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Eiswette Ein Glockenschlag für die Ewigkeit

Die Sammlung für die Seenot-Retter ist eins der wichtigen Rituale beim Eiswett-Fest am Sonnabend. Vor einem Jahr spendeten die Genossen und ihre Gäste mit 450 238,97 Euro so viel wie noch nie.
17.01.2018, 17:56 Uhr
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Ein Glockenschlag für die Ewigkeit
Von Nina Willborn

Warum genau die Eiswette und die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zueinander fanden, weiß heute keiner mehr so genau. Als gesichert gilt aber, dass die Fest-Gesellschaft im Jahr 1928 regen Gebrauch machte vom spontanen Angebot des damaligen Präsidenten Hans Wagenführ, die eigentlich nur für ihn aufstellte Glocke anschlagen zu dürfen gegen die Gebühr von zehn Euro in bar – pro Schlag. Der Abend wurde offenbar ziemlich laut, denn am Ende stapelten sich 500 Mark neben der Glocke, die später den Seenotrettern zugedacht wurden.

Nachzulesen ist das übrigens unter anderem in Hermann Gutmanns und Jochen Mönchs Buch „Die Eiswette von 1829“. Ein Jahr darauf, beim 100. Geburtstag der Eiswette, sammelte man 750 Mark; seitdem hat es (mit Ausnahme des Winterhilfswerks zur Nazizeit) nie mehr einen anderen Spenden-Empfänger als die DGzRS gegeben. Das steht zwar nirgendwo vertraglich festgehalten, „wird aber auch nie diskutiert“, sagt Eiswett-Schatzmeister Klaus Ziegler. „Und wir sind sehr dankbar dafür“, ergänzt DGzRS-Geschäftsführer Nicolaus Stadeler, „dass diese Tradition aufrecht erhalten wird.“

Spendensumme steigt jedes Jahr

Eiswette und DGzRS: Diese Verbindung funktioniert bestens schon seit 90 Jahren. Dank den Seenot-Rettern und ihren Booten bekommt der Schneider bei der Eiswett-Probe am 6. Januar keine nassen Füße, und dank den Eiswett-Spendern überlebt so mancher Schiffbrüchige. Die Sammlung der Genossen ist längst der größte Einzelposten im Spenden-Ergebnis der Retter. Das liegt zwischen pro Jahr bei 21 bis 22 Millionen Euro, genau 450 238,97 Euro davon kamen 2017 von den Eiswett-Gästen. Ziegler: „Bisher der Rekord. Wir können natürlich nicht garantieren, dass jetzt mehr zusammen kommt. Unser Ehrgeiz ist, auf jeden Fall mehr als 400 000 Euro zu schaffen.“

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Dass sich die Spendensumme (in den vergangenen vier Jahren rund 1,7 Millionen Euro) stetig erhöht hat, liegt laut Stadeler auch daran, dass der Schatzmeister inzwischen bei seinem Spendenaufruf gleich dazu sagt, was finanziert werden soll. Der DGzRS-Chef: „Es ist natürlich immer für einen Rettungszweck. Aber es macht mehr Spaß, Geld zu geben, wenn man sieht, wo es bleibt.“ So rückt zum Beispiel seit August die „Secretarius“ zu Einsätzen vor Langeoog aus, den Bau finanzierten die Eis-Wetter durch die Sammlungen 2016 und 2017. Stadeler: „Durch die Eiswette werden auch Menschen an unsere Gesellschaft herangeführt, die uns vorher gar nicht kannten.“

Zählung übernehmen die Novizen

Die Prozedur ist dabei immer gleich: Das Spenden an sich ist ein Highlight im Zeremoniell des Eiswett-Festes. Nach dem Spenden-Aufruf ziehen die jeweils Tisch-Ältesten mit zwei übereinander gelegten Suppentellern um ihre „Eisschollen“; jeder legt dann entweder Bargeld, das aber heute seltener, oder seine Visitenkarte mit einer Summe versehen ins Porzellan. Um Missverständnissen vorzubeugen, empfiehlt es sich, trotz des vorherigen Genusses des einen oder anderen Weins möglichst leserlich zu schreiben. Sonst kann es wie vor zwei Jahren gehen: Die Zähler lasen auf einer Karte in einem dahingeschluderten Komma hinter einer Eins eine Null, und schon wurden aus 1000 Euro 10 000 Euro. Ziegler: „Da hatten wir also 9000 Euro zu viel gezählt. Ich habe dann ein paar Gäste angesprochen, letztendlich hat es geklappt.“

Die Zählung übernehmen immer die Novizen des Vorjahres, unterstützt von einem Sparkassen-Mitarbeiter und einem Wirtschaftsprüfer. Der Herr von der Sparkasse hat am Ende des Abends die Pflicht, alle Bargeld-Spenden (rund ein bis zwei Prozent der Gesamtsumme) noch am Abend zur Bank zu bringen, sicherheitshalber eskortiert von der Polizei. Zusätzlich ist es seine Aufgabe, auf dem Laufenden zu sein, was Wechselkurse angeht – es werden auch Fremdwährungen akzeptiert. Ziegler: „Franken oder Dollar sind häufig dabei, weil ja auch viele ausländische Gäste kommen. Manchmal sind aber auch iranische Rial oder kambodschanische Riel dabei.“ Eine Gabe, die eher unter die Rubrik „Geldwäsche“ fiel, fand sich auch schon mal zwischen den Tellern: zwei Gutscheine für die Raststätten- und Bahnhofstoiletten-Kette „Sanifair“.

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