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Bremen-Nord Gedenkstätte am U-Boot-Bunker "Valentin" eröffnet

Bremen. Europas zweitgrößter überirdischer Bunker "Valentin" in Bremen ist am Sonntag als Gedenkstätte eingeweiht worden. In den nächsten fünf Jahren soll ein Rundweg mit Informationstafeln um den 426 Meter langen Koloss entstehen.
08.05.2011, 16:37 Uhr
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Bremen. Vor 66 Jahren endete für Harry Callan die Zeit der Grausamkeit, Sklaverei und Qual. Auf der Baustelle für den U-Boot-Bunker "Valentin" schufteten er und tausende Zwangsarbeiter bis an die Grenzen ihrer Kraft. Mehr als 1300 verhungerten, starben vor Erschöpfung oder wurden hingerichtet. Der irische Seemann Callan hatte Glück und überlebte. Am Sonntag kehrte er an den Schauplatz seines Leids zurück. Als Gedenkstätte soll der Bunker künftig an Callans Schicksal und das vieler anderer erinnern.

"Wir wurden gehalten wie die Tiere", erzählt der 87-Jährige. "Wir wurden gefüttert, bekamen Wasser und mussten arbeiten, bis zum Umfallen." Als 17-Jähriger war er in deutsche Gefangenschaft geraten. 1943 begannen die Nazis mit dem Bau der U-Boot-Werft "Valentin" im Norden von Bremen - ein Projekt von gigantischem Ausmaßen: 426 Meter lang, 97 Meter breit und bis zu 33 Meter hoch, Europas zweitgrößter überirdischer Bunker. Durchschnittlich 10 000 Menschen arbeiteten Tag und Nacht auf der vier Quadratkilometer großen Baustelle, Callan war von Anfang an dabei.

In Lagern rund um den Bunker lebten die Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangenen, die auf der Baustelle die Knochenjobs erledigen mussten. "Die Zustände waren unerträglich. Um 4.00 Uhr morgens bekamen wir eine kleine Suppe, dann mussten wir mehrere Kilometer zu der Baustelle marschieren", erinnert sich Callan. 14 Stunden dauerte der Arbeitstag, als Mittagessen gab es trockenes Brot und etwas Wasser, abends erneut eine dünne Suppe.

Eineinhalb Jahre hielt der junge Mann das durch, dann wurde er krank - was sich später als Glück erwies. Der Lagerarzt ließ ihn bei sich im Garten arbeiten und versorgte ihn mit Essen. Im März 1945 bombardierten britische Truppen den noch nicht ganz fertiggestellten Bunker, die Nazis gaben die Baustelle auf. Callan wurde schließlich von den Alliierten befreit. Obwohl es dem hageren Mann immer noch schwer fällt über die Erlebnisse während dieser Zeit zu sprechen, freut er sich, dass der Bunker nun Gedenkstätte wird.

3,8 Millionen Euro geben Bund und Land für das Projekt, das die Landeszentrale für politische Bildung in den nächsten fünf Jahren umsetzen will. "Der gigantische Rüstungswahn des Nationalsozialismus und der gnadenlose Einsatz von Menschenleben zu seiner Realisierung sind die Themen, denen der "Denkort Bunker Valentin" gerecht werden muss", sagt Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bei der feierlichen Eröffnung.

Dabei sind nach Ansicht von Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) vor allem zwei Herausforderungen zu meistern: Wie geht man mit der Faszination um, die das monströse Bauwerk unwillkürlich ausstrahlt? Wie bleiben die Einzelschicksale angesichts der schieren Masse an Zwangsarbeitern sichtbar?

Am Dienstag sollen die ersten Führungen auf dem Gelände starten, allerdings erstmal nur für angemeldete Gruppen. Erst wenn ein Pfad in sicherem Abstand zur bröckeligen Fassade des betagten Bauwerks abgesteckt ist, sollen Besucher den Bunker auf eigene Faust erkunden können. Stelen entlang eines Rundwegs sollen später über die Entstehung von "Valentin" und die katastrophalen Zustände in den Lagern um die Baustelle informieren.

Dadurch sollen auch die kaum noch sichtbaren Spuren neben dem Koloss wieder in den Vordergrund rücken. Das Zementwerk, die kilometerlangen Schienenstränge, die nahe gelegene Außenstelle vom KZ Neuengamme und viele andere Schauplätze sind inzwischen verfallen und von der Natur überwuchert. Eine interaktive Ausstellung im Innern soll außerdem Zeitzeugen zu Wort kommen lassen, die Geschichte des Bunkers von seiner Planung bis heute erzählen und die Rüstungspolitik im Dritten Reich beleuchten.  ( dpa)

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