Lesum. Die gelbe Warnlampe auf dem Dach des Fahrzeugs blinkt. Mehr ist von dem kleinen Traktor-Motormäher kaum zu sehen, der sich mit Getöse durch meterhohes Gras, Kraut und Gestrüpp quält. Ein Zeichen, dass die überfälligen Sanierungsarbeiten im Friedehorst-Park endlich begonnen haben? Die rund neun Hektar große Parkanlage leidet insgesamt weiterhin unter mangelhafter Pflege und entwickelt sich zurück zur Öko-Wildnis.
Und das schon seit Jahren. Das jedenfalls schildern Anwohner und regelmäßige Besucher der mit uralten Bäumen bewachsenen und vermutlich von Bürgerpark-Schöpfer Wilhelm Benque vor rund anderthalb Jahrhunderten gestalteten Anlage zwischen Leuchtenburg, Platjenwerbe und Lesum. Es passiere so gut wie nichts, klagt ein Anwohner, der namentlich nicht erwähnt werden möchte, über den „traurigen Zustand“ und verweist auf die in der Verfassung verankerte Verpflichtung des Eigentums.
Ein Hinweisschild am Parkeingang fordert Spaziergänger dazu auf, nur die Hauptwege zu benutzen. „Was auch sonst?“, mag sich der Besucher wenig später fragen. Die einst kurz gehaltenen Rasenflächen erinnern an Savannen mit meterhohen Gräsern und Buschwerk, schmale Wege sind kaum noch als solche zu erkennen und mit Gras überwuchert.
Und überall unter hoch gewachsenen Buchen, knorrigen Eichen und majestätischen Tannen liegen Zweige und armdicke Äste. Auch in den von Entengrütze überdeckten Teichen, in denen Wasservögel über morsche Holzstämme balancieren. Die Natur verwandelt den Park, aus der gestalteten Anlage wird mehr und mehr Wildnis. Das mag Ökofreunde erfreuen, Spaziergänger, Jogger, Erholungssuchende sowie Bewohner und Patienten der benachbarten Stiftung Friedehorst äußern sich anders.
Förderverein fehlt
Der Stiftung gehört der Park, der sich bis 2004 im Besitz der Bremischen Evangelischen Kirche befand und dann übereignet wurde. Doch bekanntlich steckt Friedehorst in finanziellen Schwierigkeiten und hat sich offensichtlich ein rigides Sparprogramm auferlegt. Darunter leidet nun auch die neun Hektar große Parkanlage.
„Ein Jammer“, sagt der Vorsitzende des Fördervereins Knoops Park, Christof Steuer. Im Februar dieses Jahres hatte er an einer Gesprächsrunde mit der Geschäftsführung von Friedehorst teilgenommen, um nach Lösungen für kostengünstige Pflegemaßnahmen und die Wiederherstellung des Parkcharakters zu suchen. Als vorrangig, so Steuer, sei beispielsweise die Entschlammung der wunderschönen Teiche eingestuft worden.
Damals setzte man Hoffnungen auf Anwohner, die sich als „Freundeskreis“ um die weitläufige Grünanlage kümmern sollten. Und Landschaftsarchitekt Stefan Villena-Kirschner, der die Geschichte des Lehnhof-Parks, wie der Friedehorst-Park auch genannt wird, erforscht hat, sprach sich für die Gründung eines Fördervereins aus. Knoops Park und Wätjens Park profitieren schon seit Langem von solchen gemeinnützigen Organisationen. Villena-Kirschner hatte 2013 den Ist-Zustand des Parks dokumentiert, der in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich hinter Knoops Park oder Wätjens Park in Blumenthal rangiert. Er hatte auch recherchiert, dass zuletzt mit Mitteln der einstigen Stiftung Wohnliche Stadt im Jahr 2003 nennenswerte Sanierungsarbeiten stattgefunden haben.
Der Zustand des Parks ist in Abständen immer wieder Thema. So hatten bereits 2014 Anwohner auf die mangelnde Pflege hingewiesen, damals auch auf kaputte Zäune und Bänke. Die Situation hatte sich zu diesem Zeitpunkt offenbar bereits seit Jahren verschlechtert.
Alle strategischen Überlegungen und Hoffnungen auf einen Neuanfang haben sich seitdem nicht erfüllt. Sieht man einmal davon ab, dass jetzt vor wenigen Tagen der Motormäher in Aktion gesetzt worden ist. „Von uns“, erklärt Milko Hase, Referent für Fundraising und Unternehmenskommunikation bei Friedehorst auf Anfrage. Momentan, so Hase, stünden die Pflege sowie die Verkehrssicherung und weniger die gärtnerische Ausgestaltung des Landschaftsparks im Vordergrund.
Unter Verkehrssicherung versteht er, dass sich Spaziergänger und Jogger gefahrlos auf Wegen und unter Bäumen bewegen können. Immerhin deutet Hase eine Perspektive für den einstigen Sommersitz begüterter Bremer Familien an. Über den Stand weitergehender Überlegungen könne Friedehorst in Kürze Auskunft geben.
Apropos begütert: Ideal wäre es nach den Worten von Christof Steuer, einen Mäzen für den Friedehorst-Park zu finden. Einen Bürger mit genügend Kleingeld im Portemonnaie also. Illusionär muss diese Überlegung nicht sein, denn nach der jüngsten Erhebung des Bundesamtes für Statistik gibt es 164 Bremer, die mehr als eine Million Euro im Jahr verdienen. Zudem haben Bremer Großverdiener demnach im bundesweiten Vergleich besonders hohe Einkommen.