Elektroroller nerven. Wegwerfbecher auch. Und Paketboten haben nun wirklich nichts zu lachen. Das Publikum dafür umso mehr. Eben noch vor der Schaulust am Güterbahnhof, dann in acht weiteren Städten. Die Wandershow "Von Nord nach West", organisiert von Markus Siebert ("Knäcke") aus dem Viertel, macht aus dem Dienstag- einen Festivalabend. Und das im Juli noch dreimal. Ab 20 Uhr sind zwei neue Nummern zu sehen, und der Hut geht rum.
Schikaniert vom Diensthandy
Oder ein Karton – wie der große aus der ersten Nummer der Tournee. Shiva Grings hat in der Pandemie Podcasts übers Künstlerdasein gemacht, jetzt hetzt er als Paketzusteller über die Bühne, verheddert sich in seiner Tasche, stolpert über seine eigenen Füße und kämpft ebenso verzweifelt wie vergeblich gegen die Schwerkraft an. Purzelnde Pakete, falsche Adressen, klemmende Briefkastendeckel: Shiva Grings wird zum modernen Buster Keaton, schikaniert von seinem Diensthandy ("Sie sind zu spät") und durch die Stadt gejagt von unsichtbaren Dritten, den Kundinnen und Kunden des Online-Handels. Am Ende ist das Scheitern so absehbar wie tragikomisch, die Sympathien umso klarer verteilt. Und nur der Applaus erreicht seinen Empfänger.
Rasante Zeitgeistparodie
Voller Überraschungen steckt die rasante Zeitgeistparodie, mit der die „Compagnie Wurst“ Premiere gefeiert hat. Fast alle Requisiten sind Kunstwerke aus Coffee-to-go-Müll, sogar das Mikrofon und der Pokal für Andy, den Freiwilligen aus dem Publikum. Was Elias Oechsner und Mikail Karahan an Akrobatik auf ein oder zwei E-Rollern vollführen, macht ihnen im Alltag besser niemand nach. Zum Glück sind sie auch die Einzigen, die über die Dinger stolpern, und fallen weich. Hinter einer Stellwand wechseln die beiden erst die Posen, dann auch die Kostüme, tragen zum Rollerballett ein Tutu, beim Sprung über die Rampe einen Helm über dem Männerdutt. Ein Riesenspaß für alle. Und wer dabei war, wird künftig bei E-Rollern an Ballettröckchen denken.