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Lehrermangel Grundschullehrer verzweifelt gesucht

Auch Bremen spürt den Lehrermangel. An Grundschulen sind laut Behörde 22 Lehrerstellen vakant. Wählerisch kann man bei Besetzung nicht sein: Alle voll ausgebildeten Lehrkräfte werden eingestellt.
31.01.2018, 21:03 Uhr
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Grundschullehrer verzweifelt gesucht
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Bundesweit gibt es zu wenig Grundschullehrer. Das ist zwar seit Jahren so, doch die Lage könnte sich in den kommenden Jahren verschärfen. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Demnach fehlen bis 2025 bundesweit 35.000 Lehrer für die ersten Schuljahre. Nach Berechnungen der Stiftung müssten bis dahin knapp 105.000 neue Lehrer eingestellt werden, die Universitäten kommen aber mit der Ausbildung nicht hinterher.

Auch Bremen spürt den Lehrermangel deutlich. An den Grundschulen sind dem Bildungsressort zufolge derzeit 22 Lehrerstellen vakant. Allzu wählerisch kann die Bildungsbehörde bei deren Besetzung nicht sein. „Es werden derzeit alle Lehrkräfte, die voll ausgebildet sind, eingestellt“, sagt Annette Kemp, Sprecherin von Senatorin Claudia Bogedan (SPD).

Wie viele Lehrerstellen an Grundschulen im benachbarten Niedersachsen aktuell unbesetzt sind, kann Sebastian Schumacher, Sprecher des dortigen Kultusministeriums, nicht sagen. Aber auch dort fehlt es an Bewerbern. „An vielen Grundschulen herrscht erheblicher Bewerbermangel, sodass offene Stellen nicht besetzt werden können.“ Nach Schumachers Darstellung arbeitet Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) intensiv daran, die Versorgung an den Grundschulen nachhaltig zu verbessern.

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Nach der Bertelsmann-Studie werden 60.000 Pädagogen in den kommenden sieben Jahren in den Ruhestand gehen. Dafür muss Ersatz gefunden werden. Zusätzlich, so rechnet die Stiftung vor, müssten deutschlandweit bis 2025 weitere 45.000 Lehrer eingestellt werden. Das sei nötig, weil durch den Ausbau von Ganztagsschulen mehr von den Pädagogen verlangt werde. Experten erwarten zudem einen Schülerboom in drei bis vier Jahren.

Nach Angaben des Bildungsressorts muss es bis 2024 in Bremen rund 230 neue Vollzeitstellen für Grundschullehrer geben, um den höheren Bedarf decken zu können. Die Behörde schaffe schon jetzt Anreize, um hiesige Lehramtsstudenten im Bundesland zu halten. „Wir hoffen, dass wir mit den Maßnahmen viele notwendige Lehrkräfte selbst ausbilden können. Referendare, die in Bremer Schulen ihr Referendariat machen, bleiben zu 80 Prozent in der Stadt und ihren Schulen“, erläutert Kemp.

Seiteneinstiege wurden erleichtert

Bislang ist die Zahl der Referendariate von 450 auf 600 Plätze angehoben worden, auch Seiteneinstiege in das Grundschullehramt wurden erleichtert. Mittlerweile kontaktiert die Behörde auch pensionierte Lehrer und versucht, diese zu reaktivieren. Schon während der Ausbildung achtet die Behörde darauf, angehende Lehrer frühzeitig an das bremische Bildungssystem heranzuführen.

„Lehramtsstudenten bekommen an der Bremer Uni Bonuspunkte, wenn sie schon an Schulen unterrichten. Mit diesen Boni erhalten sie schneller einen Referendariatsplatz“, erläutert Kemp. So könnten künftige Lehrer an Bremen gebunden werden. „Wir vermissen ein weit reichendes Personalplanungskonzept“, sagt Pierre Hansen, Sprecher des Bremer Zentralelternbeirats.

Die Bildungsbehörde sei zwar nicht untätig, es könne aber mehr getan werden. Eine Lösung könne durchaus der Einsatz von Quereinsteigern sein, jedoch nur, wenn diese berufsbegleitend geschult würden, so Hansen. Ähnlich sieht es auch Christian Gloede, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Bremen.

Weiblichen Pädagogen Anreize zum Aufstocken bieten

Es dürfe keine Abstriche bei der Qualität der Lehrerausbildung geben. Universitäten und das Landesinstitut für Schule seien aufgefordert, entsprechende Module für Seiteneinsteiger aufzulegen, die zwar studiert hätten, aber nicht spezifisch Grundschullehramt. So könne der fehlende Didaktik- und Pädagogik-Anteil aufgeholt werden.

Auch sollten Quereinsteiger nach Meinung des GEW-Landesvorsitzenden zunächst nur halbtags lehren und sich die andere Hälfte ihres Arbeitstages weiterbilden. „Wichtig ist, dass Seiteneinsteiger am Ende vergleichbar mit einem voll ausgebildeten Lehrer qualifiziert sind“, sagt Gloede.

Um den Bedarf an Grundschullehrern besser abzudecken, schlägt die Bertelsmann-Stiftung zudem vor, den überwiegend weiblichen Pädagogen, von denen 40 Prozent in Teilzeit arbeiten, Anreize zum Aufstocken ihrer Unterrichtsstunden zu bieten. Das sieht auch Gloede so.

Nur Dreiviertel-Stellen als Ersatz für schwangere Lehrerinnen

„Der Beruf muss attraktiver werden“, sagt er. Das beginne bereits bei der Bezahlung, die bei Grundschullehrern deutlich niedriger sei als bei Kollegen, die in höheren Klassenstufen unterrichteten. Nicht nur die Bremer Grundschulen, sondern auch die anderen Schulformen sind nach Ansicht eines Mitglieds des Gesamtelternbeirates eine Baustelle.

Ausgefallene Stunden würden an Oberstufen beispielsweise grundsätzlich nicht vertreten, so der Vorwurf. Stattdessen müssten sich die Schüler den Stoff selbst aneignen, auch, wenn sie kurz vor dem Abitur stünden. Ein weiteres Problem sieht der Beirat in der Vertretung von Lehrerinnen, die schwanger sind. Zwar bekommen die Schulen dann Ersatz, jedoch keine Vollzeitkräfte, sondern nur Dreiviertel-Stellen. Lehrer, die in Elternzeit gingen, würden für diesen Zeitraum überhaupt nicht ersetzt.

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