Oberneuland. Ein Straßenfest am Vinnenweg hat Flüchtlinge und alteingesessene Oberneulander näher zusammengebracht. Bei Essen, Trinken, Spiel und Musik kamen Jung und Alt zusammen. Organisiert wurde das Fest von Anwohnern, der Awo und dem Präsidium des Oberneulander Runden Tisches.
Der im September vergangenen Jahres gegründete Runde Tisch hat es sich zum Ziel gesetzt, Flüchtlinge ehrenamtlich zu begleiten und bei Problemen zu helfen. Die Organisation von Deutschkursen und Kinderbetreuungen gehört dabei ebenso zu den Aufgaben, die er koordiniert, wie die Begleitung bei Behördengängen. „Wir möchten klarmachen, dass das Präsidium eine Anlaufstelle ist und mit diesem Fest zeigen, dass die Anwohner des Vinnenwegs nicht alleine sind“, sagte Präsidiumsmitglied und Ortsamtsleiter Jens Knudtsen am Rande des Festes.
Direkt nach der Gründung des Runden Tisches richtete sich der Fokus auf die Notunterkunft im Büropark Oberneuland. In den dort errichteten Zelten lebten bis zu 500 Menschen, sodass Vertreter aus Kirchen, Vereinen, dem Beirat und anderen Institutionen nach Hilfs- und Integrationsmöglichkeiten suchten: „Wie kriegen wir Oberneuland und das Zelt im Büropark zusammen?“, beschrieb Knudtsen die Ausgangslage. „Die Schwierigkeit dabei war, dass die Unterkunft eine Durchgangsstation darstellte, sodass eine kontinuierliche Arbeit nur schwer möglich war“.
Nach der Schließung der Flüchtlingsunterkunft haben sich der Fokus verlagert, unter anderem auf die Flüchtlingsfamilien, die bereits seit langer Zeit am Vinnenweg wohnen, so Volker Dünnebier, Mitglied des Präsidiums und Vorsitzender des Kirchenvorstands der evangelischen Gemeinde in Oberneuland. „Daher veranstalten wir jetzt dieses interkulturelle Fest, um die Menschen zusammenzubringen“.
Die nach der Erbauerfirma genannten Kampa-Häuser am Vinnenweg wurden Anfang der 90er-Jahre für Spätaussiedler aus der Sowjetunion errichtet. Nach deren Auszug wohnen nun vorwiegend vorm Krieg in Syrien geflohene Familien in den Gebäuden, viele bereits seit einigen Jahren.
Maya Hasso, Bewohnerin eines dieser Häuser, wohnt seit zwei Jahren im Vinnenweg. „Mir gefällt es hier ganz gut“, erzählte die aus Syrien stammende 17-Jährige, „und wenn ich es schaffe, möchte ich hier mein Abitur machen“. Die Realschülerin besucht die zehnte Klasse möchte nicht mehr nach Syrien zurück. „Hier habe ich eine bessere Zukunft“. Für die Zukunft und für die erfolgreiche Integration der Flüchtlinge hat sich zudem ein Netzwerk für Patenschaften etabliert. So hat auch nahezu jede Familie im Vinnenweg einen ehrenamtlichen Paten, der die Menschen bei Arztbesuchen oder Behördengängen begleitet, bei Hausaufgaben behilflich ist oder sie bei der Suche nach Wohnungen unterstützt.
„Es ist sehr schwierig, Wohnraum für die Menschen zu finden, auch wenn sie Arbeit haben“, sagte Jens Knudtsen, „da muss ein anderes Bewusstsein entstehen, auch bei den Vermietern: Wohnen, Sprache, Arbeit – das sind die wichtigen Dinge!“ Für Elisabeth Büter von der Awo sind auch die Verhältnisse, in denen die Menschen leben, von Bedeutung: „Wenn wir wieder Geld haben, möchte ich den Spielplatz aufmöbeln“, erzählte sie und deutete auf einen etwas vernachlässigt wirkenden Bereich neben den Kampa-Häusern. Eine runde, rotblaue Schaukel hat sie bereits organisiert. Das Spielgerät, gefördert durch die Gemeinschaftsaktion „Spielräume schaffen“, ein Projekt des Deutschen Kinderhilfswerks und der Bremer Jugendsenatorin, ist dabei nur eine von mehreren Neuerungen: „Eine Rutsche soll dann hierhin, ein paar neue Sitzmöglichkeiten und frischer Sand“, so Büter.
Für Tamina Kreyenhop, Sprecherin des Beirats Oberneuland, ist bereits ein neues Aufgabengebiet in Sicht. Direkt neben den Kampa-Häusern entsteht ein neuer Gebäudekomplex: „Der Neubau wird eine Erstaufnahmeeinrichtung“, erklärt sie, „es werden hier dann nur Familien untergebracht und keine unbegleiteten Flüchtlinge, damit es sich mit den Familien aus dem Vinnenweg verträgt“. Drei Tage bis drei Monate bleiben die Familien dann dort, bevor sie woanders unterkommen.
Die Beiratssprecherin ist von der Integration der Flüchtlinge in Oberneuland überzeugt: „Zu allen Festen werden auch die Flüchtlinge eingeladen“, sagte Tamina Kreyenhop. „Es ist schade, dass die Auffassung besteht, die ,Bürgerlichen‘ wollten unter sich bleiben. Die Vorurteile stimmen nicht.“