In den Stufen an der Schlachte oder an der Treppe zwischen Wilhelm-Kaisen-Brücke und Weserarkaden: Das sind die beiden möglichen Standorte für das seit mehr als fünf Jahren geplante Mahnmal zur Erinnerung an den Raub jüdischen Eigentums während der Herrschaft der Nationalsozialisten. Angedacht gewesen war als Kompromiss nach langen Diskussionen ursprünglich die Schlachte. Im Frühjahr 2019 hatten dann die Mahnmal-Initiatoren um Henning Bleyl öffentlich um die Prüfung des zweiten Standorts als Alternative gebeten, Kulturdeputation und Senat vor rund anderthalb Jahren grünes Licht dafür gegeben. Inzwischen liegt ein Gutachten zu beiden Varianten vor. Diesen Donnerstag ist es eines der Themen in der Deputation.
Aufgrund des Gutachtens kommt das Kulturressort zu dem Schluss, dass aus baulicher Sicht grundsätzlich beide Standorte für das Mahnmal geeignet wären. Am Stufen-Standort in der Nähe der belebten Schlachte verweilten regelmäßig viele Menschen, heißt es in der Vorlage für die Deputierten, wohingegen der Standort an der Wilhelm-Kaisen-Brücke auf den "Effekt des Vorbeigehens" setze und durch die Fenster in der Wand der Treppennische Aufmerksamkeit erzeuge.
Das Mahnmal selbst soll nach einem Entwurf von Künstlerin Evin Oettingshausen gebaut werden. Es wird in den Stein eingelassener leerer Raum sein, der von oben und seitlich einsehbar ist. Farbschattierungen an den Wänden sollen auf das geraubte Mobiliar verweisen. Geplant ist auch eine Tafel mit Hinweisen zu Bremens Rolle bei der Logistik des Abtransports von Möbeln von Juden. Weil daran nach Recherchen von Historikern auch das Unternehmen Kühne + Nagel federführend beteiligt war, sollte das Mahnmal ursprünglich am Stammsitz der Firma gebaut werden. Diese Idee konnten die Initiatoren aber nicht durchsetzen.
Einen Unterschied zwischen den beiden möglichen Standorten macht die Kostenfrage aus. An der Schlachte würde nur das Kunstwerk alleine rund 590.000 Euro kosten, würde noch eine barrierefreie Rampe hinzukommen, wären es insgesamt rund 830.000 Euro. Zusätzlich könnten sich noch Ausgaben für die Verlegung der öffentlichen Toilette ergeben, die sich momentan auf dem oberen Schlachte-Boulevard befindet. Die Variante im Treppenabgang in der Nähe der Arkaden wäre weitaus günstiger. Die bauliche Prüfung durch das Architekturbüro Polyplan Kreikenbaum hat ergeben, dass der Bau des Mahnmals dort rund 440.000 Euro kosten würde.
Für den Arkaden-Standort hatte sich unabhängig von den Kosten neben anderen auch die Künstlerin ausgesprochen. Ihr zufolge ist der Vorteil dort: Der Sichtschacht als zentrales Element käme mit rund sechs Metern Tiefe der Ursprungsidee weitaus näher als an der Schlachte (mögliche Tiefe rund drei Meter).
Aus Sicht von Kai Wargalla, Vorsitzende der Kulturdeputation, hat sich die Prüfung der zweiten Standort-Variante nun im Nachhinein als richtig erwiesen – trotz des zeitlichen Verzugs von rund einem Jahr, den sie bedeute. Bei der Entscheidung, welcher Ort der geeignetere sei, dürfe nicht alleine die Frage der Kosten im Vordergrund stehen, sagte sie. "Genauso entscheidend sind die künstlerischen und erinnerungspolitischen Aspekte." Finanziell darstellbar seien beide Möglichkeiten, das Geld im Kulturhaushalt eingeplant.
Über den Standort und den Bau des Mahnmals entscheiden werden letztlich der Beirat Mitte/Östliche Vorstadt und der Senat – jedoch nicht mehr vor der Sommerpause. Unbedingt in die Überlegungen mit einbezogen werden soll auch das Votum der Jüdischen Gemeinde. Ein Gespräch mit Bürgermeister und Kultursenator Andreas Bovenschulte (SPD) war laut Grigori Pantijelew, stellvertretender Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, für Mittwochabend geplant. Die nun vorliegenden Informationen seien aus Sicht der Jüdischen Gemeinde noch zu unvollständig, um sich für eine der Alternativen abschließend zu positionieren. "Wir sind außerdem nicht ganz glücklich mit der Informationspolitik des Ressorts.", sagte er. "Insgesamt unterstützen wir das Vorhaben und die Arbeit der Kulturdeputation dafür aber weiterhin."