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Finanzierungslücke in Bremen Warum Frischeküchen in den evangelischen Kitas das Aus droht

In Bremen droht das Aus für Frischeküchen in evangelischen Kitas. Rund 4500 Kinder könnten bald auf frisch gekochtes Mittagessen verzichten müssen. Eine Petition soll das verhindern.
05.03.2025, 15:12 Uhr
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Warum Frischeküchen in den evangelischen Kitas das Aus droht
Von Lisa Duncan

Ein frisch gekochtes Mittagessen könnte für rund 4500 Kinder in den Kitas der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) bald der Vergangenheit angehören. Wegen einer Finanzierungslücke müsse das Angebot der Vollküchen, die es derzeit an 40 von 65 Einrichtungen des kirchlichen Trägers gibt, reduziert oder gänzlich eingestellt werden, schreibt die BEK in einer Ende Februar versendeten E-Mail an die Elternschaft: "Die Senatorin für Kinder und Bildung hat uns mitgeteilt, dass die seit vielen Jahren mit der BEK vereinbarte Finanzierungspraxis zum Betrieb der Vollküchen mit eigenem Fachpersonal nicht mehr Bestand hat." Um Geld zu sparen, will die BEK den Betrieb der Vollküchen einstellen und das Essen stattdessen von externen Großküchen liefern lassen. An wenigen Standorten sei das schon jetzt der Fall.

Für die Verpflegung in den Kitas erhielt die Landeskirche von der Stadt bislang Zuwendungen, die den Aufwand für Personal und Sachleistungen in den Küchen abdecken soll, sagt Carsten Schlepper, Leiter des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen. Für die Mittagsverpflegung betrage die Pauschale 5,10 Euro pro Portion. In der Vergangenheit habe die BEK wegen tarifbedingter Steigerungen für das eigene Personal in der Hauswirtschaft zusätzlich Gelder beantragt, die das Bildungsressort auch übernahm. Durch den Wegfall der Zahlungen bleibe die BEK auf einem Fehlbetrag von 660.000 Euro im laufenden Jahr sitzen.

Wie das Bildungsressort auf Nachfrage mitteilt, seien die Zuwendungen nicht gekürzt, "sondern entsprechend der Preisentwicklung der letzten Jahre angehoben" worden. Demnach habe die BEK ab 2023 insgesamt 12,1 Prozent mehr für Sachkosten, größtenteils für Personal- und Materialkosten für das Mittagessen, erhalten. "Ein zusätzlicher Tarifausgleich für Küchenkräfte ist aufgrund dieser Anpassung nicht notwendig", sagt Patricia Brandt, Sprecherin des Bildungsressorts. "Wir wollen aber weiterhin mit der BEK im Dialog bleiben und den Träger dabei unterstützen, Lösungen für eine effizientere Struktur zu finden", so Brandt.

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Kathrin Adler, eine betroffene Mutter, will Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) einen Brandbrief überreichen. Parallel dazu hat sie eine Petition ins Leben gerufen, die seit Dienstag online ist und knapp 1300-mal unterzeichnet wurde. "Mich ärgert, dass die Familien damit überrollt werden", sagt sie. Viele hatten sich bei der Anmeldung für das Kitajahr explizit für eine Kita entschieden, weil sie gesunde, frische Mahlzeiten anbiete. Dies sei bei einer sofortigen Streichung des Angebots nicht mehr gegeben. "Der Verpflegung kommt auch aus gesundheitlicher Sicht ein hoher Stellenwert zu, der über die reine Sättigung hinausgeht", heißt es in der Petition. "Umso wichtiger ist die Sicherstellung einer guten Qualität der Verpflegung einhergehend mit dem direkten Austausch zwischen pädagogischen sowie hauswirtschaftlichen Fachkräften und Kita-Leitung als multiprofessionellem Team und nicht zuletzt mit den Kindern selber."

Frische Mahlzeiten hätten auch einen pädagogischen Wert: Die Kinder könnten sehen, wie das Essen zubereitet werde. Hier werde in Bremen mit zweierlei Maß gemessen, denn in den Einrichtungen von Kita Bremen als städtischem Eigenbetrieb werde zunehmend frisch gekocht. Kita Bremen habe beispielsweise in der Kita Burgdamm ein Fenster zwischen Speiseraum und Küche einbauen lassen. "Das ist Ernährungserziehung vor Ort", so Adler.

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Zudem habe Adler vor dem Hintergrund, dass die Kita-Betreuung aufgrund von Fachkräftemangel an vielen Stellen unzureichend sei, kein Verständnis dafür, dass beim Mittagessen Standards abgesenkt werden sollen. "Hier funktioniert mal etwas. Muss man etwas Funktionierendes zerstören?" Laut Carsten Schlepper wären 150 Personen von der Streichung des Angebots betroffen, darunter etwa 100 Fachkräfte Köche, Hauswirtschaftsleitungen und 50 Küchenhilfen. Strukturveränderungen bräuchten verlässliche Absprachen und Zeit. „Von heute auf morgen kann man gut funktionierende Standards und Strukturen nicht einfach über den Haufen werfen“, sagt er.

Die Stadt Bremen hat sich 2018 mit dem "Aktionsplan 2025" selbst verpflichtet, die Gemeinschaftsverpflegung schrittweise auf bis zu 100 Prozent biologische und möglichst regionale Produkte umzustellen. Konkret auf Kitas bezogen, heißt es dort, man wolle die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für die Verpflegung in allen Kitas einführen. Auch Carsten Schlepper hält die Abschaffung der Vollküchen für den falschen Weg: „Wir sollten nicht an der Ernährungsqualität für die Kleinsten sparen, denn das hat hohe gesundheitliche Folgekosten und ist in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Spaltung das falsche Signal."

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