Die massiven Gebäude wirken ja auch schon von außen wie eine Trutzburg. Abweisend. Wer dort nicht arbeitet oder sonst eine Verbindung zu den Bewohnern der Grohner Düne hat, traut sich nicht mal in die Nähe.
Die Mehrzahl der Menschen, die dort wohnen, ist aber nicht kriminell. Diese Bewohner sind nicht in den Schlagzeilen. Sie fallen nicht auf, aber sie müssen den schlechten Ruf der Grohner Düne ausbaden. Die gilt schon eine ganze Weile als sozialer Brennpunkt und wurde, so heißt es im Integrierten Entwicklungskonzept für die Grohner Düne, „sukzessive zum Sammelbecken benachteiligter Bevölkerungsgruppen“.
Darum wurde von der Politik, von Behörden, Institutionen, Einrichtungen und Vereinen in den vergangenen Monaten viel unternommen, um die Lebensverhältnisse der Bewohner zu verbessern, um Grundlagen zu legen für Bildung, um zu verhindern, dass auch aus den Kindern später einmal die Menschen werden, die negative Schlagzeilen verursachen. Es gibt viel Engagement, viele lohnende Ansätze.
Erziehung und Zuwendung
Zum Beispiel engagiert sich das SOS-Kinderdorf hier mit einem pädagogischen Mittagstisch. Die Kinder erhalten aber nicht nur ein Mittagessen. Sie bekommen all das, was oft zu Hause fehlt: Erziehung, Hilfe bei den Hausaufgaben, Zuwendung. Als neuer Treffpunkt, hauptsächlich für Mütter, ist auch der geplante neue Secondhand-Laden für Kinderkleidung und Spielzeug gedacht. Zudem will das SOS-Kinderdorf Mutter- beziehungsweise Eltern-Kind-Spielkreise organisieren.
Auch das Arbeit- und Lernzentrum und andere Träger haben Angebote in der Grohner Düne. Es gibt zum Beispiel die Kreativwerkstatt und das Café im Quartierstreff Dünenwind. Die gemeinnützige GmbH Effect betreut Roma-Frauen und hilft Kindern bei den Hausaufgaben. Horthaus, Spielhaus, Schule Am Wasser sind aktiv in die Kinder- und Jugendarbeit eingebunden, Streetworker der Caritas ebenfalls. Seit Kurzem auch der Verein Kindertraum, deren Mitglieder sich ehrenamtlich um die Kinder der Grohner Düne kümmern.
Angeboten werden Projekte, Integrations- und Sprachkurse. Im Quartierstreff sind alle möglichen Gruppen anzutreffen, die hier aktiv sind, auch der „Täter-und-Opfer Ausgleich“ hat in der Düne sein Büro. Die Auflistung könnte noch viel länger sein. All das ist genau der richtige Weg, um an die Wurzeln von Gewalt und Kriminalität heranzugehen. Die liegen unter anderem in fehlender Bildung, Armut, schlechten Vorbildern, keinerlei Erziehung, Vernachlässigung, Ausgrenzung – auch diese Liste könnte noch verlängert werden.
Natürlich kennen die Mitglieder des Netzwerkes, das sich für die Grohner Düne entwickelt hat, sich untereinander und die Aktivitäten der anderen. Doch außerhalb der Dünenmauern ist von all dem wenig zu hören. Sogar der neue Sozialarbeiter, der seit Januar für den Immobilienkonzern Grand City Property in der Düne beschäftigt ist, zeigte sich verblüfft über das große Engagement. Auch er hat Kommunikationsprobleme festgestellt. Bei Bewohnern zum Beispiel seien viele Angebote gar nicht bekannt. Nebenbei erwähnt: Es ist schon etwas Besonderes, dass ein Immobilienkonzern einen Sozialarbeiter anstellt, der sich um die Verbesserung der Lebensbedingungen der Mieter kümmern soll.
Veränderungen in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen
Die Öffentlichkeit erfährt aber nur vereinzelt von diesen Veränderungen. Ein Wandel zum Guten wird so von Außenstehenden nicht wahrgenommen. Es bleiben nur die negativen Schlagzeilen im Gedächtnis hängen.
Was ebenfalls fehlt, ist die Einbeziehung von Menschen, die nicht in der Grohner Düne wohnen, bei Veranstaltungen oder anderen Angeboten. Oft wird nicht einmal bekannt, dass überhaupt etwas in dieser Art stattfindet. Das ist aber wichtig. Die Außenwelt sollte teilnehmen können. Die Grohner Düne sollte sich dem Stadtteil öffnen.
Es ist daher von großer Bedeutung, dass nach langer Vakanz der Stelle nun wieder eine neue Quartiersmanagerin für die Grohner zuständig ist – von offizieller Seite wurde sie übrigens nicht vorgestellt. Sie sollte nicht nur Projekte entwickeln, sondern auch die Außenwelt darüber informieren und bei Veranstaltungen, wenn es möglich ist, sogar einbeziehen. Sie sollte auch die Arbeit der vielen unterschiedlichen Gruppen, Einrichtungen, des Arbeitskreises Grohn und der Behörden transparenter machen.
Dadurch wird zwar aus dem sozialen Brennpunkt kein Paradies. Es wäre aber möglicherweise ein Anfang, dieses als Fremdkörper wahrgenommene Wohngebiet und seine Bewohner kennenzulernen. Was man nicht kennt, macht Angst. Ein vertrauterer Umgang mit diesem aufgrund seiner vielen Bewohner eigenen Ortsteil im Ortsteil Grohn wäre vielleicht der erste Schritt zu weiteren Verbesserungen.
Warum holt man nicht die Nachbarschaft oder überhaupt Nordbremer in die Düne? Im Jahr 2015 gab es einen wunderbaren Ansatz. Das Jugendsinfonieorchester Bremen-Nord hatte im Innenhof der Grohner Düne ein Konzert mit syrischen Gastmusikern gegeben. Damals kamen Menschen in die Grohner Düne, die sonst niemals auf die Idee gekommen wären. Ein kunterbunt gemischtes Publikum saß damals zusammen und lauschte der Musik.
Eine Dünenbewohnerin regte damals an, regelmäßig Konzerte zu veranstalten. Diese Idee könnte aufgegriffen werden. Wie wäre es mit anderen Veranstaltungen wie „Kino in der Düne“, „Theater in der Düne“ oder „Rudelsingen in der Düne“? Es gibt so viele Möglichkeiten und ja auch schon zarte Pflänzchen, die weiterentwickelt werden könnten, wie das Ponyreiten für Kinder (SOS-Kinderdorf) oder das Sommerfest der Düneneigentümerin im August – nicht nur für Bewohner.