Robert Volk ist kein Mann, der sich leicht unterkriegen lässt. Dafür ist er viel zu gewitzt, wortgewandt und lebensfroh. Selten, dass er um einen Spruch verlegen ist, nichts bleibt unkommentiert. Aber jetzt hat es ihn doch umgehauen. Zwei Einbrüche innerhalb einer Woche, vier in anderthalb Jahren. "Das schaffe ich nicht mehr", sagt der Kiosk-Betreiber. Eine Versicherung hat er nicht, "zu teuer". Den Schaden muss Volk selbst begleichen. Kein Pappenstiel, wenn nur wenig übrig bleibt vom Handel mit Süßigkeiten, Zeitungen, Zeitschriften und Getränken. Rücklagen? Keine. Der Volkskiosk, wie er mit Namen im Stadtplan verzeichnet ist, steht nach 20 Jahren auf der Kippe. Schuld sind die Einbrecher, aber nicht sie allein.
Volk schraubt zur Sicherheit jeden Abend Holzplatten vor seinen Kiosk in der Scharnhorststraße in Schwachhausen. Geholfen hat das nicht. Die Täter hebelten die Platten aus und verschafften sich so Zugang. In einem der beiden Fälle schlugen sie Mitte Februar die Scheibe ein, bitter für den Betreiber, denn das geht immer besonders ins Geld: mehr als 200 Euro für die Reparatur. Was Volk nicht versteht: "Wenn jemand nachts arbeitet und auch noch ein Risiko eingeht, will er viel davon haben. Dann müsste er tagsüber kommen, um auszubaldowern, was zu holen ist, und würde sich erst in diesem Moment zur Tat entschließen."
Wäre es so gelaufen, wäre wohl nichts passiert. Im Kiosk wird nichts von großem Wert verkauft, keine Zigaretten, kein Schnaps, und Geld ist auch keines da. "Die haben nur ein paar Pötte Weingummi und Lakritz mitgenommen", erzählt Volk. Das eine Mal seien zwei Flaschen mit Limonade und Bier kaputt geschlagen worden, "wohl aus Frust, weil sich der Einbruch nicht gelohnt hat".
Kioskbetreiber denkt ans Aufhören
Kundschaft ist da, und die geht vor. Das Gespräch über die Einbrüche muss warten. Volk fragt in der Regel nicht mehr, er weiß auch so, was gewünscht wird. Der ältere Herr auf dem Elektromobil bekommt eine "Yacht" und den "Stern". Beim nächsten Kunden ist es die "taz", beim übernächsten die "Funk Uhr". Und dann nähert sich eine Frau, die spricht er mit Namen an und hebt sofort die Haube über dem Tablett – Vorhang auf für die legendären Schokoküsse von Mayer Junior: "Zehn?", fragt Volk. "Nein", antwortet die Frau, "heute nur vier, und auch nur, weil Fußball ist". Werder spielt; Fans brauchen Nervennahrung.
Die Nerven. Für den Schwachhauser Kioskbetreiber werden sie langsam zum Problem: "Das ist natürlich auch eine psychische Belastung, ich schlafe schlecht, mache mir Sorgen, dass es wieder passiert." Volk ist zwar nicht so übel dran wie der Mitarbeiter eines Kiosks in der Bremer Neustadt, den es im Februar ebenfalls gleich zweimal in nur einer Woche erwischt hat. Der Mann wurde jeweils mit einem Messer bedroht, um Bargeld zu erpressen. Volk hat persönlich keine Gewalt erfahren, aber es zermürbt ihn, Einbrechern ausgeliefert zu sein, die ihn durch ihr rabiates Vorgehen materiell in die Knie zwingen.
Dann ist da aber noch eine andere Sache, sagt Volk: die enormen Preissteigerungen beim Wareneinkauf. "Mir kann doch niemand sagen, dass zum Beispiel Schokoriegel deshalb so teuer geworden sind, weil in der Ukraine Krieg ist." Oder der Kaffee, den er im Kiosk aufgebrüht verkauft. Oder die Kaffeesahne. "Da sahnen welche ab, nutzen die Situation aus und machen Extragewinne." Volk hält sich beim Einkauf erst einmal zurück, "ich kann nicht jeden Preis im Großhandel an meine Kunden weitergeben".
Im Fenster hängt ein Schild mit den Öffnungszeiten: Jeden Tag Dienst für den Betreiber, von morgens bis abends. In der Rubrik ganz unten ist dieser gedruckte Hinweis enthalten: "Bitte beachten Sie: Wir befinden uns im Urlaub." Volk hat mit Handschrift die Daten hinzugefügt: 1. Januar bis 31. Dezember. Ein Scherz, so ist er, aber schon bald könnte das zur bitteren Wahrheit werden.