den Norden unter Medizinern zu werben. Und sie will, dass der Bedarf an Ärzten anders ermittelt wird als bisher: nicht mehr für die Stadt insgesamt, sondern für jeden Stadtteil separat. Die Senatorin hofft, dadurch genauere Zahlen zu erhalten, wo Mediziner fehlen, um schneller reagieren zu können. Die Kassenärzte halten von dem Vorschlag wenig. Ein kleinteiligeres Kataster, meinen sie, wird keinen einzigen Mediziner in den Bremer Norden locken.