Wer in Bremen über Ansätze zum "Klimaschutz" nachdenkt, dem fällt vielleicht nicht auf Anhieb das Justizressort ein. Doch dessen Chefin, Claudia Schilling (SPD), sieht das anders: „Klimaschutz ist ein Thema, das keine Ressortgrenzen kennen darf, und angesichts des Klimawandels muss schnell gehandelt werden", betont die Justizsenatorin. Alle Ressorts stünden dafür in der Verantwortung, auch die Justiz. Sprach's und übergab am Mittwoch sieben fabrikneue Elektro-Fahrzeuge an verschiedene Dienststellen ihrer Behörde. Die allerdings sind ausdrücklich nur ein Teil der Klimaschutzprojekte, in deren Fokus vor allem die Justizvollzugsanstalt (JVA) in Oslebshausen steht. Ein Überblick:
"Justiz-Flotte" mit E-Antrieb: Fünf der am Mittwoch übergebenen sieben Elektro-Fahrzeuge werden künftig an den drei Amtsgerichten in Bremen, Blumenthal und Bremerhaven insbesondere für Anhörungen der Richter in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stehen und ersetzen dort die Wagen mit bislang konventionellen Antrieben. Zwei weitere E-Kleinwagen sowie zudem ein Hybrid-Fahrzeug für längere Fahrten werden durch die JVA genutzt. Dort sollen ab Januar zudem drei Elektro-Transporter die bisherigen konventionellen Fahrzeuge ersetzen. Einer davon wird für Dienst- und Besorgungsfahrten genutzt, die beiden anderen für Gefangenentransporte. An allen vier Standorten wird für die entsprechende Ladeinfrastruktur gesorgt. Finanziert werden die E-Fahrzeuge über Mittel aus dem Handlungsfeld Klimaschutz des Senats. „Allein durch die Umstellung auf die neuen E-Fahrzeuge erreichen wir eine Einsparung von mehr als 20 Tonnen CO2 jährlich", sagt Claudia Schilling.
Stromerzeugung durch Fotovoltaik: Bereits beschlossen und ebenfalls aus den Klimaschutzmitteln finanziert ist die Errichtung von zunächst drei Fotovoltaik-Anlagen. Auf dem Dach des Zentralgebäudes der JVA soll eine 420 Quadratmeter große Solaranlage entstehen, eine weitere, etwa 600 Quadratmeter große Anlage auf dem Dach des Amtsgerichts und der benachbarten Staatsanwaltschaft in Bremerhaven. Zudem ist eine insgesamt 800 Quadratmetter große Anlage auf dem Dach des Bremer Amtsgerichts geplant. Die Vorbereitungen dafür laufen, Ziel ist es, bereits 2022 ans Netz zu gehen und eigenen Strom erzeugen können.
Kosten und Nutzen: Die Investitions- und Planungskosten für dieses erste Klimapaket der Justiz betragen insgesamt 726.000 Euro. Demgegenüber stünde laut Ressort als Gewinn gemäß Bremer Solarkataster eine „Eigenstromproduktion“ von rund 130.000 Kilowattstunden und eine CO2-Einsparung von insgesamt rund 110 Tonnen jährlich.
"Power-Prison": Unter dem Arbeitstitel "Power-Prison" plant die Justizbehörde für die kommenden Jahre weitere Klimaprojekte. Allein die Justizvollzugsanstalt verbraucht im Jahr rund 2,7 Millionen Kilowatt Strom. "Würden dort über die jetzt geplante Anlage hinaus alle zur Verfügung stehenden Dachflächen für Fotovoltaik genutzt werden, könnte ein beachtlicher Teil dieses Verbrauchs direkt vor Ort klimafreundlich produziert werden“, sagt Claudia Schilling. Laut Solarkataster wäre auf den Dächern der JVA eine Stromausbeute von etwa 810.000 Kilowattstunden pro Jahr möglich, was einer Gesamteinsparung von rund 550 Tonnen CO2 jährlich entspräche. Gedacht ist außerdem an Solar-Carports, an denen die beschafften Fahrzeuge aufgeladen werden können. Die entsprechenden Investitionen in Solarenergie in Höhe von 2,2 Millionen Euro hat das Justizressort für das Klimapaket 22/23 angemeldet, über das der Senat in den nächsten Wochen entscheiden wird.
Kompakte Windräder: Da selbst bei einem Vollausbau der JVA-Dächer mit Fotovoltaik der Strombedarf der Justizvollzugsanstalt nur anteilig gedeckt werden kann, hat das Ressort darüber hinaus bereits Mittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro für zwei sogenannte Mid-Size-Windräder beantragt, die angrenzend an die Eisenbahnstrecke am JVA-Gelände errichtet werden könnten. Dadurch soll eine Million Kilowattstunden Strom jährlich zusätzlich durch die Anstalt selbst produziert werden, um so weitere etwa 650 Tonnen CO2 pro Jahr einzusparen. Als Mid-Size-Windräder werden vergleichsweise kompakte Windanlagen bezeichnet, die weniger als 50 Meter hoch sind.
Wasserstoff-Betrieb: Auch die größeren Sonderfahrzeuge der Justiz wie Gefangenenbusse und Wagen für Ferntransporte sollen auf regenerative Energie umgestellt werden. Hierzu erwägt das Justizressort, sich bei einem Förderprogramm der Bundesregierung zur Errichtung von Wasserstofftankstellen zu beteiligen. Hintergrund hierfür sei, dass innerhalb der absehbaren Marktentwicklung bei Nutzfahrzeugen für den Anstaltsbetrieb geeignete Busse und schwerere Transporter eher im Wasserstoffsegment als in der Elektromobilität angekündigt sind, erläutert die Justizsenatorin. „Es könnte daher durchaus sinnvoll sein, den dafür dann benötigten Wasserstoff aus dem selbst erzeugtem Strom direkt vor Ort zu produzieren.