Die gute Nachricht zuerst: Die Liegewiesen des Vegesacker Fritz-Piaskowski-Bades können die Badegäste auch im kommenden Sommer nutzen und Pommes und Eis der Gastronomie im Freien genießen. Darüber hinaus aber sind die Aussichten für den Freibadbereich in diesem Jahr nicht sonderlich sonnig. Ohne weitere Umschweife: „Wir können das Außenbecken in diesem Sommer nicht zur Nutzung freigeben.“ Das sagt Martina Baden als Geschäftsführerin der Bremer Bädergesellschaft.
Es sind so tief greifende Schäden am Becken festgestellt worden, dass die Sicherheit der Badegäste nicht gewährleistet werden kann. Und eine schnelle Reparatur noch vor der Saison sei aufgrund des Ausmaßes nicht möglich. Erst 2016 war das Freibad wegen umfangreicher Sanierungen am Hallenbad-Gebäude geschlossen.
Hygienestandards können nicht gehalten werden
Betriebsleiter Jochen Ralle erklärt das Drama: Das über den Herbst naturgemäß mit Regenwasser und Laub halb gefüllte Becken weist auf dem Fliesenboden einige seltsam helle Bereiche auf. „Da kommt von unten das Grundwasser durch. Das führt dazu, dass wir die Mikrobiologie im Wasser nicht mehr halten können.“ Und damit auch nicht die vom Gesundheitsamt festgelegten Hygienestandards. Schwerer noch wiegt, dass das Problem nicht mal eben schnell behoben werden kann.
Während der vergangenen Saison schon fielen der Bädergesellschaft diverse Schäden an einigen Becken und Anlagen auf. Im Herbst angesetzte Probebohrungen am Grund des Außenbeckens brachten die Bestätigung: Die Betonwanne aus dem Baujahr 1963 hat offenkundig Risse bekommen, durch die das Grundwasser nach oben drückt. „Damals hat man noch keinen wasserundurchlässigen Beton verbaut“, ahnt Uwe Siefke, der technische Leiter im Bad. „Und jetzt ist der höchstwahrscheinlich teilweise wie Sand.“ Folglich durchdringt das Grundwasser den darauf liegenden Estrich und unterspült die Fliesen.
Nun wären lose Fliesen an sich kein Grund, das Becken zu schließen. „Das ist für ein Schwimmbad normal, dass sich immer mal wieder Fliesen lösen.“ Nicht aber in dieser Menge. Über weite Fläche liegen sie hohl, würden beim Drauftreten leicht zerbrechen und könnten böse Schnittverletzungen verursachen. Und weil der marode Untergrund nicht mehr tragfähig ist, „müssen wir ganz nach unten gehen“, so Siefke. Also alles raus. „Und dann ist noch die Frage, ob der Beton zu retten ist.“
Damit ist erstens klar, dass für die Sanierung des Beckens eine große Summe erforderlich sein wird. Zweitens hat diese Maßnahme höchste Dringlichkeit. Das steht auch in dem Gutachten, das – 2017 im Auftrag der Bremer Bädergesellschaft für alle Bäder im Stadtgebiet erstellt – darlegt, welche Maßnahmen kurz-, mittel-, und langfristig anstehen, um veraltete Technik und Strukturen zeitgemäßen Erfordernissen anzupassen. Da ist das Außenbecken nur ein Posten unter vielen.
„Das ganze Becken muss raus“
Der Zustand des Lehrschwimmbeckens im Gebäude etwa erwies sich als so unhaltbar, dass die Reparatur keinerlei Verzögerung mehr duldet. Wobei Reparatur den Sachverhalt nicht richtig trifft. „Das ganze Becken muss raus“, erklärt Uwe Siefke. Die Stahlwanne hat sich über die Jahre durch Abnutzung und auch durch Chlor-Einwirkung verdünnt, sodass inzwischen winzige Löcher das Badewasser bis in die Betonwanne eindringen lassen.
