Ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe, ein völlig ausgebranntes Bremer Traditionskaufhaus, ein leicht verletzter Feuerwehrmann. Und die Ermittler gehen von Brandstiftung aus. Das ist die erste Bilanz nach dem Großfeuer bei Harms am Wall in der Nacht zu Donnerstag.
Mehr noch: Der Geschäftsführer von Harms hat bei der Polizei ausgesagt, er sei vor dem Ausbruch des Feuers Opfer eines Raubüberfalls worden. Das bestätigt Frank Schmitt, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die unbekannten Täter, die nach Aussage des Geschäftsführers Hans Eulenbruch das Kaufhaus überfallen haben, hätten ihn außerdem eingesperrt. Er habe sich aber befreien und retten können, als das Feuer bereits ausgebrochen war und habe dabei auch die Aufzeichnungen der Überwachungskameras mitgenommen.
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Die Aufnahmen würden derzeit von den Ermittlern ausgewertet, sagt Schmitt. Noch sei nicht klar, ob darauf mögliche Tatverdächtige zu sehen sind. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Raub und einer darauffolgenden Brandstiftung. „Der Geschäftsführer schildert uns ein Geschehen, das einen schweren Raub darstellt“, sagt Schmitt. Falls Raub und Brandstiftung zusammenhängen und von denselben Tätern begangen worden sein sollten, müsse man „auch die Frage stellen, ob das ein Mordversuch war“, sagt Schmitt. Auch einen technischen Defekt schließt Schmitt aber als Brandursache noch nicht aus: „Jetzt beginnt beim Ermitteln die Kleinarbeit.“
Entscheidend sei, wann die Ermittler das Gebäude nun sicher betreten könnten, betont Schmitt. Das komplett ausgebrannte Gebäude ist einsturzgefährdet, das Dach ist der Feuerwehr zufolge inzwischen fast vollständig zusammengebrochen. Ein Feuerwehrmann verletzte sich bei den Nachlöscharbeiten leicht, weil er teilweise im Boden des Gebäudes einbrach.
Rasend schnell runtergebrannt
Nachdem der Dachstuhl am Donnerstagabend Feuer gefangen hatte, ging alles extrem schnell: Das sagt die Feuerwehr, das erzählt auch die Augenzeugin, die das Feuer entdeckte. Sie sah ungewöhnlich viel Rauch und rief um 21.40 Uhr die Feuerwehr. Noch während sie mit der Feuerwehr telefonierte, sah sie, wie sich Flammen bildeten, der Dachboden sich durchbog und auf das Stockwerk darunter sackte. „Das Feuer hat sich rasend schnell nach unten durchgefressen, in nur 14 Minuten vom Dachstuhl bis in den ersten Stock über den Schaufenstern“, erzählt die 52-jährige Bremerin, die ihren Namen nicht öffentlich machen will. Dass sich der Brand so schnell im gesamten Dachgeschoss ausgebreitet hat, ist auch ein Grund dafür, warum die Ermittler von Brandstiftung ausgehen.
„Die Scheiben schossen raus, es hat wahnsinnig geknallt, es war wie zu Silvester“, erzählt die Zeugin. Verletzt wurde sie von den umher fliegenden Glassplittern nicht – auch im Gebäude wurde nach Feuerwehrangaben niemand verletzt.
Die Feuerwehr rückte mit einem Großaufgebot von 150 Einsatzkräften und 55 Fahrzeugen an. Acht freiwillige Feuerwehren halfen, den Brand zu bekämpfen. Das war nicht leicht: Das Gebäude selbst konnten die Einsatzkräfte zunächst nicht betreten. Zu groß die Gefahr des Feuers, zu groß auch die Gefahr, dass einige der Holzböden einstürzen könnten. „Wir mussten uns den Weg durch die Nachbarhäuser ertasten, um von dort aus an das brennende Gebäude heranzukommen“, sagt Einsatzleiter Stefan Warnken. Gelöscht wurde von den Dächern der Nachbarhäuser aus, auf die das Feuer zugleich auch überzugreifen drohte – der Dachstuhl des einen Nachbarhauses geriet ebenfalls in Brand.
„Es wirkte sehr bedrohlich, die Flammen schlugen meterhoch, zum Teil sah es so aus, als ob die Feuerwehrleute selbst in Flammen stünden“, erzählt eine Anwohnerin, die das Feuer beobachtete. Eine große Rauchwolke war weithin in der Stadt zu sehen. Noch am Morgen danach war der Brandgeruch selbst am Stern wahrnehmbar.
Mitarbeiter von Harms standen morgens vor ihrem ausgebrannten Arbeitsplatz – manche weinten, erzählt eine Nachbarin. Anwohner, Augenzeugen und Ladeninhaber betonen, die Feuerwehr habe sehr gute Arbeit geleistet, schnell und gut koordiniert gelöscht. Auch Innensenator Ulrich Mäurer dankte den Einsatzkräften. Die Feuerwehr sei sehr umsichtig vorgegangen, um beim Löschen nicht mehr Schaden anzurichten als nötig, betont Stefan Storch, Geschäftsführer des Porzellangeschäfts Rabe direkt neben Harms. Dennoch: Auch er ist vom Brand betroffen, braucht nun mit seinem Laden eine neue Bleibe. Nach den riesigen Mengen Löschwasser, die durch das Gebäude geflossen sind, sind die Geschäftsräume unbenutzbar geworden. „Wir wollen aber dem Wall auch in dieser schwierigen Lage treu bleiben“, so Storch.
Kurz nach 16 Uhr zog sich die Feuerwehr zurück. Allerdings: Auch danach war nicht alles vorbei: Erneut entwickelte sich jede Menge Rauch, erneut mussten Löschfahrzeuge anrücken.