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Polizeikontrollen Grüne wollen ethnisches Profiling in Bremen verhindern

Polizisten ist es in Deutschland verboten, Menschen wegen ihrer Hautfarbe zu kontrollieren. Um die Beamten gegen Racial Profiling zu sensibilisieren, wollen die Grünen Kontroll-Quittungen einführen.
06.09.2017, 21:55 Uhr
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Grüne wollen ethnisches Profiling in Bremen verhindern
Von Jan Oppel

Nach dem Willen der Grünen-Fraktion soll die Bremer Polizei bei Personenkontrollen testweise Quittungen ausstellen, auf denen der Anlass und das Ergebnis der Überprüfung vermerkt sind. Offiziell ist es Polizisten in Deutschland verboten, Menschen allein aufgrund ihrer Hautfarbe zu kontrollieren. Die Realität sei aber eine andere, beklagen Menschenrechtsorganisationen.

„Es ist wichtig, dass sich die Polizei mit dem Thema auseinandersetzt, weil es auch in Bremen immer wieder Beschwerden gibt“, sagt Björn Fecker, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. „Zwar geht die Polizei bereits offen mit dem Problem um, es ist aber wichtig, dass sie ihr Handeln so transparent wie möglich gestaltet.“

Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International werfen der Polizei und der Politik immer wieder vor, das Problem rassistischer Kontrollen in Deutschland zu negieren. Auch in Bremen hatten Betroffene und Initiativen gegenüber dem WESER-KURIER in der Vergangenheit sogenanntes ethnisches Profiling angeprangert. Von ethnischem oder auch Racial Profiling sprechen Experten, wenn Polizisten Verdachtsmomente auf Kriterien wie der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Hautfarbe begründen – und nicht allein auf der Basis von objektiven Beweisen. 2012, 2015 und im März 2017 hat die Bremer Polizei dem Thema ethnisches Profiling jeweils einen Fachtag gewidmet. Die Grünen-Fraktion hatte um einen Ergebnisbericht gebeten, mit dem sich an diesem Donnerstag die Innendeputation befasst.

Beamte sollen eigene Entscheidungen reflektieren

Der Einsatz von Hilfsmitteln wie der Quittung könnte nach Auffassung der Bremerhavener Polizei zu einer Sensibilisierung der Beamten beitragen, „wodurch die Entscheidung zu einer Personenkontrolle stärker überdacht wird“, heißt es in dem Bericht, der dem WESER-KURIER vorliegt. Allerdings berge die Kontrollquittung auch die Gefahr, dass Beamte damit grundlos diffamiert werden könnten.

Die Bremer Linkspartei hält die Bescheinigungen für eine gute Idee. „Ethnisches Profiling ist in Bremen ein Problem“, sagt Sebastian Rave, Sprecher für Antirassismus. In England habe die Polizei bereits gute Erfahrungen mit solchen Quittungen gemacht. Damit allein sei es aber nicht getan. „Besondere Kontrollorte wie am Bahnhof oder im Steintor müssen aufgehoben werden“, fordert der Linken-Politiker. Die Polizei dürfe dort ohne vorliegende Verdachtsmomente Personen überprüfen und deren Identität feststellen. Das ist ein „riesiges Einfallstor für ethnisches Profiling“, beklagt Rave. Zudem brauche Bremen unabhängige Beschwerdestellen, an die sich Opfer rassistischer Kontrollen wenden könnten.

Polizei bestreitet Kontrollen aufgrund von Herkunft

Wilhelm Hinners, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, hält nichts davon, dass Bremer Polizisten künftig Quittungen ausstellen sollen. „Wir brauchen keine weiteren Kontrollmöglichkeiten“, sagt er. Ethnisches Profiling werde in der Polizeiausbildung hinreichend thematisiert, die Bremer Beamten würden im Dienst „hoch sensibel“ mit dem Thema umgehen. Von wenigen Einzelfällen einmal abgesehen. Das Instrument der Kontrollquittung bewertet der CDU-Politiker als wirkungslos: „Wenn die Beamten einen Verdacht haben, müssen sie die Person kontrollieren – eine Quittung wird sie davon nicht abhalten.“

Die Bremer Polizei bestreitet, Kontrollen vorzunehmen, die allein aufgrund persönlicher Merkmale oder der Herkunft stattfinden. Nicht das Aussehen einer Person veranlasse die Kontrolle, sondern ihr Verhalten. Die Polizei beschäftigt sich bereits seit 2011 mit dem Thema. Unter anderem sei damals von der afrikanischen Gemeinschaft in Bremen der Wunsch geäußert worden, die Polizeikontrollen im Steintor und am Hauptbahnhof zu überprüfen, heißt es in der Antwort auf die Berichtsbitte der Grünen. Daraufhin sei das Problem im Jahr 2012 gemeinsam mit dem Rat für Integration in Bremen aufgegriffen worden. Auf ihren drei Fachtagungen hat sich die Polizei seitdem mit Kollegen und Experten aus ganz Europa ausgetauscht. Zudem sind Kooperationen unter anderem mit dem Sozialwissenschaftlichen Dienst der Polizeidirektion Hannover entstanden. Nach Angaben der Hochschule für Öffentliche Verwaltung ist die Vermittlung von interkultureller Kompetenz zudem fest im Lehrplan der Polizeianwärter verankert.

Im zweiten Halbjahr 2017 will sich die Polizei erneut mit dem Thema Personenkontrollen befassen und nach niederländischem Vorbild einen eigenen „Code of Practice“ (Verhaltenskodex) erarbeiten.

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