Wer auf Feten mit den anderen trinkt, zeigt, dass er dazu gehört. Und genießt es, dass der Alkohol so schön locker macht. Leicht benebelt, traut man sich eher, auf neue Leute zuzugehen, und findet sich selber ganz herrlich. Junge Leute zwischen 18 und 35 Jahren sind in einer Lebensphase, in der Alkohol und Drogen oft eine große Rolle spielen – nicht nur in Gesellschaft, sondern manchmal auch, wenn man allein ist: Dann trinkt man vielleicht, um Einsamkeit, Depression oder Angst zu bekämpfen – doch am nächsten Morgen sind die seelischen Nöte um so größer.
„Alkohol- und Drogenprobleme treten oft in einer labilen Lebensphase auf, in der junge Leute vieles ausprobieren und sich vieles in ihrem Leben erst strukturieren muss“, sagt Anneke Imhoff vom Netzwerk Selbsthilfe Bremen-Nordniedersachsen mit Sitz in der Faulenstraße. „Ein junger Mann ergriff die Initiative und bat uns, eine neue Selbsthilfegruppe für junge Leute ab 18 Jahren zu gründen.“ Zusammen mit ihrer Kollegin Inken Berger wird sie die neue Gruppe anleiten. In der Kontaktstelle des Netzwerks begleiten die beiden die etwa 700 Selbsthilfegruppen, die es derzeit in ganz Bremen gibt, und initiieren neue Gruppen.
Das Netzwerk Selbsthilfe gibt es in Bremen seit etwa 30 Jahren. Es wird vor allem durch die Sozialsenatorin in Bremen und durch Krankenkassen finanziert, die einen gewissen Anteil an Geldern für Selbsthilfegruppen zur Verfügung stellen. Bei allen Gruppen, in denen vor allem Sucht und chronische und psychische Erkrankungen im Vordergrund stehen, ist die Teilnahme kostenlos. Das Netzwerk leistet aber zum Beispiel auch Einzelberatung für Menschen, die in persönlichen Lebenskrisen stecken.
Begleitung in der Anfangsphase
Die beiden Mitarbeiterinnen Anneke Imhoff und Inken Berger sind im Netzwerk Selbsthilfe fest angestellt und fanden, frisch von der Universität kommend, in dem Verein einen Job, auf den sie durch ihr Studium bestens vorbereitet sind: Anneke Imhoff hat Public Health studiert, ihre Kollegin Inken Berger Sozialarbeit im Bachelorstudium.
Allerdings begleiten die beiden die neuen Gruppen für junge Menschen mit Suchtproblemen nur in der Anfangsphase: „Nach der Gründung sollen die Leute sich allein organisieren, ohne unsere Begleitung“, sagt Inken Berger vom Netzwerk. „Wir bilden innerhalb des Netzwerks Selbsthilfe eine Art Knotenpunkt. Die Gruppen existieren weitgehend autark.“
Die jeweiligen Gruppenleiter kümmern sich nicht nur um die Gruppe, sondern auch um organisatorische Dinge. „Wenn zum Beispiel Räume angemietet werden müssen“, sagt Inken Berger, „denn in der Kontaktstelle in der Faulenstraße stehen nur vier Räume zur Verfügung.“
Auch die Selbsthilfegruppe für junge Menschen mit Sucht soll also ihre eigene Struktur finden, und es bleibt offen, welche Form später entsteht. Und das unterscheidet die Selbsthilfegruppe zum Beispiel von den „Anonymen Alkoholikern“, bei denen feste Strukturen vorgegeben sind, wie zum Beispiel ein Zwölf-Schritte-Programm. „In der Selbsthilfegruppe gibt es diese Eingrenzungen nicht, wir wollen eine Alternative bieten, können aber natürlich nicht das leisten, was eine Therapie bewirkt“, sagt Anneke Imhoff.
In die neue Gruppe können auch junge Erwachsene kommen, die noch nicht akut in der Krise, aber vielleicht von ihrem Alkohol- und Drogenkonsum verunsichert sind. Denn das Suchtproblem nähert sich meist eher schleichend. „Meist wird den Menschen erst im Alter zwischen 35 und 40 bewusst, dass die Sucht sie fest im Griff hat: Sie haben zum Beispiel Entzugserscheinungen, die in jungen Jahren noch nicht auftraten“, sagt Anneke Imhoff und ergänzt: „Selbsthilfegruppen zum Thema Sucht, seien es Drogen oder Alkohol, gibt es bisher vor allem für ältere Menschen. Wir haben aber gemerkt, dass auch ein großer Bedarf für jüngere Menschen besteht.“
Die Selbsthilfegruppe für Menschen zwischen 18 und 35 Jahren mit Suchtproblemen ist für alle offen, die Teilnahme ist kostenlos. Die Gruppe trifft sich am erstmals am Mittwoch, 14. Februar, von 19 bis 21 Uhr in der Faulenstraße 31, im Raum „Junge Selbsthilfe“ (Erdgeschoss). Anmeldungen unter Telefon 0421/ 70 45 81 oder per E-Mail unter junge-sh@netzwerk-selbsthilfe.com.