In Bremen wurde im vergangenen Jahr 47 Prozent der Vorschul-Kinder ein Sprachförderbedarf bescheinigt. In Bremerhaven liegt der Wert bei 52,8 Prozent. Die Werte wurden im Herbst 2020 bei Kindern erhoben, die in diesem Sommer eingeschult werden. Dabei wurden in Bremen und Bremerhaven unterschiedliche Verfahren genutzt. In Bremerhaven wurden alle Kinder zu Tests am Computer eingeladen, erstmals mit der neuen Sprach-Software Primo. In Bremen übernahmen corona-bedingt für die meisten Kinder die Erzieherinnen die Einschätzung der Sprachentwicklung. In den Vorjahren setzte auch die Stadt Bremen auf Computer-Tests. Deshalb seien die Ergebnisse von 2020 nicht direkt mit denen von 2019 zu vergleichen, so die Behörde.
Für die Stadt Bremen zeigt sich ein Anstieg: Im Jahr 2019 wurde per Computertest 37,4 Prozent der Kinder Sprachdefizite bescheinigt. Der Wert stieg demnach 2020 um fast zehn Prozent. 2020 wurden 750 Sprachförder-Kinder mehr identifiziert als im Vorjahr. Diese ballen sich in bestimmten Einrichtungen: Eine Mehrheit von 72 Prozent der Förderkinder besucht 96 Kitas, die aber nur 25 Prozent aller insgesamt 388 Kitas in der Stadt ausmachen.
Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) sprach in der Bildungsdeputation am Mittwoch von steigenden Herausforderungen, die auf Bremer Kitas und Schulen zukämen. "Wir haben die Sprachförderung in den vergangenen Jahren ausgeweitet und wollen sie noch weiter verstärken", so die Senatorin. Sie kündigte für die nächste Deputation ein Gesamtkonzept der Behörde zur Sprachförderung an.
CDU: "Die Ergebnisse sind erschreckend"
Bildungspolitikerinnen von Opposition und Regierung betonten den Ernst der Befunde: "Die Ergebnisse sind erschreckend, die Sprachauffälligkeiten sind massiv gestiegen", sagte Sandra Ahrens (CDU). "In Mitte und der östlichen Vorstadt findet man einen Kita-Platz, aber in anderen Stadtteilen stapeln sich die unversorgten Kinder." Die Probleme träten vor allem in den sozio-ökonomisch benachteiligten Stadtteilen auf: Gröpelingen, Blumenthal, Vegesack, Osterholz, Vahr. Dort sei Unterricht für Erstklässler nur mit erheblichem Zusatzaufwand möglich. Und in den dortigen Kita-Gruppen fehle es an Sprachvorbildern, weil es kaum Kinder ohne Sprachprobleme gebe. FDP-Vertreter forderten eine externe Evaluation der frühkindlichen Bildung.
Koalitionsvertreterinnen sagten, trotz der unterschiedlichen Erhebungsmethoden müsse man den Anstieg ernst nehmen. Die Ergebnisse in den Stadtteilen seien Ausdruck von sozialer Spaltung, die man weiter bekämpfen wolle, so Miriam Strunge (Linke). Die Probleme könne "man nicht schön reden".