Guido Kunze mag es extrem. Was der Ausdauersportler an einem Tag auf dem Fahrrad manchmal strampelt, ist für andere die Strecke eines gesamten Radwanderurlaubs. Im vergangenen Oktober durchfuhr er in sieben Tagen alle 16 Bundesländer. Das waren 2335 Kilometer. „An einem Tag 350 Kilometer fahren, ist bei mir nicht ungewöhnlich“, sagt der Thüringer. Auf dieser Tour sammelte er Geld für Fahrräder. Die gehen nach Afrika, damit die Kinder dort schneller zur Schule kommen.
Am Samstag und Sonntag war er wieder in Bremen. Da sollten seine Touren etwas kürzer sein. Auf Einladung der Bike-it-Initiative radelte er am Samstagabend mit allen Interessierten als Gruppe von der Kunsthalle zur Lloyd-Kaffeerösterei im Hafen. Und dort konnten die mehr als 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehr von Guido Kunzes anderem Herzensprojekt erfahren. Denn der Kakao hat es ihm angetan: Vor vier Jahren radelte er von Ecuador nach Kolumbien, überquerte den Atlantik per Flugzeug, weil das Segelboot einen Ruderschaden hatte, die Radtour setzte er in Portugal fort und fuhr von Lissabon aus nach Spanien, Frankreich, die Schweiz und zurück in seine Heimat nahe Erfurt. Sechs Wochen brauchte er dafür.
Im Regenwald auf der Suche nach Kakaobohnen
Der Grund für die Tour: Er wollte die besten Kakaobohnen der Welt mit dem Rad aus den beiden südamerikanischen Ländern nach Thüringen bringen. Das konnte sich die Radlergruppe vom Samstagabend nach der Tour ab der Kunsthalle bei Lloyd-Kaffee in einer gut einstündigen Dokumentation anschauen. Seine Botschaft dabei: „Diejenigen, die täglich ihr Herzblut mit all ihrer Erfahrung in den Kakao stecken, nämlich die Kakaobauern, bekommen am wenigsten für die braunen Bohnen.“ Bei einem Preis von 39 Cent für eine Tafel Schokolade in deutschen Supermärkten könne etwas nicht stimmen. Die Menschen mögen doch bitte mehr zu fair gehandeltem Kakao greifen. Birgit Severin de Salinas, Honorarkonsulin für Ecuador in Bremen, die einige Grußworte sprach, sagte, dass der Kakao etwa das Doppelte vom üblichen Marktpreis kosten müsste, damit es fairer zugehe.
In der Dokumentation sieht man, wie sich Kunze mit Händen und Füßen mit den Kakaobauern unterhält. Denn er spricht kein Wort Spanisch. „Nach sechs Wochen versteht man aber viel.“ Ansonsten war das Google-Übersetzungsprogramm sein Freund. Die Zuschauer erfuhren auch, wie aus der Kakaofrucht am Baum die erst weißen Bohnen durch Trocknung, Fermentation und Röstung die braune Farbe bekommen, wie man sie kennt. Und sie konnten im Film sehen, wie Guido Kunze nicht aufhört zu strampeln – auch nicht bei dünner Luft in 3000 Metern Höhe, um die Anden zu überqueren.
Kakaostückchen mit ins Müsli
Nach dem Film und einer Fragerunde gab es für alle noch kleine Kakaokostproben. Die gab es von Juan Salinas Manrique, dem Ehemann der Honorarkonsulin. In seiner Firma handelt er mit Biokakao. Extremsportler Guido Kunze schwört auf die kleinen Kakaostückchen, die sogenannten Nibs: „Ich weiche mir abends schon immer mein Müsli für den Morgen ein. Bevor ich es esse, streue ich einige Nibs mit rein, das macht es dann wieder etwas knusprig.“ Kunze möchte gern, dass die Dokumentation auch in Ecuador und in Kolumbien gezeigt wird. Eine spanische Version gebe es schon.
Doch am Sonntagmittag war erstmal wieder Radfahren angesagt. Da fuhr Kunze mit allen Interessierten von der Kunsthalle in Richtung Worpswede. Mit seiner Frau Gaby ging es danach wieder in seine Heimat Mühlhausen in Thüringen. Die Bike-it-Initiative, die Bremen als Fahrradstadt vermarktet, hatte zum ersten Mal Kontakt zu Guido Kunze durch seine Deutschlandtour im vergangenen Oktober und hatte ihn nun wieder in die Hansestadt eingeladen. Bestimmt wird es nicht Kunzes letzter Besuch in Bremen gewesen sein.