Wenn Fahrgäste es künftig über ihren Köpfen summen und brummen hören, während sie an einer Haltestelle warten, hat das alles seine Richtigkeit. Denn: Die Dächer der Wartehäuschen für Bus und Bahn könnten bald zu bienenfreundlichen Mini-Wiesen umfunktioniert werden. Die Bremer Grünen haben sich die Idee im niederländischen Utrecht abgeschaut, wo es bereits solche „Bee Stops“ – Bienen-Haltestellen – gibt.
„In Zukunft wird es in Bremen ohnehin mehr Begrünung auf Gebäudedächern geben. Und wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, erkennt man sehr schnell, dass es noch viel mehr Potenzial gibt. Zum Beispiel auf den Dächern von Haltestellen, Utrecht macht das sehr eindrucksvoll vor“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Ralph Saxe (Grüne).
In der nächsten und ersten Sitzung des neuen rot-grün-roten Parlaments sollen die Bienen-Haltestellen auf Initiative der Fraktion in der Fragestunde behandelt werden. In einer Anfrage will der grüne Regierungspartner wissen, welche Möglichkeiten der Senat sieht, die Idee aus dem Nachbarland auch in Bremen umzusetzen.
In Utrecht sind 316 „Bee-Stops“ an Bushäuschen eingerichtet und die Dächer mit Grün bepflanzt worden. Die Mini-Wiesen sehen nicht nur hübsch aus: Sie sollen Bienen bei der Nahrungssuche unterstützen und damit einen Beitrag zu Artenschutz und -vielfalt mitten in der Stadt liefern. Laut Naturschutzverbänden finden Bienen auf dem Land häufig nur noch einheitlich bepflanzte Felder, darüber hinaus sind sie etwa Insektiziden ausgesetzt. Ein weiterer Effekt: Begrünte Dächer filtern Feinstaub und speichern Regenwasser, sodass sie weniger gegossen werden müssen. Und sie sollen, gerade bei einem flächendeckenden Einsatz, für bessere Luftqualität und Kühlung bei Hitze sorgen.
In der niederländischen Stadt, die als Vorbild in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit gilt, ist auch die Pflege der Bienen-Haltestellen umweltfreundlich durchorganisiert: Mitarbeiter der Stadt fahren die „Bee-Stops“ in Elektrofahrzeugen an, um die Dächer zu bewässern. Saxe: „Bei uns wäre die Kompetenz für die Pflege der Dächer beim Umweltbetrieb Bremen vorhanden. Es müssten vor allem auch bienenfreundliche Pflanzen ausgewählt werden, die robust und nicht allzu aufwändig in der Pflege sind. Als ersten Schritt stellen wir uns einen Pilotversuch an einer oder mehreren überdachten Haltestellen vor.
Wenn das funktioniert, kann man das Projekt ausweiten.“ Bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) kommt der Vorstoß gut an, wie deren Sprecher Andreas Holling betont. „Grundsätzlich ist das ein sehr interessanter Ansatz, mit dem wir uns bereits beschäftigt haben.“ Rund 500 Haltestellen mit Dach gibt es laut Holling in Bremen, die von Bussen und Straßenbahnen angefahren werden. Allerdings: Eigentümer der Haltestellen ist nicht die BSAG, sondern das Unternehmen Wall mit Sitz in Berlin. Bundesweit betreibt es unter anderem Haltestellen oder andere sogenannte Stadtmöbel, die als Werbeflächen dienen. Holling: „Wir sind in Gesprächen. Wenn diese positiv ausfallen, können wir uns einen Pilotversuch mit einer oder mehreren Testhaltestellen vorstellen.“
Ein übertragbares Modell?
Wichtige Voraussetzung sowohl für einen Test als auch eine spätere flächendeckende Begrünung sei allerdings eine Überprüfung der Statik: Bepflanzung und Bewässerung bedeuten zusätzliches Gewicht, diesem müssen die Dächer standhalten. In Utrecht sind auf den Wartehäuschen-Dächern vorrangig sogenannte Sedum-Pflanzen eingesetzt. Sie gelten als besonders robust, und sie wachsen nicht so hoch. „Dabei handelt es sich zum Beispiel um Matten, die zu einer Art Teppich zusammengefügt werden“, erklärt Holling. Die BSAG nutze solche Sedum-Matten etwa zur Begrünung von Gleisen. Große Bedeutung haben die sogenannten grüne Gleise etwa auch beim Schallschutz.
Das Vorbild aus den Niederlanden kommt nicht nur in Bremen gut an. Auch in kleinen und großen Städten wie Düsseldorf, Bonn, Bochum, München, Wesel und vielen weiteren Kommunen gibt es ähnliche Vorstöße von Parteien und Verbänden. Dem Bremer Bürgerschaftsabgeordneten schweben noch weitere Ideen vor, wie Haltestellen-Dächer genutzt werden könnten: „Indem ein Teil etwa mit Solarzellen ausgestattet wird“, so Saxe.