Die bundesweiten Ergebnisse des IQB-Bildungstrends seien besorgniserregend, so Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD). In ganz Deutschland konnten Viertklässler demnach schlechter Lesen, Schreiben und Rechnen als vor fünf Jahren. Allerdings habe das IQB-Institut konstatiert, dass Bremen zu den wenigen Bundesländern gehöre, in denen das Niveau weitgehend gehalten werden konnte. "Bremen hat sich im Fach Deutsch deutlich weniger verschlechtert als die anderen Bundesländer und im Fach Mathematik sogar leicht verbessert", so die Senatorin. Dennoch seien Bremens Ergebnisse "bei Weitem nicht zufriedenstellend".
Bildungsstaatsrat Torsten Klieme betonte: Die Rahmenbedingungen in Bremen seien zuletzt durch starke Zuwanderung und die Pandemie schwieriger geworden. "Wenn unser Bildungssystem das komplett weggeatmet hat, finde ich das einen ziemlich großen Konsolidierungserfolg." Manche Aspekte des IQB-Bildungstrends seien durchaus positiv, dies werde man auch mit den Schulen so besprechen.
Senatorin will Kita-Ausbau forcieren
In Bremen kämen 15 Prozent der Kinder in die Schule, ohne je zuvor eine Kita besucht zu haben. "Deshalb habe ich auch eine Korrektur der Ausbauziele beim Kita-Ausbau durchgesetzt", so Aulepp. Bremen müsse nicht nur Plätze für die Kinder schaffen, deren Eltern ihr Kind zur Kita anmelden: "Wir müssen allen Kindern offensiv einen Platz anbieten", so Aulepp. Klar ist, dass Bremen derzeit weit davon entfernt ist. Allein von den Eltern, die ihr Kind zur Betreuung anmelden, bekamen zuletzt 1200 keinen Platz.
Sie wolle mehr Personal in die Kitas und Schulen holen, kündigte die Senatorin zudem an – insbesondere in benachteiligten Stadteilen: "Wir müssen die individuelle Förderung verstärken und Kindern so früh wie möglich eine Sprachförderung anbieten."
CDU: "Ein Drittel aller Schüler brechen uns weg"
„Uns droht ein Drittel einer ganzen Schüler-Generation wegzubrechen", stellt CDU-Bildungspolitikerin Yvonne Averwerser klar. Sie verweist darauf, dass 31 Prozent aller Schüler in Bremen und Bremerhaven am Ende der Grundschule nicht richtig lesen können. "Wer am Ende der vierten Klasse nicht lesen kann, hat kaum Chancen auf einen Schulabschluss. Anschließend ist der Weg ohne Berufsausbildung vorgezeichnet, ein wirklich eigenständiges Leben kaum möglich." Dies seien "die bitteren Folgen jahrzehntelanger Schönfärberei durch die SPD-Bildungspolitik". Real gebe es immer mehr Kinder pro Lehrer und überlastete Kollegien. Es fehlten verbindliche Qualitätsstandards und der Mut, Lernerfolge auch durch Noten verständlich zu machen.
Averwerser fordert eine verbindlichere frühe Sprachförderung: Es müsse verpflichtende Kita-Angebote geben, idealerweise in Form einer Vorschule, die alle Kinder vor der Einschulung besuchen. Die CDU hatte bereits 2021 einen Vorstoß für die Einführung einer Vorschule in Bremen gemacht. Dieser wurde aber abgelehnt.
FDP: "Bildungsnotstand ungeahnter Größe"
Der IQB-Bildungstrend offenbare "einen Bildungsnotstand ungeahnter Größe", urteilt die FDP-Fraktion. FDP-Bildungspolitiker Hauke Hilz betont: "Deutlich wird, dass der Senat auf die beiden größten Herausforderungen (Bildungs-)Armut und die Bedürfnisse einer Zuwanderungsgesellschaft noch keine bildungspolitische Antwort gefunden hat."
Hilz fordert: Es müssten mehr Fachkräfte aus den Herkunftsländern der Schülerinnen und Schüler in Schulen und Kitas eingestellt werden. Ihnen müsse der Weg in unser Bildungssystem geebnet werden. "Sie sind Sprach- und Rollenvorbilder, auf die wir nicht verzichten können", so Hilz. Zudem brauche es Kitaplätze für alle und flächendeckend Ganztagsschulbetrieb auch an Oberschulen.
Linke: "Schulen in armen Stadtteilen besser ausstatten"
Das Abschneiden der Bremer Kinder "bleibt alarmierend", sagt Linken-Fraktionschefin Sofia Leonidakis. Auch wenn es geglückt sei, mit kurzen Schulschließungen in Bremen einen Absturz wie in anderen Bundesländern zu verhindern, blieben die Kompetenzen viel zu gering. In Deutsch zeigten sich Kompetenzverluste bei benachteiligten Kindern, in Mathe dagegen seien die Ergebnisse erstmals stabil. Leonidakis sieht darin erste Erfolge eines 2018 von Bremen aufgelegten Sonderprogramms für Mathe-Förderung an Schulen mit hohem Sozialindex. Dies habe zur Stabilisierung der Mathe-Leistungen beigetragen. Bremen müsse dies fortsetzen und Schulen in armen Stadtteilen konsequent besser ausstatten, so Leonidakis.
Grüne: "Alarmsignal für Teilhabe"
Die Ergebnisse des IQB-Bildungsreports seien nicht zufriedenstellend, betont Christopher Hupe (Grüne). Wenn viele Kinder am Ende der Grundschule nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können, sei das "für Chancengerechtigkeit und Teilhabe ein Alarmsignal". Die Grünen fordern mehr konsequente Sprachförderung vor der Einschulung. "Wenn nicht mal die Hälfte der Schülerinnen und Schüler zu Hause immer Deutsch spricht, muss die Antwort eine frühe und systematische Sprachförderung sein", so Hupe. Außerdem müsse das neue Bremer Institut für Qualitätsentwicklung (IQHB) endlich in die Lage versetzt werden, den Schulen effektiv unter die Arme zu greifen.