Walle. Die Buchhandlung Logbuch öffnet an diesem Donnerstag, 29. Juni, ihre neuen Räume an der Vegesacker Straße 1. Für Walle ist das eine schöne Nachricht – für die Überseestadt ein herber Verlust. Fünfeinhalb Jahre lang haben Sabine und Axel Stiehler am Europahafen ausgeharrt. In dieser Zeit hat sich ihr „Logbuch“ nicht nur in der ganzen Stadt einen guten Namen gemacht, sondern wurde auch mit diversen wichtigen Branchenpreisen ausgezeichnet. Und das als eine der kleinsten Buchhandlungen der Stadt.
Letzteres kann man ab sofort nicht mehr behaupten. Von zuvor knapp 40 Quadratmetern hat sich die Ladenfläche auf rund 70 Quadratmeter fast verdoppelt. Bei den Umbauarbeiten haben die Stiehlers diverse Erinnerungen an die Vergangenheit des Ladengeschäfts entdeckt: Ganz früher wurde hier mit Pelzen gehandelt, danach teilten sich ein Teeladen und ein Biobäcker die Fläche. In den vergangenen sieben Jahren war hier der Getränkefachhandel „Kalte Ente“ ansässig. Als die Stiehlers davon erfuhren, dass sich Inhaber Ulf Lenz im Frühjahr dieses Jahres aus der zentralen Waller Lage zurückziehen wolle, griffen sie zu. Die Kundschaft war so angetan, dass sie sich den Weg in die Überseestadt künftig sparen kann, dass diverse Kundinnen und Kunden anboten, bei der Renovierung mitzuhelfen, und auch beim Umzug anpackten, erzählen sie. Auch die Vermieterin, eine ältere Dame, sei zufrieden, dass das Ladengeschäft an der Ecke Vegesacker/Grenzstraße eine gute Adresse bleibe.
Die eine Hälfte der Räumlichkeiten ist nun für Literatur reserviert, die man gelesen haben sollte und über die man gerade spricht, und für ein Sortiment an Kinder- und Jugendbüchern, die beim Vorlesen und selber Lesen besondere Freude machen. Auf der anderen Seite können die Produkte nun noch mehr in Szene gesetzt werden, die Sabine und Axel Stiehler besonders gerne empfehlen. Der Grafikdesigner und die gelernte Buchhändlerin und Mediengestalterin können sich am meisten für Bücher begeistern, die in Form und Inhalt aus der Norm fallen: Bücher, die durch ihre aufwendige Gestaltung, ihre Materialien, Illustrationen und Geschichten kleine Kunstwerke sind.
Spezialisiert haben sich die Stiehlers außerdem auf „Graphic Novels“, auf Fachliteratur im Bereich Grafikdesign und Typografie, auf stilvolle Papeterie- und Geschenkartikel. Für Ambiente, Sortiment und Aktivitäten wurde das Logbuch vom Fachmagazin „Buchmarkt“ als Newcomer des Jahres 2013/14 ausgezeichnet. Außerdem ehrte Kulturstaatsministerin Monika Grütters die einzige Waller Buchhandlung schon zweimal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis. Viel mehr Platz gibt es nun auch für die Lesungen und Ausstellungen namhafter Autoren, Illustratoren und Rezitatoren, für die die Waller Buchhandlung seit jeher stadtweit Gäste anzieht. Doch es war nicht allein der Wunsch nach größeren Räumlichkeiten, der die Buchhandlung nach „Downtown Walle“ brachte, erklärt Sabine Stiehler: Das geschäftliche Umfeld sei in der Überseestadt in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden. Apotheke, Delikatessenladen, Eiscafé und Juwelier haben schon lange die Segel gestrichen, zuletzt verabschiedete sich auch das Überseekaufhaus „Fette Beute“ nach nur einem Jahr aus der Konsul-Smidt-Straße und zog ins Schnoor-Viertel. In viele der Ladengeschäfte am Europahafen sind inzwischen Dienstleister, Praxen oder Kanzleien eingezogen. Glücklich werden dort zurzeit nur Gastronomen, Unternehmen und Geschäfte, die nicht auf Laufkundschaft angewiesen sind. „Man hat den Eindruck, dass die Weiterentwicklung stagniert“, sagt Stiehler.
Ab diesen Donnerstag ist der Logbuchladen geöffnet. Die feierliche Einweihung ist für Sonnabend, 5. August, 10 bis 13 Uhr, geplant. Das Veranstaltungsprogramm wird nahtlos fortgesetzt: Am Freitag, 18. August, liest Schauspieler Rainer Iwersen wieder aus einem Klassiker der maritimen Weltliteratur. Und allen, die den neuen Standort noch nicht kennen, sei gesagt: Gepflegt speisen, gut Eis essen, einen Kaffee trinken, Einkaufen und Schaufensterbummeln kann man an der Vegesacker Straße obendrein.