Die Bremer Frauenbeauftragten fordern eine Reform des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) und bessere Arbeitsbedingungen in ihren Ämtern. Das geht aus einem offenen Brief hervor, den der Arbeitskreis der Bremer Frauenbeauftragten an den Senat und den Bürgerschaftsausschuss zur Gleichstellung der Frau gerichtet hat.
„Unser Ziel ist es, Defizite des LGG aufzudecken und aufzuzeigen, wo es für eine erfolgreiche Umsetzung gestärkt werden muss“, sagt Anne-Katrin Rieke-Broda, eine Vertreterin des Arbeitskreises. Das Gesetz habe nach 28 Jahren erschreckend wenig Wirkung gezeigt, heißt es in dem Brief, der dem WESER-KURIER vorliegt: Das Bewusstsein für die Verantwortung zur Umsetzung des gesetzlichen Auftrags für Gleichberechtigung fehle bei vielen Entscheidern.
Mithilfe des LGG sollen Frauen seit 1990 zugunsten der Gleichstellung der Geschlechter im bremischen Öffentlichen Dienst gefördert werden. Hintergrund ist der Verfassungsauftrag in Artikel drei des Grundgesetzes, wonach die Geschlechter gleichbehandelt werden müssen.
Nun fordern die Frauenbeauftragten eine Verschärfung des LGG: „Die Nichtbeachtung muss Konsequenzen haben“, heißt es in dem Schreiben. Besonders die Rolle der Frauenbeauftragten, die den Vollzug des Gesetzes in Verwaltungsdienststellen fördern sollen, müsse gestärkt werden: „Es ist an vielen Stellen im Öffentlichen Dienst gesellschaftsfähig, sich über Frauenförderungs- und Gleichberechtigungsbelange hinwegzusetzen“, lautet der Vorwurf.
Das sei beispielsweise bei der Stellenbesetzung ein Problem, erklärt Rieke-Broda: Laut LGG müssen bei gleicher Qualifikation weibliche Bewerberinnen vorgezogen werden, um Parität im Öffentlichen Dienst zu erreichen. Werden Frauen bei der Stellenvergabe nicht berücksichtigt, können sie in der Dienststelle Widerspruch einlegen. Diese muss die Beschwerde an die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) weiterleiten, wo die Dienststelle sich für die Entscheidung verantworten muss – so will es das Gesetz. Doch oft, so Rieke-Broda, werde die Beschwerde nicht weitergeleitet und gehe, weil es keine Sanktionen gibt, ins Leere.
Auch von einzelnen Dienststellen abhängig
Wie schlecht es um die Gleichstellung steht, zeigt auch der aktuelle Statusbericht der ZGF: Der Frauenanteil in den unteren Lohnstufen des Öffentlichen Dienstes ist deutlich höher als in anderen Lohnstufen, Führungspositionen sowie traditionell männlich besetzte Berufe beispielsweise bei der Polizei sind außerdem immer noch überwiegend von Männern besetzt.
Ähnlich sah schon der Bericht der Finanzsenatorin zur Umsetzung des LGG, der im September veröffentlicht wurde, aus: Zwar sei im Vergleich zu 2014 im untersuchten Jahr 2016 der Frauenanteil unter allen Beschäftigten auf 58 Prozent gestiegen, aber nur 40,4 Prozent hatten eine Führungsposition inne. Fast unverändert niedrig seien die Frauenanteile beim Personal der Feuerwehr und der Forschung. Bei der Polizei oder dem Strafvollzug machten Frauen im Jahr 2016 gerade mal ein knappes Fünftel der Mitarbeiter aus.
Bettina Wilhelm, Landesfrauenbeauftragte, hält das LGG trotzdem für wirkungsvoll, da der Anteil von Frauen bei Beförderungen oder in Führungspositionen sowie unterschiedlichen Gremien steige, „wenn auch nicht in dem Tempo, wie wir uns das wünschen würden“. Allerdings sei die Wirkung des LGG auch von einzelnen Dienststellen abhängig. Die Unzufriedenheit der Frauenbeauftragten sei berechtigt: „Sie werden häufig mit ihren Aufgaben allein gelassen und bekommen nicht genügend Zeit“, so Wilhelm. Frauenförderung müsse stärker als Führungsaufgabe gesehen werden – allerdings habe genau dort das Engagement nachgelassen.
Wilhelms Vertreterin Bärbel Reimann fügt hinzu: „Es gibt viele Soll- und wenige Muss-Regelungen in dem Gesetz.“ Zudem herrsche nach Jahren guter Entwicklungen inzwischen Stillstand: Besonders in den Führungsriegen habe sich der Frauenanteil seit Jahren nicht verändert, obwohl mit knapp 40 Prozent noch keine Parität erreicht sei. „Es scheint das Gefühl zu geben, damit sei Gleichstellung erreicht“, sagt Reimann. Um die Wirksamkeit des Gesetzes zu überprüfen, hat die ZGF zusammen mit dem Finanzressort und der Arbeitnehmerkammer eine Studie an der Hochschule Bremen in Auftrag gegeben, mit der ein Verbesserungsbedarf untersucht werden soll. Das Ergebnis ist erst im Sommer 2019 zu erwarten.