Ein kleines Stückchen Garten hatte sich Elka Pralle gewünscht – nun hat sie es bekommen. Die Rentnerin aus dem Steintor ist eine von zwei festen Anwärtern der neuen Gemeinschaftsparzelle auf dem Gelände der Gartenfreunde Tannenberg. Insgesamt ist die Parzelle in fünf Flächen aufgeteilt – die kleinste misst 50, die größte 100 Quadratmeter.
Was Pralle hier dereinst anpflanzen wird, kann sie noch nicht genau sagen. „Wahrscheinlich ein bisschen pflegeleichtes Gemüse, wie Kartoffeln, Bohnen und Zucchini – und ein paar Blumen“, erzählt sie. Zehn Jahre lang habe sie bei Freunden ein Stückchen von deren Kleingarten mitgenutzt, doch diese Option habe sie nun nicht mehr. „Eine ganze Parzelle für mich allein wäre mir auf jeden Fall zu viel gewesen – deshalb kam das Angebot von Annerose Dresch genau im richtigen Moment“, sagt sie.
Dresch ist ehrenamtliche Fachberaterin bei den Gartenfreunden Tannenberg und hat das Projekt Gemeinschaftsparzelle mit ins Leben gerufen. Das sei zunächst etwas aus der Not heraus entstanden, sagt sie. „Die Parzelle war schwierig zu verpachten, da dort eine Hütte steht, bei der zum Teil Asbest verbaut wurde“, erzählt sie. Da deren Abriss aufwendig und teuer wäre, sei man im Verein übereingekommen, die Hütte als Lagerraum zu nutzen und die Grünfläche an mehrere Nutzer zu vermieten. „Pächter bleibt dabei der Gartenverein“, betont Dresch. An die künftigen Nutzer werde quasi untervermietet. Der Jahresbeitrag für die fünf Flächen sei dabei nahezu identisch, da deren Größe bei der Berechnung kaum ins Gewicht falle. „Sie liegen alle unter 100 Euro pro Jahr“, so Dresch.
In der kommenden Woche soll es ein erstes gemeinsames Treffen aller Interessenten vor Ort geben, um einen Eindruck von den Flächen zu bekommen und auch davon, was hier vor dem Wintereinbruch noch alles zu tun ist. „In erster Linie müssen die Flächen wieder urbar gemacht werden“, sagt Dresch. Das heiße im Klartext: umgraben.
Inwieweit aus dem nebeneinander Gärtnern irgendwann ein gemeinsames Gärtnern wird, bleibt den zukünftigen Nutzern der Parzelle überlassen. „Wir bieten nur die Fläche an – was sich daraus entwickelt, müssen die Beteiligten selbst entscheiden“, sagt Dresch. Grundsätzlich bestünde die Möglichkeit, gemeinsam ein Gewächshaus, eine überdachte Sitzecke und eine kleine Gemeinschaftswiese auf dem Gelände anzulegen, wenn es denn von allen gewollt sei.
Bis das Projekt Gemeinschaftsparzelle in Gang gekommen ist, wird Dresch es regelmäßig begleiten. „Der Plan ist allerdings, dass ich mich dann irgendwann zurückziehe“, sagt sie. Bei Bedarf bleibe sie den Nutzern freilich als Ansprechpartnerin erhalten.
Die asbesthaltige Hütte war nicht der einzige Grund, auf dem Gelände der Gartenfreunde Tannenberg eine Gemeinschaftsparzelle einzurichten. „Die Idee hatte ich schon länger“, sagt Dresch. Die kleinen Flächen seien eine gute Gelegenheit für Anfänger, zunächst einmal in überschaubarem Rahmen auszuprobieren, ob Gärtnern tatsächlich das Wahre für sie sei, erklärt die 66-Jährige. Aber auch für passionierte Gärtner mit zu wenig Zeit, um eine ganze Parzelle alleine zu beackern, sei die Gemeinschaftsparzelle eine gute Alternative. Generell sei die Zeit, die man für den Gemüseanbau aufwenden müsse, nicht zu unterschätzen, betont Dresch. Denn darauf, dass in den rund 200 Tannenberg-Parzellen mindestens ein Drittel der Fläche den Nutzpflanzen vorbehalten bleibe, achte der Vorstand genau, „So sieht es die Gartenordnung vor“, erklärt sie.
Die Altersstruktur derer, die sich für eine Parzelle auf dem Kleingartengelände zwischen Ostpreußischer Straße, Konrad-Adenauer-Allee und Tannenbergstraße bewerben, hat sich laut der Fachberaterin in den vergangenen Jahren deutlich verjüngt. Familien, aber auch junge Paare hätten das Gärtnern verstärkt für sich entdeckt, weshalb die Altersspannweite inzwischen von 22 bis 97 Jahre reiche. „Wir achten aber sehr genau darauf, dass hier weiterhin alle Altersgruppen zum Zuge kommen“, betont Dresch. Die frühere Heilpädagogin gärtnert selbst seit 30 Jahren in ihrer Parzelle und hat sich in dieser Zeit beim Landesverband zur Fachberaterin ausbilden lassen.
Was die unterschiedlichen Generationen im Kleingartenverein Tannenberg aktuell besonders eint, ist die verstärkte Nutzung ihrer Parzellen, erzählt Dresch. Angesichts der Corona-Pandemie sei auf dem Areal in den vergangenen Monaten deutlich mehr Betrieb gewesen als gewohnt. „Manche Familien sind täglich hier“, berichtet sie. Auch für Elka Pralle zählten die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu den Gründen, sich für die Gemeinschaftsparzelle zu bewerben. „In diesen Zeiten ist ein Rückzugsort unter freiem Himmel viel wert“, sagt sie. Nun bleibe abzuwarten, wie sich die künftige Parzellen-Gemeinschaft entwickle – und vertrage. Dass das Miteinander hier und da auch mal schwierig werden könnte, sei ihr bewusst. „Das müssen wir einfach ausprobieren.“
Weitere Informationen
Wer Interesse an einer Fläche der Gemeinschaftsparzelle hat, kann sich telefonisch unter 72401 oder per E-Mail unter annerose.dresch@t-online.de bei Annerose Dresch melden.
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