Vegesack. Bärbel Kock ist begeistert von der Vielfalt, die die Kinder der Ferienmalaktion "Vegesack ist toll" an den Tag legen. "Bei dir ist ja richtig viel los auf der Weser, sagenhaft! Und hier gibt es sogar ein sprechendes Einhorn. Ihr habt ja wieder richtig viel Fantasie!" Seit zehn Jahren unternimmt die Künstlerin mit Nordbremer Ferienkindern einen kreativen Spaziergang durch den Stadtteil. Ihre Eindrücke malen die Kinder danach.
Zwei Tage in Folge inspizierten jetzt wieder 24 teilnehmende Kinder im Alter von fünf bis dreizehn Jahren den Stadtgarten, die Fußgängerzone, den Museumshafen und andere Ecken Vegesacks. Erste Skizzen entstanden direkt vor Ort. Im Bürgerhaus machten sich die engagierten Hobbykünstler dann richtig ans Werk. Mit Tusche, Filz- und Buntstiften, Kreide und Fineliner entstanden aus den Entwürfen hunderte origineller Bilder.
200 Postkarten werden gedruckt
"Es gab einige feste Aufgaben wie die ,Regina' oder die Walflosse zu malen. Die Kinder können aber auch freie Motive wählen oder nach Lust und Laune Collagen machen", erläutert Bärbel Kock. Einzige Bedingung: Jedes Werk muss an einer Stelle mit dem Slogan "Vegesack ist toll" versehen sein. Von den besten sechs Motiven werden jeweils 200 Postkarten in limitierter Auflage gedruckt, die Bärbel Kock in ihrem Atelier im Haven Höövt zum Verkauf anbietet. Geschäftsleute aus Vegesack sponsern die Aktion, der aufgerundete Betrag wird für UNICEF gespendet.
Die Künstlerfamilie – Bärbel Kock, Ehemann Dieter und Sohn Olaf – haben als Jury wieder die Qual der Wahl. "Wir versuchen Mädchen und Jungen und jede Altersgruppe gleichmäßig zu repräsentieren. Gewinner sind sie eigentlich alle", versichert Dieter Kock. Gemeinsam mit seiner Frau begleitete er die Kinder auf den Erkundungen und stand den "Nachwuchs-Picassos" bei der Ausgestaltung mit Tricks und Kniffen zur Seite.
Felicia lässt ihr gerade vollendetes Bild erst mal trocknen. Den Schlepper "Regina" hat die Elfjährige in den naturgetreuen Farben gemalt. "Die Skizzen zu machen hat am meisten Spaß gemacht", verrät die Gymnasiastin. Die Weser auf dem Bild des 13-jährigen Linus schimmert hingegen nicht gewohnt blau, sondern präsentiert sich in einem grauschwarzen Schlammton. "Wir hatten vor Ort ja über Ebbe und Flut gesprochen, dass der ganze Schmadder da hochkommt und die Weser eben oft so dunkel aussieht", sagt Bärbel Kock und freut sich über die farbliche Variation.
Mit Tusche und Deckfarbe hat die 13-jährige Juliana die Walflossenskulptur in Höhe der Strandlust gemalt. "Ich liebe Wale, es gibt so viele verschiedene Arten", schwärmt die Schülerin. Nebenbei erfahren die Kinder Details über den Künstler Thomas Recker, der die Walflosse kreiert hat und auch über Themen wie den illegalen Walfang. "Die Kinder sind sehr aktiv und bringen sich toll ein, da ist wirklich keiner dabei, der keine Lust hat", sagt Bärbel Kock über den gruppendynamischen Prozess, der beim Vollenden der Skizzen im Bürgerhaus zu bemerken ist. Selbst als es nach rund dreieinhalb Stunden Workshop langsam ans Aufräumen gehen soll, beginnen einige Kinder noch mit neuen Motiven.
Welche Unterschiede es bei der künstlerischen Gestaltung gibt, zeigt die Zwillinge Amina und Mona. "Amina geht richtig kräftig in die Farben, die würde bestimmt am liebsten in der Farbe baden", merkt Bärbel Kock angesichts der farbenfrohen Tuschezeichnungen an. Ihre siebenjährige Schwester geht etwas weniger stürmisch zu Werke und malt lieber langsam und sorgfältig. Während einige Kinder im kreativen Überschwang ein Blatt nach dem anderen bemalen, brauchen andere etwas länger. "Das ergänzt sich wunderbar", findet Bärbel Kock und gibt der von Graffitis begeisterten Felicia schnell noch einen Tipp. Der Schriftzug "BOOM!", der Felicias Walflossenmotiv ziert, könne durch ein paar Schatteneffekte noch dynamischer wirken. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Während der siebenjährige Tobias aus Aumund neben dem Motiv eines roten Ruderboots "den Saturn, das halbe verbrannte Afrika und überhaupt das ganze Weltall" zu Papier bringt, ist dem 13-jährigen Claas die schnöde Abbildung Vegesacks offenbar nicht genug. Zwischen Haven Höövt, Hafenbrücke und Grohner Düne platziert der fantasievolle Ferienkünstler kurzerhand den Pariser Eiffelturm, das Brüsseler Atomium und den Berliner Reichstag.
Vom 18. Dezember bis 19. Januar 2019 sind übrigens sämtliche Werke des Workshops in einer Ausstellung im Bürgerhaus zu sehen. Während der Ausstellung wird dann auch bekannt gegeben, welche Motive zu den Gewinnerpostkarten gehören.