Kaum 800 Meter die Vegesacker Straße in Walle entlanggegangen – und schon ist ein großer Müllsack der Bremer Stadtreinigung (DBS) voll. Familie Nietfeld geht regelmäßig auf Müll-Patrouille in ihrem Viertel. „Uns war das einfach zu dreckig“, sagt Hausfrau Heike Nietfeld (55). Ihr Mann Bernd (59) kann ihr nur beipflichten. Er ist Schichtarbeiter und macht mit, wenn er Zeit hat. Wenn es darum geht, selbst anzupacken, sind sie ein Team – das durch Tochter Anke (22) und Sohn Axel (19) noch erfolgreicher wird. Montag und Donnerstag sind Sammeltage. Die Ausrüstung – Handwagen, Säcke, Müllgreifer und Handschuhe – stammt von DBS. Nietfelds bekommen sie über den Umweg des Vereins Clean Up Your City, der durch seine Müllsammelaktionen bekannt geworden ist.
Die Nietfelds haben schon lange gesammelt, bevor sich der Verein 2022 gründete. Jetzt ist Mutter Heike Stadtteilpatin der ehrenamtlichen Stadtreiniger. Im nördlichen Teil der Vegesacker Straße, zwischen Ritter-Raschen-Straße und Waller Ring, dort, wo sie wohnen und ihre Touren starten, gibt es nicht einen einzigen öffentlichen Mülleimer. Heike Nietfeld ärgert das: Mehr wären besser. Im südlichen Abschnitt, vom Waller Ring bis zur Elisabethstraße, hängen drei davon. Schon besser, meint Heike Nietfeld. „Noch schöner wäre es, wenn mehr Leute mitmachen würden.“
Tatsächlich: Mülleimer allein helfen offensichtlich nicht gegen herumliegenden Müll im Wohngebiet. Kippen, Folien, Flaschen und immer wieder gefüllte Hundekotbeutel räumt die Familie weg. Größtes Fundstück dieser Tour ist eine Kinderwagenmatratze, die an einem Bauzaun in der Gosse liegt. Tochter Anke nimmt sich die Sammelzeit, obwohl sie sich zur sozialpädagogischen Assistentin ausbilden lässt und demnächst Prüfungen anstehen. Auch ihr Bruder Axel ist dabei, obwohl er den ganzen Tag nichts anderes sieht als Müll: Er macht ein Praktikum beim Recyclinghof im Blockland.
Diesmal gesellt sich auch der 27-jährige Maik Schulte, Informatiker für Containerschiffstechnik, dazu: Ein guter Ausgleich zum Job – „um 17 Uhr kann man das gut schaffen“, sagt er. Manchmal, sagt Heike Nietfeld, sammeln noch weitere Wallerinnen und Waller mit, aber auch eine Findorfferin und sogar ein Bremerhavener greifen mitunter zur Müllzange. Dabei zu sein, lohnt sich: „Wir halten hinterher immer noch eine Plauschstunde im Café“, sagt Heike Nietfeld. Wer mitmachen möchte, ist willkommen: Treffpunkt zum Sammeln ist montags und donnerstags die Ecke Vegesacker und Auricher Straße.