Gemütlich ist es schon jetzt im SAM an der Georg-Gröning-Straße. Tische und Stühle stehen an ihren Plätzen, die Beleuchtung steht ebenfalls, und die Preise für Kuchen, Brot und Getränke sind auch schon angeschlagen. Das Herzstück der Konditorei, die lange Vitrine, ist allerdings noch leer. Das verwundert nicht – bis zur Eröffnung ist noch etwas Zeit. Gerade schließen zwei Elektriker einen großen Backofen in einer Nische hinter dem Verkaufstresen an. Hier sollen künftig Brötchen gebacken werden. Sonst nichts. „Snacks, Brote, Kuchen und Torten werden aus unserem Stammhaus in Fischerhude angeliefert“, erzählt Justin Sammann. Der Junior-Chef des Familienbetriebs ist in der Backstube groß geworden. Beruflich ist er allerdings nicht in erster Linie auf Backwaren ausgerichtet. Sammann ist gelernter Bankkaufmann. Angesichts der nunmehr zehnten Filiale, die an diesem Donnerstag in der früheren Konditorei Jacobs eröffnet wird, war es möglicherweise nicht die schlechteste Entscheidung, sich auf Zahlen zu spezialisieren. Für das Produktangebot in den Filialen zeichnet indes sein Onkel verantwortlich. Der ist Konditor- und Bäckermeister und produziert im 20 Kilometer entfernten Fischerhude gemeinsam mit seinem Team sämtliche Brot- und Kuchenspezialitäten des Betriebs. Mit Fertigmischungen haben Sammanns dabei nichts am Hut. „Was das betrifft, sind wir altmodisch“, sagt Justin Sammann. „Wir sind ein Handwerksbetrieb im klassischen Sinne.“ Das spiegele sich nicht zuletzt auch in den Tischen des Cafés wider, die ein Schulfreund eigens in seiner Tischlerei angefertigt habe.
Aufwendiger Umbau
Das einstige Traditions-Café Jacobs an der Georg-Gröning-Straße 76 zu übernehmen, war eine gute Entscheidung, glaubt Sammann. Gerade hat ihm ein junger Mann eine Bewerbungsmappe in die Hand gedrückt. Er würde gerne hier arbeiten. Justin Sammann bedankt sich. „Wir melden uns.“ Zwischenzeitlich seien seinem Vater und ihm allerdings Zweifel gekommen, ob der Komplett-Umbau tatsächlich eine gute Idee gewesen sei. „So ein altes Gebäude hält viele Überraschungen parat“, erzählt er. „Der Umbau war deutlich aufwendiger, als zunächst gedacht und hat entsprechend lange gedauert“, ergänzt sein Vater Volker Sammann. Der Senior-Chef wirkt ein wenig erschöpft. Der Schein trüge nicht, sagt er, jedenfalls nicht völlig. Trotzdem ist er überzeugt vom neuesten Projekt des Familienunternehmens, in dem Sohn Justin bereits die siebente Generation vertritt. Der Standort habe nicht nur Potenzial, es werde mit der Neueröffnung gleichsam eine Tradition gewahrt. Das gefällt dem gelernten Kaufmann, der seit seinem 14 Lebensjahr regelmäßig in der Backstube steht.
Tradition ist auch das Schlagwort für Heiko Jacobs. Der Konditor ist froh, mit Sammanns versierte Nachfolger für den knapp 110 Jahre alten Betrieb gefunden zu haben. Ein ähnlicher Versuch war im Frühjahr in eine Insolvenz gemündet. „Mit Sammanns haben wir meiner Meinung nach die beste Wahl getroffen“, sagt er. Das gelte auch für die Gestaltung des Cafés, das zuletzt 1956 modernisiert worden sei. „Das war natürlich inzwischen ziemlich antiquiert“, sagt Jacobs. Sammanns sei mit dem Umbau jetzt eine Kombination aus Tradition und Moderne gelungen, lobt er. Insbesondere der neue Tresen habe es ihm angetan. „Der ist nicht mehr so holzlastig wie früher, sondern weiß“, sagt Jacobs. Eine goldrichtige Entscheidung, findet er. „Eine Tresenanlage muss strahlen.“

Volker Sammann und Juniorchef Justin Sammann vor dem Tresen der Bäckerei, die sie vollständig umbauen ließen. An diesem Donnerstag soll neu eröffnet werden.
Die Plätze im Café sind bewusst unterschiedlich gestaltet. Für Eilige finden sich gleich vornean Bistrotische, für Gemütliche stehen weiter hinten Cocktailsessel und ein kleines Sofa. Über dem Zweisitzer hängen Bilder von vergangenen Zeiten. Die Schwarzweiß-Fotos zeigen Jacobs’ Backstube und außerdem Seiten aus handgeschriebenen Rezeptbüchern. Auch eine alte Tür aus der früheren Backstube kommt hier zu neuen Ehren. Aufgearbeitet und hellblau lackiert soll sie den Gästen fortan als Garderobe dienen.
Neben Brot- und Tortenspezialitäten wollen Sammanns im SAM auch mit herzhaften Snacks punkten. Außerdem soll sich ein Angebot, das sich bereits in Horn-Lehe zu einer festen Größe gemausert habe, nun auch in Schwachhausen etablieren: das Frühstück. „Das wird im Mühlenviertel inzwischen außerordentlich gut angenommen“, erzählt Justin Sammann.
Damit die Schwachhauser Stamm-Kundschaft künftig nicht auf lieb gewonnene Spezialitäten verzichten muss, hat Heiko Jacobs den neuen Betreibern eine Auswahl seiner besten Rezepte zur Verfügung gestellt. „Bei Bedarf liefere ich auch gerne noch mehr“, betont er. Sammanns freut das. Bestimmt werde der eine oder andere Klassiker ins Programm mit aufgenommen werden. Dabei komme man am unangefochtenen Verkaufsschlager seit 1952 nur schwerlich vorbei: der Prinz-of-Wales-Torte.