Bremen-Nord. "Gefahrenorte" - mit diesem Begriff bezeichnet die Polizei Brennpunkte der Kriminalität, die bestimmte Kontrollmaßnahmen rechtfertigen. Wie sich diese Orte übers Stadtgebiet verteilen, darüber bewahrte die Behörde bisher Stillschweigen. Eine Parlamentsanfrage der Linken hat das jetzt geändert. In Bremen-Nord sind es sechs Bereiche, auf die das Auge des Gesetzes ganz besonders gerichtet ist.
Ausgangspunkt für die Anfrage der Linken war deren kritische Haltung zu besonderen Befugnissen, die das Bremische Polizeigesetz den Ordnungshütern an "Gefahrenorten" einräumt. Es geht um das Recht, in solchen Bereichen Personenkontrollen vorzunehmen, ohne dass eine konkrete Gefahr vorliegt. In ihrer Antwort macht die Innenbehörde deutlich, dass sie solche Identitätsüberprüfungen - anders als die Linken - rechtsstaatlich nicht für problematisch hält.
Das eigentlich Interessante an dem Papier steht jedoch weiter hinten. Erstmals wird konkret aufgelistet, welche Bereiche im Stadtgebiet von der Polizei als "Gefahrenorte" geführt werden. Im Bereich der Polizeiinspektion Nord handelt es sich um sechs Brennpunkte (siehe Grafik). Im Bereich Bahnhof/Grohner Düne bewegten sich Gewaltdelikte wie Raub, Körperverletzung und Landfriedensbruch sowie Diebstähle "trotz der bereits getroffenen Maßnahmen noch auf einem hohen Niveau", heißt es in dem Papier.
Als Ballungsräume der Drogen- und Beschaffungskriminalität gelten der Sedanplatz und der Aumunder Heerweg mit seinem sogenannten Szenetreff, die Wohngebiete westlich des Neuenkirchener Wegs in Lüssum sowie der Bahnhof Burg samt eines Teils der Bremer Heerstraße. Einen weiteren "Gefahrenort" hat die Polizei im Bereich Lindenstraße / An der Lobbendorfer Mühle ausgemacht. Es handele sich um das Wohnumfeld der örtlichen Drogen- und Alkoholikerszene.
An der Lindenstraße sei es in der Vergangenheit auch zu Auseinandersetzungen zwischen Gruppen verschiedener ethnischer Minderheiten gekommen (Landfriedensbruch, versuchter Totschlag). Auch die George-Albrecht-Straße und ihr unmittelbares Umfeld werden als problematisch betrachtet. "Der verwahrloste Wohnkomplex George-Albrecht-Straße dient zum Bunkern und Vertrieb von Betäubungsmitteln, was in die übrigen Straßen ausstrahlt", schreiben die Fachleute der Innenbehörde.
"Kein Sodom und Gomorrha"
Der stellvertretende Leiter der Bremer Schutzpolizei, Jens Körber, ist nicht übermäßig glücklich über die Veröffentlichung der "Gefahrenorte", denn er befürchtet Missverständnisse. ",Gefahrenort' ist für uns ein Arbeitsbegriff, der aber nicht bedeutet, dass es an diesen Stellen zugeht wie in Sodom und Gomorrha", sagt Körber. "Es wäre wirklich kontraproduktiv, wenn der Eindruck entstünde, dass man da als normaler Mensch nicht mehr hingehen kann. Dann hätten wir dort erst recht keine Sozialkontrolle mehr und würden der Ausbreitung von Kriminalität noch Vorschub leisten." Neben den gefahrenunabhängigen Kontrollen setze die Polizei in den beschriebenen Bereichen auf ihre gesamte Palette an Prävention und aktiver Kriminalitätsbekämpfung durch uniformierte und Zivilkräfte. "Wir suchen aber auch die Zusammenarbeit mit der Stadtteilpolitik und der Verwaltung", so Körber. Etwa wenn es darum geht, durch bauliche Veränderungen den Nährboden für Kriminalität zu reduzieren.