Bremen. Im vergangenen Jahr sind in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremen 276 Handys sichergestellt worden, in 124 Fällen wurden bis Ende September 2012 Drogen gefunden. An den Kontrollen vorbei werden sie ins Gefängnis geschmuggelt. Wie groß das Problem ist, hat kürzlich eine Durchsuchungsaktion gezeigt.
Jeden Morgen der gleiche Kontrollgang: Bedienstete der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Oslebshausen suchen das Gelände entlang der Gefängnismauer ab. Im Visier haben sie Drogen, Handys und andere Gegenstände, die nachts für Häftlinge über die Mauer geworfen wurden. Die Boten sind sehr kreativ. "Bei Schnee werden Päckchen zum Beispiel weiß eingepackt, und im Zuge der Bauarbeiten in der JVA haben die Bediensteten häufig auch Päckchen gefunden, die mit Mörtel verputzt waren", sagt Jörg Lockfeldt von der Justizbehörde. In aufgeschnittenen Tennisbällen befänden sich häufig Drogen.
Dass verbotene Gegenstände trotz Kontrollen ins Gefängnis kommen, hat erneut in der vergangenen Woche eine Durchsuchungsaktion anlässlich der verschwundenen Gefängnisschlüssel gezeigt. Statt der Schlüssel haben die Beamten alles mögliche andere gefunden, was von draußen eingeschmuggelt wurde: Handys, Drogen, Tätowierutensilien, CDs, Spritzen, Messer und Bargeld. Die JVA hat daraufhin nach eigenen Angaben die Kontrollen von Besuchern und der Hafträume verschärft.
Für die CDU-Abgeordnete Gabi Piontkowski belegen die aktuellen Funde, dass die bisherigen Kontrollen und das Sicherheitskonzept in der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichen. "Die Problematik, dass Drogen oder Handys ins Gefängnis kommen, gibt es allerdings nicht erst seit gestern. Sicherheit muss oberstes Gebot sein", fordert sie. Über eingeschmuggelte Mobiltelefone könnten Häftlinge etwa aus der JVA Verabredungen zu Straftaten treffen oder Zeugen bei einem anstehenden Prozess unter Druck setzen.
Um Telefone aufzuspüren, setzt die JVA laut Lockfeldt sogenannte Handy-Finder ein, die Geräte könnten eingewählte Mobiltelefone orten. "Dadurch werden immer wieder Handys sichergestellt, aber alle kann man nicht finden", sagt der Justizsprecher. "Das ist nicht nur in Bremen so." Die Einrichtung eines Störsenders, um verbotene Gespräche zumindest zu unterbinden, sei in der Behörde derzeit kein Thema. "Das ist zu aufwendig und zu teuer, dazu ist die Technik noch nicht genügend ausgereift", sagt Lockfeldt. Ein zusätzliches Problem sei, dass die JVA in einem Wohngebiet liegt, sodass auch Anwohner vom Sender betroffen sein könnten.
Nach Angaben des Sprechers hat es durch den Umbau der JVA bereits Verbesserungen bei der Sicherheit gegeben, wie die erhöhte Anstaltsmauer, mehr Videoüberwachung oder die Verlegung des Besucherbereichs, sodass die Besucher nicht mehr das Gelände überqueren würden. "Außerdem ist geplant, dass auch in den regulären Vollzug künftig keine Lebensmittel mehr von Besuchern mitgebracht werden dürfen. Für die U-Haft gilt das bereits", sagt Lockfeldt. Ein entsprechendes Gesetz sei in Vorbereitung. Neben den Mauerwürfen seien Besucher und mitgebrachte Lebensmittelpakete die Hauptwege, wie Drogen, Handys und andere Gegenstände ins Gefängnis kämen. Lockfeldt: "Die Besucher werden zwar mit Metalldetektoren durchsucht, die Pakete im Beisein eines Bediensteten geöffnet und die Häftlinge nach jedem Besuch kontrolliert, das Einschleusen kann man jedoch nicht ganz verhindern." Bei der Durchsuchung der Zellen kämen auch Drogenspürhunde des Zolls zum Einsatz und das Personal sei speziell für die Kontrollen ausgebildet.
Piontkowski fordert ein schärferes Vorgehen gegen den Drogenkonsum hinter Gittern. In einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) aus 2012 hätten 40 Prozent der Häftlinge Drogenkonsum in den vier Wochen vor der Befragung angegeben. "Darüber kann man nicht einfach hinweggehen", sagt die CDU-Abgeordnete. Neben den äußeren Sicherheitsvorkehrungen müssten auch die Aufsicht und die Kontrollen verbessert und Therapieangebote für drogenabhängige Häftlinge ausgebaut werden. Dafür sei die Personalausstattung wichtig, so Piontkowski, die auf den Berichts des Senats zur "Belastung der bremischen Justiz" vom 6. Januar 2012 verweist. Darin sei von einer "angespannte Personalsituation" die Rede. Weiter heiße es: "Die Gewährleistung der notwendigen Besetzung im Aufsichtsdienst fällt zunehmend schwer. " Piontkowski: "Damit muss man sich befassen."