Das Becken muss komplett herausgesägt werden. Und weil dabei zwangsläufig viele Fliesen zu Bruch gehen werden, sollen und müssen auch Böden und Wände im gesamten Bereich bis hin zum Bademeisterhäuschen saniert werden. Diese Maßnahme ist bereits auf den Weg gebracht. „Wir haben dafür ein Zeitfenster vom 2. Mai bis zum 8. August eingeplant.“ Alle Vereine und Schulen, die das Becken nutzen, sind informiert und Ausweichmöglichkeiten auf andere Becken weitgehend ausgehandelt. Der Badebetrieb im weiteren Hallenbad soll – abgegrenzt durch Staubschutzwände – möglichst unbeeinträchtigt weitergehen.
„Insgesamt wird es hier in die Millionen gehen“, schätzt Martina Baden. Zu den kurzfristig erforderlichen Maßnahmen zählen beispielsweise auch noch Dachreparaturen, die Sanierung der Lüftungskanäle, der Austausch defekter Elemente der Schwimmbadtechnik, die Untersuchung des Hauptbeckens und mehr.
Nach 2016 eine erneute Schließung? „Einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte es kaum geben können. Aber das haben wir uns nicht ausgesucht.“ Die Lokalpolitik ist diesmal frühzeitig informiert worden. „Im ersten Moment bin ich schockiert gewesen, als ich hörte, dass das Freibad im Sommer nicht öffnet“, erinnert sich der Vegesacker Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt an seine erste Reaktion. Aber dann habe er sich bemüht, sich auf die positiven Aspekte zu konzentrieren. „Das kann man auch als Chance begreifen.“ Man dürfe nicht vergessen, dass das Vegesacker Freibad im Großen und Ganzen noch ganz genauso aussehe, „wie damals, als ich hier als Kind hergekommen bin.“
Da der Charme der 60er-Jahre inzwischen kaum mehr die offenkundigen Mängel aufwiegen kann, hat die Bädergesellschaft denn auch beschlossen, „wenn wir schon so viel Geld für große Maßnahmen ausgeben müssen, dann sollten wir die Anlage auch grundsätzlich überdenken“. Längerfristig ist etwa die Barrierefreiheit noch zu verbessern. Und insgesamt wäre eine Anpassung der Anlage an neueres Freizeitverhalten und moderne Trends wünschenswert.
Ein neues Konzept soll entstehen
Mit Unterstützung eines Planungsbüros und im Austausch mit Beirat, Behörden und Bevölkerung soll ein Konzept entstehen, das „Sanierung und Attraktivierung“, wie Martina Baden es nennt, in einem Rutsch zusammenfasst, „damit das Kombibad einen tollen Charakter für die Zukunft bekommt“. Solange sollen keine weiteren größeren Maßnahmen vorgezogen werden, die nicht für die Sicherheit der Badegäste unabdingbar sind. Schließlich bleibt auch noch die Finanzierung auf die Beine zu stellen. „Die Bädergesellschaft kann die erforderliche Summe nicht aus sich heraus aufbringen. Da müssen wir auf die Stadt als Trägerin zugehen und um Unterstützung werben.“ Bis Konzept und Finanzierung durch sind, bleibt das Außenbecken gesperrt.
Es soll auf jeden Fall eine Bürgerbeteiligung geben, die Bevölkerung nach ihren kühnsten Wünschen für ein tolles Freibad befragt werden. Ob Kletterwände, Riesenrutschen, Sprunganlagen – „es gibt keine Denkverbote“, sagt Martina Baden. „Was umgesetzt werden kann, bleibt natürlich
am Ende eine Frage, ob es finanziell und
baulich möglich ist.“ „Auch wenn wir zurzeit alle das Gefühl haben, ständig mit
‚nem Blauhelm unterwegs zu sein“, versucht es Martina Baden mit Humor, „wollen wir unsere Badegäste nicht aus dem Auge verlieren und das Schwimmen nicht vergessen.“
Für den Sommer gebe es das Blumenthaler Freibad als Alternative. Woraufhin Heiko Dornstedt rasch klarstellt: „Wir haben schon das Heidbergbad schließen müssen. Wir werden im Beirat beschließen, dass das Vegesacker Freibad schnellstmöglich wieder geöffnet werden muss.“
Beirat Vegesack
Das Freizeitbad und seine Zukunft stehen auf der Tagesordnung der nächsten Beiratssitzung in Vegesack. Sie findet am Donnerstag, 12. April, um 18.30 Uhr im Stadthaus am Sedanplatz statt.