Am Freitag, den 13., wird gefeiert: Alle Findorffer sind ab 14.30 Uhr an der Herbststraße willkommen. Kinder werden singen und Theater spielen, es gibt Kuchen, Grillwürstchen und Selbstgebasteltes zu kaufen. Im Verein „Familien in Findorff“ – kurz: „Fif“ – ist man offenkundig nicht abergläubisch, aber ein spezielles Datum ist es schon: Mit dem Herbststraßenfest begeht der Verein sein 25-jähriges Bestehen.
Und Findorffer aller Generationen freuen sich, dass es so etwas im Stadtteil gibt. Da fragen sich viele: Wer hätte vor einem Vierteljahrhundert gedacht, dass sich aus einem etwas misstrauisch beäugten Eckladen einmal eine wichtige Institution entwickeln würde? Ein Arbeitgeber für 30 Mitarbeiter, eine Betreuungseinrichtung für über 100 Kinder, ein Ort für Kurse, zum Lernen und um Rat und Hilfe zu finden? Geplant war das nicht, ist aber erklärbar: Die „Fif“ sei mit der Zeit und mit dem gesellschaftlichen Wandel gewachsen und groß geworden, sagen Susanne Ohlrogge-Hauser und Ulrike Schönig, die beiden Geschäftsführerinnen, die seit 20 Jahren für den Findorffer Verein arbeiten.
Den Laden, in dem im Jahr 1990 alles an der Ecke Herbststraße/Lohmannstraße begann, nutzt der Verein immer noch, aber im Laufe der Jahre kamen immer mehr dazu. In mittlerweile sechs Standorte an Hemmstraße ist „Fif“ nach und nach eingezogen, mit Kindergruppen, Kursräumen, Café, Büro und Hort. „Eigentlich könnte man die Herbststraße schon ,Fif-Avenue’ nennen“, scherzt Peter Holz, überzeugter „Fif“-Vater und aktiver Mitarbeiter.
Dabei war die Kinderbetreuung ursprünglich nur ein Nebenprodukt. Ende der 1980er-Jahre entstand die Idee, Räume einzurichten, die ausschließlich für Frauen reserviert sein sollten. Aus der „Frauen Initiative Findorff“ wurde der Verein „Frauen in Findorff“, der Informations- und Bildungsangebote bot. Selbsthilfegruppen, ein binationaler Gesprächskreis und eine türkische Frauengruppe bekamen einen Treffpunkt. Kurz danach wurden die ersten Kinderbetreuungsmöglichkeiten eingerichtet – anfangs, um den Frauen die Teilnahme an Angeboten zu erleichtern.
Der Vereinsname hielt sich, bis 2010 ein Teenager den Anstoß zur Umbenennung gab. Damals unterhielt die „Fif“ noch die Horträume an der Regensburger Straße für ältere Schulkinder, erklärt Ulrike Schönig. „Eines Tages erzählte einer der Jungs, wie unpassend er es findet, den Hort bei den ,Frauen in Findorff’ zu besuchen. Das hat uns die Augen geöffnet. In Wirklichkeit arbeiteten wir doch schon längst mit den Familien in Findorff.“ Die beiderseitig kritische Distanz zur Stadtteilpolitik sei längst einem wohlwollenden Miteinander gewichen, berichten die Leiterinnen.
Vor dreieinhalb Jahren bekam die „Fif“ noch einen Ableger an der Theodor-Heuss-Allee und erhöhte die Zahl der Gruppen damit auf neun. Wenn es nach den Findorffer Eltern und „Fif“-Leiterinnen ginge, könnten es mehr sein. Die Nachfrage sei deutlich höher als das Angebot an verfügbaren Plätzen, sagt Ohlrogge-Hauser. Woran das liegt, erklärt Saskia Wöhler. „Wir sind vor vier Jahren nach Findorff gezogen und haben eine familiäre Einrichtung gesucht, in der wir die Kinder nicht nur morgens abgeben und nachmittags wieder abholen“, sagt die Mutter zweier Kleinkinder.
Bei der „Fif“ werde Elternengagement erwünscht und ermutigt, und die Eltern belohnen die Möglichkeit, sich einbringen und „etwas hinterlassen zu können“, wie Ulrike Schönig sagt: Jüngst hätten Eltern ein Wochenende damit verbracht, eine Hochebene für einen Gruppenraum zu bauen. Ein Vater habe kürzlich eigene Logos für die Kindergruppen gestaltet. Peter Holz führt mit den Kindern Kunstprojekte durch, lädt sie zu Atelierbesuchen ein und hat die Wände im Café mit Kunst bestückt.
Auch bei den externen Nutzern, die Kursräume mieten, funktioniert das Beziehungs-Prinzip. Die Britin Sylvia James zum Beispiel, die seit fast 20 Jahren im Haus englische Konversationskurse für Erwachsene anbietet, kommt auch in die Kindergruppen. Und für die Stressbewältigungskurse von Victoria Norton gibt es auch unter Eltern kleiner Kinder Bedarf. „Das ist ein Thema, das immer wichtiger wird in den Familien“, sagt die Pädagogin. Und für Frauen, die sich in einer Trennungssituation zurechtfinden müssen, bietet die Sozialwissenschaftlerin und Mediatorin Ulrike Schönig eine Gruppe an. „Weil die ,Fif“ im Stadtteil so präsent und vertraut ist, war die Hemmschwelle niedrig“, erklärt Teilnehmerin Ulrike Bühlmeier-Ahlfeld. „Mir tut das hier einfach gut.“
Vor Kurzem sah es noch so aus, als ob der Hort an der Herbststraße 99 nach überraschender Kündigung unfreiwillig ausziehen müsste, doch die Räume bleiben dem Verein erhalten. Man habe sich mit dem Vermieter geeinigt, berichten die „Fif“-Leiterinnen. Aber bei all der Aufregung sei vor allem in Erinnerung geblieben: die unglaubliche Solidarität der Findorffer in dieser Zeit. „Bei uns kamen fremde Leute in die Tür, um uns Tipps zu geben, wo wir mal nachfragen könnten“, sagt Ulrike Schönig. „Zu wissen, wie viel wir den Findorffern bedeuten: Das hat uns unheimlich gestärkt.“
Mehr Infos unter www.familien-in-findorff.de.